Arzneimittel und Therapie

Antihypertensiva: Begünstigen Betablocker Diabetes?

In einer US-amerikanischen Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Bluthochdruck-Behandlung und der Entstehung eines Typ-2-Diabetes untersucht. Dabei zeigte sich, dass nur Betablocker, nicht jedoch Thiaziddiuretika das Diabetesrisiko erhöhen.

Sowohl Thiaziddiuretika als auch Betablocker gehören zu den Blutdrucksenkern der ersten Wahl. In letzter Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass diese Antihypertensiva die Entstehung eines Diabetes mellitus vom Typ 2 begünstigen können. Allerdings waren die Studienergebnisse bislang widersprüchlich, und die Studienqualität ließ zu wünschen übrig (zu kurz, zu wenig Teilnehmer, fehlende Information über den Blutdruck, kein direkter Vergleich zwischen verschiedenen Antihypertensiva-Klassen).

Prospektive Kohortenstudie mit 12500 Teilnehmern

Jetzt wurde in einer prospektiven Kohortenstudie untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antihypertensiva und der nachfolgenden Entstehung eines Typ-2-Diabetes besteht. Die Untersuchung fand im Rahmen der ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities) statt. Dies ist eine noch laufende prospektive Studie klinischer und subklinischer atherosklerotischer Gefäßerkrankungen an über 15000 Erwachsenen in vier Regionen der USA.

  • ie Untersuchung erfasste 12500 Teilnehmer im Alter von 45 bis 64 Jahren, die zu Beginn keinen Diabetes hatten. Diabetes war definiert als:
  • ein Nüchternblutzucker von 126 mg/dl oder mehr,
  • ein sonstiger Blutzucker von 200 mg/dl oder mehr,
  • der Gebrauch von Insulin oder eines oralen Antidiabetikums oder
  • die von einem Arzt gestellte Diagnose Diabetes.

Diabetes-Inzidenz wurde bestimmt

Zu einer Eingangsuntersuchung und -befragung der Teilnehmer gehörten die Blutdruckmessung im Sitzen (Mittelwert aus mindestens zwei Messungen) und die Erfassung eingenommener Antihypertensiva. Als Bluthochdruck galt ein systolischer Blutdruck von mindestens 140 mmHg, ein diastolischer Blutdruck von mindestens 90 mmHg oder die Einnahme eines Antihypertensivums. Als Antihypertensiva-Klassen wurden ACE-Hemmer, Betablocker, Calciumantagonisten und Thiaziddiuretika getrennt berücksichtigt. Nach drei und nach sechs Jahren wurde die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) an Diabetes bestimmt. Dabei wurde dieselbe Diabetes-Definition wie zu Beginn zugrunde gelegt.

Hypertoniker sind gefährdet

8746 Teilnehmer hatten bei der Eingangsuntersuchung einen normalen Blutdruck, 3804 einen Bluthochdruck. Von den Hochdruckpatienten nahmen 1474 keine Antihypertensiva ein. Von den übrigen 2330 Hochdruckpatienten wurden 1396 mit nur einem Antihypertensivum behandelt: 162 mit einem ACE-Hemmer, 543 mit einem Betablocker, 96 mit einem Calciumantagonisten, 458 mit einem Thiaziddiuretikum und 137 mit einer anderen blutdrucksenkenden Monotherapie. 934 bekamen zwei oder mehr Antihypertensiva. In den folgenden sechs Jahren traten 1146 Diabetes-Neuerkrankungen auf, 577 bei Normotonikern und 569 bei Hypertonikern. Das entspricht einer Gesamtinzidenz von 16,6 Fällen auf 1000 Personenjahre. Bei Hypertonikern war die Neuerkrankungsrate an Diabetes mehr als doppelt so hoch wie bei Normotonikern: Sie betrug 29,1 gegenüber 12,0 pro 1000 Personenjahre. Demnach war bei Hypertonikern das Risiko für eine Diabetes-Neuerkrankung gegenüber Personen mit normalem Blutdruck auf das 2,4fache erhöht.

Betablocker erhöhen das Diabetesrisiko

Interessanterweise unterschied sich die Neuerkrankungsrate an Diabetes nicht zwischen Hypertonikern mit und Hypertonikern ohne blutdrucksenkende Medikation. Nach Berücksichtigung möglicher Einflussfaktoren (Alter, Geschlecht, Rasse, Ausbildung, Adipositas, familiäre Belastung mit Diabetes, körperliche Aktivität, sonstiges gesundheitsbezogenes Verhalten und Begleiterkrankungen) hatten Patienten mit Bluthochdruck, die ein Thiaziddiuretikum einnahmen, kein höheres Risiko, einen Diabetes zu entwickeln, als Bluthochdruckpatienten ohne Antihypertensivum (relatives Risiko 0,91). Auch unter der Einnahme von ACE-Hemmern oder Calciumantagonisten war das Risiko für eine Diabetes-Entstehung nicht erhöht. Lediglich Bluthochdruckpatienten mit einem Betablocker hatten gegenüber unbehandelten Hypertoniepatienten ein um 28% erhöhtes Risiko, an einem Diabetes zu erkranken (relatives Risiko 1,28).

  • emnach hatte die Studie drei wichtige Ergebnisse:
  • Das Risiko einer Diabetes-Neuerkrankung ist bei Bluthochdruck fast zweieinhalb mal so groß wie bei normalem Blutdruck. Hochdruckpatienten sind Diabetes-Kandidaten.
  • Thiaziddiuretika können an Hochdruckpatienten ohne Diabetes-Vorerkrankung unbesorgt im Hinblick auf das Diabetesrisiko verschrieben werden.
  • Betablocker scheinen das Diabetesrisiko zu erhöhen. Dieser Nebenwirkung steht allerdings eine nachgewiesene Verringerung des Risikos kardiovaskulärer Ereignisse gegenüber.

Auch diese Studie birgt Schwächen: Sie gibt keine Hinweise auf die Behandlungsdauer und die von den Patienten verwendeten Dosierungen der Antihypertensiva. Zu wenige Patienten nahmen Calciumantagonisten ein, als dass mäßige Wirkungen auf die Diabetes-Entstehung hätten festgestellt werden können. Die Antihypertensiva-Klassen wurden nicht weiter unterteilt, beispielsweise in kardioselektive und nichtselektive Betablocker. Ganz ausschließen lässt sich auch nicht, dass das individuelle Diabetesrisiko der Teilnehmer das Verschreibungsverhalten der Ärzte beeinflusst hat, dass also beispielsweise ein Hochdruckpatient mit einem vermeintlich hohen Diabetesrisiko einen ACE-Hemmer und ein Patient mit einem niedrigen Diabetesrisiko ein Thiaziddiuretikum verordnet bekam.

In einer US-amerikanischen Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Bluthochdruck-Behandlung und der Entstehung eines Typ-2-Diabetes untersucht. Dabei zeigte sich, dass nur Betablocker, nicht jedoch Thiaziddiuretika das Diabetesrisiko erhöhen.

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