AMK: Chargenrückruf

Aknefug EL geht außer Handel: Wird es den Akne-Patienten fehlen?

Stuttgart - 10.10.2018, 11:15 Uhr

Wann kommt topisches Erythromycin bei Akne zum Einsatz? (c / Foto: tammykayphoto / stock.adobe.com)

Wann kommt topisches Erythromycin bei Akne zum Einsatz? (c / Foto: tammykayphoto / stock.adobe.com)


In einer AMK-Meldung vom 1. Oktober 2018 wurden alle Chargen des erythromycin-haltigen Akne-Präparates Aknefug® EL „vorsorglich“ zurückgerufen. Grund waren Abweichungen bei der Prüfung auf Reinheit. Auf Nachfrage erfuhr DAZ.online, dass das Präparat komplett außer Handel geht. Welche Alternativen gibt es in der Apotheke?

Aknefug® EL (Erythromycin) geht außer Handel, zunächst wurde es aber aus anderen Gründen über die AMK zurückgerufen: „Im Rahmen von fortlaufenden Stabilitätsprüfungen wurden bei dem genannten Arzneimittel Abweichungen von der Spezifikation bei der Prüfung auf Reinheit festgestellt.“ Weil nicht nur die betroffenen Chargen sondern vorsorglich auch „alle weiteren Chargen Aknefug® EL (Erythromycin), 25 und 50 ml, Lösung zur Anwendung auf der Haut (PZN 08772877 und 03182622)“ zurückgerufen wurden, wollte DAZ.online von der Dr. August Wolff GmbH & Co. KG – Arzneimittel erfahren, was genau hinter dem Rückruf steckt: Also welche Verunreinigungen wurden namentlich im Präparat bei der Prüfung auf Reinheit gefunden, wie sind diese entstanden, warum vermutet die Firma sie auch in den anderen Chargen und woher bezieht Dr. Wolff den Wirkstoff Erythromycin?

„Mit sofortiger Wirkung außer Handel“, aus wirtschafltichen Gründen

All diese Fragen blieben gegenüber DAZ.online unbeantwortet. Ein Sprecher des Unternehmens wiederholte lediglich, dass „im Rahmen der Reinheitsbestimmung des Arzneimittels Aknefug® EL“ im Analyseverfahren eine Abweichung zur Spezifikation festgestellt wurde. Hinzugefügt wurde jedoch, dass das Arzneimittel nicht nur „eigenverantwortlich“ zurückgerufen wird, sondern von der Dr. August Wolff GmbH & Co. KG auch „mit sofortiger Wirkung außer Handel“ gemeldet wird. Bereits im Spätsommer sei die „Eliminationsentscheidung aus wirtschaftlichen Gründen getroffen“ worden. Ein Zusammenhang zwischen dem Rückruf und der Marktrücknahme bestehe jedoch „ausdrücklich nicht“.

Akne: Welche topischen Erythromycin-Alternativen es in der Apotheke gibt

Aknefug® EL war bislang als 25 ml- oder 50 ml-Lösung erhältlich. Ein Milliliter Isopropanol enthielt 10 mg Erythromycin. Das Makrolid-Antibiotikum Erythromycin bindet reversibel an das bakterielle Ribosom. Dadurch wird die Proteinbiosynthese abgebrochen und es entsteht ein unfertiges Protein. Die Substanz wirkt so bakteriostatisch auf aerobe gramnegative Kokken, einige aerobe grampositive Kokken und atypische Bakterien. Zugelassen ist Aknefug® EL zur Behandlung entzündlicher Formen der Akne mit Papeln (Knoten) und Pusteln (Eiterbläschen). Die Lösung wurde zweimal täglich entweder mit dem Applikator oder mit einem Wattestäbchen dünn auf die erkrankten Hautpartien aufgetragen.

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Fast identisch mit Aknefug® EL (plus Hilfsstoff Dibutyl adipat) ist die Inderm® Lösung der Dermapharm AG mit 10 mg Erythromycin pro ein Gramm Lösung. Zugelassen ist es „zur lokalen Behandlung der Akne vulgaris“, auch insbesondere bei entzündlichen Formen mit Papeln und Pusteln. Doppelt so viel Erythromycin (20 mg) auf ein Gramm Ethanollösung enthält die Aknemycin® Lösung von Almirall. Sie wird auch zweimal täglich angewendet. Ihre Flasche besitzt aber einen speziellen Applikator, mit dem die Lösung direkt auf die Haut aufgetragen werden kann. Sie ist bei allen Formen der Akne zugelassen, wieder insbesondere bei entzündlichen Formen mit Papeln und Pusteln. Neben den genannten Lösungen gibt es auch noch Salben und Gele verschiedener Anbieter, die Erythromycin enthalten.

Braucht man topisches Erythromycin überhaupt? 

Zur Behandlung der Akne gibt es keine aktuelle deutsche Leitlinie, die letzte galt von 2010 bis 2015. Dort wird der Therapiealgorithmus der Akne tabellarisch nach Schwergrad beschrieben: Topische Antibiotika kommen nur in Kombination mit einem Basistherapeutikum (topisches Retinoid oder Benzoylperoxid) zum Einsatz. „Eine topische Monotherapie mit Antibiotika wird nicht empfohlen.“ Nur bei leichter bis mittelschwerer Akne „zusammen mit beziehungsweise in fixen oder sequenziellen Kombinationen mit topischen Retinoiden, Benzoylperoxid oder Azelainsäure beziehungsweise bei mittelschweren Formen bei Frauen zusätzlich in Kombination mit systemischen hormonellen Antiandrogenen“, wird eine topische Therapie mit Antibiotika empfohlen. Sinnvoll erscheint deshalb auch die Aknemycin® Plus Lösung von Almirall, weil sie kombiniert Erythromycin und Tretinoin enthält.

