Bluthochdruckbehandlung

Friseursalons: ein neues Betätigungsfeld für Apotheker?

Los Angeles / Stuttgart - 11.05.2018, 14:05 Uhr

Zwischen Waschen und Schneiden ganz entspannt über den Blutdruck plaudern: War ein Apotheker mit dabei, brachte das in einer US-Studie beachtliche Erfolge. (Foto: rafwillems / stock.adobe.com)                                     

Zwischen Waschen und Schneiden ganz entspannt über den Blutdruck plaudern: War ein Apotheker mit dabei, brachte das in einer US-Studie beachtliche Erfolge. (Foto: rafwillems / stock.adobe.com)                                     


Das Schöne am Apothekerberuf ist, dass es so viele potenzielle Tätigkeitsfelder gibt. Sollten sich die Erkenntnisse einer US-Studie in die Praxis durchschlagen, wäre ein weiteres denkbar– Friseursalons. In der Untersuchung unterstützen Apotheker die Friseure dabei, die Kunden über Bluthochdruck und dessen Therapie zu informieren und händigten gegebenenfalls auch Arzneimittel aus. Der Erfolg war beachtlich.

Zusammen mit rund 50 weiteren Friseurläden im Raum Los Angeles hat Corey Thomas 2016 bei einer Studie mitgemacht, die kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde und erstaunliche Erfolge zeigte. Ärzte und Apotheker arbeiteten mit den Friseuren dabei Hand in Hand, um die größte US-amerikanische Risikogruppe für Bluthochdruck ins Visier zu nehmen: afroamerikanische Männer. Diese gehen deutlich seltener zum Arzt als Weiße oder Latinos. Hinzu kommt: Bluthochdruck, der unter anderem zu schweren Herz- und Nierenschäden führen kann, bemerkt man ohne Diagnose nicht. Der Friseurladen in der Nachbarschaft könnte der richtige Ort sein, an dem man offen über Gesundheit reden und das Bluthochdruck-Problem angehen kann, hofften die Forscher vom Cedars Sinai Krankenhaus in Los Angeles. Und ihre Hoffnung bestätigte sich. Vor allem dann, wenn Apotheker - mit besonderer Befugnis von Ärzten versehen - Blutdrucksenker gleich vor Ort verschrieben und ausgaben.

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Einmal pro Woche kommt der Apotheker 

Insgesamt 319 Friseurkunden, allesamt mit einem Blutdruck oberhalb des in der Studie herangezogenen systolischen Grenzwerts von 140 mmHg, machten bei dem sechsmonatigen Versuch mit. Sie wurden in zwei Gruppen eingeteilt. In der Interventionsgruppe (n = 132) wurden die Friseure angehalten, mit den Männern über das Problem Bluthochdruck zu reden und zu einem Treffen mit einem Apotheker einzuladen, der den Friseur einmal pro Woche im Shop unterstützte und gegebenenfalls passende Arzneimittel aushändigte. Bevorzugt verschrieben werde sollte eine Kombi-Therapie aus Amlodipin mit einem Angiotensin-Rezeptor-Blocker oder einem ACE-Hemmer. Als dritte Substanz  war das Thiazid-Diuretikum Indapamid das Mittel der Wahl.  Die Apotheker erhielten eine spezielle Schulung und eine Zulassung als Bluthochdruck-Therapeuten. Zudem besprachen sie die Therapie regelmäßig mit auf Hypertoniebehandlung spezialisierten Ärzten. 

Die zweite Gruppe erhielt nur die Infos vom Friseur und wurde aufgefordert, zum Arzt zu gehen.

Beachtlicher Erfolg

Das Ergebnis: In der ersten Gruppe sank der Blutdruck im Durchschnitt um satte 27 mmHg auf einen Basiswert von 128 mmHg, von 152,8 mmHg auf 125,8 mmHg. 90 Prozent der Gruppe lag schließlich unterhalb des Grenzwerts. In der zweiten Gruppe ging der Blutdruck auch zurück, aber nur um nur um 9,3 mmHg, von 154,6 auf 145,4 mmHg. Ein Drittel dieser Gruppe schaffte es dauerhaft unter den Grenzwert.

Grundsätzlich sei ein solcher niedrigschwelliger Ansatz auch in Deutschland denkbar und sinnvoll, sagt Joachim Hoyer, Klinik für Nephrologie am Universitätsklinikum Marburg. „Auch hier gibt es Betroffene, die nichts von ihrem Bluthochdruck wissen und selten zum Hausarzt gehen.“ Allerdings dürfen Apotheker in Deutschland nicht eigenständig Blutdrucksenker ausgeben.

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Vor allem ältere, übergewichtige Menschen seien in Deutschland von Bluthochdruck betroffen, ergänzt Bernhard Krämer, Präsident der Deutschen Hochdruckliga im Vorfeld des Welt-Hypertonie-Tages am 17. Mai. Bis zu 50 Prozent der Patienten würden die Medikamente nicht wie vorgesehen einnehmen. Über Apotheken, Infomagazine wie die „Apotheken-Umschau“, aber auch Hausärzte versuche man, sie zu erreichen.



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