Arzneimittel-Versandhandel

Noweda veröffentlicht Versender-Studie

Stuttgart - 21.06.2018, 10:00 Uhr

Die Noweda hat eine großangelegte Studie im Versandhandelsmarkt durchgeführt. (Foto: BVDVA)

Die Noweda hat eine großangelegte Studie im Versandhandelsmarkt durchgeführt. (Foto: BVDVA)


400 Bestellungen, 100 Testpersonen und neun Versandapotheken: Eine großangelegte Studie im Auftrag der Apothekergenossenschaft Noweda hat die Branche der Arzneimittelversender gründlich unter die Lupe genommen. Über die Ergebnisse berichtet Prof. Andreas Kaapke exklusiv in der aktuellen DAZ.

Kühlpflichtige Arzneimittel auf der Terrasse, verbotene Produkte im Briefkasten und Beratungsanrufe in nur drei Prozent aller Fälle: „Es läuft bei Weitem nicht alles reibungslos“, so das Fazit von Andreas Kaapke, Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Stuttgart. Doch es gibt auch durchaus positive Ergebnisse der Noweda-Studie zum Arzneimittelversandhandel, vor allem was den Benutzerkomfort angeht.

Im Auftrag der Apothekergenossenschaft Noweda untersuchte das Marktforschungsunternehmen „Prof. Kaapke Projekte“ den Markt der Arzneimittelversender zwischen September und November 2017. Im Fokus waren inländische Versandapotheken und ausländische Unternehmen, die Arzneimittel und andere Apothekenprodukte nach Deutschland schicken, darunter:

− apo-rot bzw. Volksversand Versandapotheke (www.volksversand.de)

− Aponeo

− DocMorris

− Eurapon

− Medpex

− Mycare

− Sanicare

− Shop-apotheke

Kaapke rekrutierte rund hundert Studierende der DHBW und ließ sie verschiedene Bestellungen ausführen – einerseits wurden Rezepte eingelöst, andererseits wurden apothekenpflichtige Arzneimittel und andere Produkte eingekauft. Knapp 400 Bestellungen kamen so zusammen, die ausgewertet wurden.

Im Hinblick auf das im Koalitionsvertrag stehende Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel wollte Noweda mit dieser Studie klären, inwiefern die Versender ihren gesetzlichen und qualitativen Verpflichtungen nachkommen. Bei der Generalversammlung der Apothekergenossenschaft im vergangenen November hatte Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Kuck bereits auf die laufende Untersuchung hingewiesen.

Was genau wurde getestet?

Zahlreiche Aspekte wurden geprüft und dokumentiert: Wie hoch ist der (Zeit-)Aufwand und die Einfachheit von Registrierung im jeweiligen Online-Portal der Versandapotheke? Wie läuft die Suche und Auswahl des gewünschten Präparates? Welche Angaben müssen verpflichtend, welche können freiwillig gemacht werden? Erhält der Bestellende einen Anruf oder sonstiges Beratungsangebot, gibt es Hinweise auf Wechselwirkungen? Wer liefert wie schnell die Bestellung? Wird die erforderliche Kühltemperatur beim Transport eingehalten? Was passiert im Falle eines erfolglosen Zustellversuchs?

Für die Autoren der Studie stand von Anfang an fest: Versandapotheken konkurrieren vor allem mit anderen Online-Händlern. Unternehmen wie Amazon bieten ihren Kunden schon seit Jahren ein hohes Maß an Benutzerkomfort („Usability“). Daran müssen sich auch die Arzneimittelversender messen lassen. Die Studierenden des dritten Semesters der DHBW, die im Auftrag von Noweda die Testkäufe durchführten, gehören ohne Zweifel zu den „Digital Natives“, also einer äußerst online-affinen Generation.

Registrierungsaufwand und Produktauswahl gut bewertet

Was den Registrierungsaufwand und die anschließende Produktauswahl angeht, können die Anbieter durchaus überzeugen: Mehr als 80 Prozent der Testpersonen bewerteten den Aufwand als überschaubar. In über 90 Prozent der Fälle erfolgte die Auswahl der Arzneimittel und sonstigen Produkte über die Suchfunktion der Homepages. Auch die von anderen Online-Shops bekannten E-Mail-Bestätigungen nach Bestellung und Versand wurden in fast neun von zehn Fällen wahrgenommen.