Speziell mit der Akne im Erwachsenenalter hat sich auch ein Beitrag der DAZ 32/2016 beschäftigt. Demnach sollte man vor allem dann einen Dermatologen aufsuchen, wenn sich entzündliche und gegebenenfalls eitrige Läsionen über größere Hautareale ausdehnen. Bei milden Akneformen könnten hingegen Benzoylperoxid, Salicylsäure, Teebaumöl sowie orales Zink evidenzbasiert in der Selbstmedikation zum Einsatz kommen. Zur begleitenden Behandlung bei chronischen Akne-Formen ist auch Saccharomyces boulardii zugelassen. 

Antibiotika in der Akne-Therapie

Der Einsatz topischer oder systemischer Antibiotika sollte immer auf einen kurzen Zeitraum begrenzt werden. Ärzte sollten dabei an die Problematik der Antibiotikaresistenzen denken. Als antibakterielle Substanzen kommen bei Akne Tetracycline (Tetracyclin, Doxycyclin, Minocyclin), Erythromycin, Clindamycin und das ausschließlich als topisches Arzneimittel verfügbare Nadifloxacin zum Einsatz. Orales Erythromycin ist der Behandlung der schweren Akne in der Schwangerschaft vorbehalten.

Im Februar 2016 wurde im Journal JAMA die Akne-Leitlinie der American Academy of Dermatology mit den „wichtigsten Empfehlungen“ zusammengefasst:

Die „wichtigsten Empfehlungen" bei Akne

  • Grundlegender Bestandteil der topischen Akne-Therapie: Topische Retinoide. Als Monotherapie bei komedonaler Akne oder in Kombination mit topischen oder oralen Antimikrobiotika bei Patienten mit gemischter oder primär entzündlicher Akne.
  • Benzoylperoxid ist eine wirksame topische Aknebehandlung.
  • Eine topische Antibiotikatherapie (zum Beispiel Clindamycin oder Erythromycin) wird nur in Kombination mit Benzoylperoxid empfohlen.
  • Die systemische Antibiotikatherapie wird zur Behandlung von mittelschwerer und schwerer entzündlicher Akne und Akne, die gegen topische Behandlungen resistent ist, empfohlen. (Auf die kürzestmögliche Dauer beschränkt, typischerweise drei Monate.) Eine begleitende und laufende topische Therapie mit Benzoylperoxid oder einem topischen Retinoid wird zur Erhaltung empfohlen.
  • Kombinierte orale Verhütungsmittel sind wirksam bei der Behandlung von entzündlicher Akne bei Mädchen und Frauen.
  • Orales Isotretinoin wird für die Behandlung von schwerer knötchenförmiger Akne, mäßiger hartnäckiger Akne oder Akne empfohlen, die Narbenbildung oder eine psychosoziale Belastung verursacht.

Einprozentiges Clindamycin als Lösung oder als Gel ist der US-amerikanischen Leitline zufolge das zu bevorzugende topische Antibiotikum in der Aknetherapie. Erythromycin sei aufgrund der Resistenzentwicklung weniger effektiv.

Diesen Empfehlungen zufolge dürfte Aknefug® EL in deutschen Apotheken nicht vermisst werden. Denn das empfohlene Clindamycin ist, wie empfohlen, in Apotheken kombiniert mit Benzoylperoxid in Duac® Akne Gel zu erhalten und ist ebenso zur topischen Behandlung der leichten bis mittelschweren Akne vulgaris indiziert, insbesondere mit entzündlichen Läsionen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren.

Nicht immer braucht es bei Akne ein Arzneimittel

Die hohe Prävalenz der Acne vulgaris von über 80 Prozent bei Jugendlichen sollte nicht zu der Annahme verleiten, dass Akne nur eine normale Begleiterscheinung beim Erwachsenwerden ist. Dennoch verläuft sie bei 60 bis 70 Prozent der Betroffenen leicht und kann durch Kosmetika aus der Apotheke behandelt werden. Die richtige Pflege der zur Akne neigenden Haut kann zudem der Entstehung vorbeugen. Deshalb hat sich die DAZ 35/2018 den nichtpharmakologischen Optionen zur Akne-Behandlung gewidmet. Während sich der Artikel „‚Unreine‘ Haut ade“ mit der Hautpflege bei Akne beschäftigt, werden im Artikel „Gereinigt und geglättet“ Strategien wie die Lasertherapie oder chemisches Peeling beleuchtet, die bei Akne zum Einsatz kommen können, wenn eine topische oder systemische medikamentöse Behandlung versagt.

Darin wird aber auch erläutert, dass in vier ausgewerteten Studien sich kein Vorteil der Laser- und Lichttherapien gegenüber pharmakologischen Interventionen (Isotretinoin, Clindamycin, Benzoylperoxid, Kombination aus Clindamycin und Benzoylperoxid) ergab. Allerdings sei die methodische Qualität dieser Studien niedrig. Den Studienautoren zufolge sei ein Vorteil der nichtpharmakologischen Methoden, dass sie relativ sicher sind, während die pharmakologischen Methoden teils hohe Nebenwirkungsraten besitzen (orales Isotretinoin) oder das Risiko für Antibiotikaresistenzen erhöhen können.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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