Auffälligkeiten bei der pharmazeutischen Beratung und Logistik

Woran es jedoch scheiterte: Bei mehr als drei Viertel der Testbestellungen kam es zu keiner Aufforderung, freiwillig weitere Angaben zur Person und zu sonstigen Arzneimitteln zu machen. Wenn doch, ging es meistens um vorliegende Erkrankungen, die aktuelle Medikation oder Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit. Nur 3 Prozent der Testpersonen erhielten einen Anruf durch die Versandapotheke bzw. nahmen einen solchen wahr. Lediglich ein Drittel der Wechselwirkungen wurde erkannt. Der Hinweis auf Wechsel- und Nebenwirkungen erfolgte meistens durch ein Informationsblatt bei der Lieferung des Pakets.

Fast 8 Prozent der Bestellungen konnten innerhalb eines Arbeitstages beliefert werden („Same-Day-Delivery“). Die überwiegende Anzahl (rund 70 Prozent) benötigte zwei bis drei Arbeitstage. Jede dritte Bestellung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ließ die jeweilige Testperson dagegen vier oder mehr Tage warten. 

Kühl(ketten)pflichtige Arzneimittel sind problematisch

Die Bestellung eines kühlpflichtigen bzw. kühlkettenpflichtigen Arzneimittels konnte nicht bei allen Versandapotheken durchgeführt werden, da manche Anbieter grundsätzlich keine Kühlwaren im Sortiment haben oder verschicken. Einige Kühllieferungen wurden darüber hinaus nicht persönlich zugestellt, beim Nachbarn abgegeben oder auf der Terrasse abgelegt ohne eine entsprechende Information im Briefkasten zu hinterlassen.

Nur zwei der insgesamt sieben Bestellungen von kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln wiesen beim Erhalt durch den Empfänger die Temperatur im vorgeschriebenen Bereich auf.

16 Bestellungen wurden durchgeführt mit Präparaten, deren Verkauf Versandapotheken gesetzlich nicht erlaubt ist. Sechsmal erfolgte dennoch eine Belieferung mit Butox Protect 7,5 mg/ml pour on Suspension zum Übergießen bzw. Traumeel T Vet. 17 Bestellungen wurden durchgeführt mit Produkten, die grundsätzlich nicht über Apotheken vertrieben werden dürfen. Viermal erfolgte dennoch eine Belieferung von MetaCare Zeolith Zink Kapseln bzw. einem Magnetarmband.

Ausblick

Prof. Andreas Kaapke resümiert: „Gegenwärtig erfüllen die Versender die hohen gesetzlichen Auflagen nur bedingt. Sollte sich dies nicht ändern oder gar ändern lassen, würde bei Nichteinschreiten der Politik ein nicht hinnehmbarer Unterschied in der rechtlichen Behandlung von Präsenz- und Versandapotheken weiter institutionalisiert.“ Die Studienautoren halten vor diesem Hintergrund eine weitere „ausladende“ Diskussion über das Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht angebracht: „Vielmehr muss das Verbot dann umgehend exekutiert werden.“

Die Studienergebnisse sind von Noweda und Prof. Kaapke Projekte nun veröffentlicht worden. Für die aktuelle DAZ Nr. 25 hat Prof. Andreas Kaapke die wichtigsten Ergebnisse und Diagramme zusammengefasst.

Die Studie

Die Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) und des Apothekengesetzes (ApoG) im Jahr 2004 öffnete den Markt für den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland. Seit dieser politischen Entscheidung spielt der Arzneimittelversandhandel – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Online-Affinität vieler Verbraucher – eine immer größere Rolle auf dem Arzneimittelmarkt. Diese Studie beleuchtet den Arzneimittelversandhandel anhand von Testkäufen internetaffiner Probanden und bietet damit eine Diskussionsgrundlage, inwiefern der Versandhandel den Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gerecht werden kann.

Andreas Kaapke (Hrsg.)

Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Arzneimittel-Versandhandels, 80 S., Titel im Querformat, Bindung an der langen Seite

Format 29,7 x 21,0 cm, 29,80 Euro

ISBN 978-3-7692-7242-0

Deutscher Apotheker Verlag 2018

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E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de oder unter www.deutscher-apotheker-verlag.de



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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