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Liebesbeziehungen der Woche: Spahn und die Apotheker – ist das Liebe? Es wird auf jeden Fall digitaler, oder? Der Großhandel und die Apotheker – Liebe heißt hier Servicegebühr, und das kostet. Securpharm und die Apotheker – es wird laufen und es wird uns was kosten, die ABDA hält ganz lieb die Hand auf. Die Grünen und die Apotheken – was heißt da Liebe! Nix Rx-Versand, säuseln sie und wedeln mit dem Honorargutachten.
26. Februar 2018
So schnell kann’s gehen: Jetzt haben wir einen neuen Gesundheitsminister – d.h., wenn die SPD-Genossen für eine GroKo stimmen. Aber da deutet viel darauf hin. Also: Leben Sie wohl, Herr Gröhe und Danke für Ihren Einsatz für die Vor-Ort-Apotheke. Hallo, Herr Spahn, die Apothekerinnen und Apotheker freuen sich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen und ein vergnügliches Miteinander. Und Sie wissen ja: Die Apotheken sind vor Ort und digital, und Päckchen verschicken hat nichts mit Digitalisierung zu tun. Und alles Weitere steht ja schon im Koalitionsvertrag. Mein liebes Tagebuch, jetzt hoffen wir mal, dass unsere ABDA ihn nicht verärgert, sondern offen, konstruktiv und gesprächsbereit auf ihn zugeht. Denn eigentlich weiß er, was unsere Gesellschaft an den Apothekern hat, an ihrem Wissen, an ihrem Einsatz für eine hervorragende Arzneimittelversorgung. Nur beim Thema Versandhandel könnte es knirschen – da passt die unlängst von BILD gemachte Überschrift: Es sind „die SPAHNendsten Fragen zum Merkel-Kabinett“.
27. Februar 2018
Apotheke und Großhandel – nicht immer oder nicht mehr nur eine Liebesbeziehung. Früher, viel früher war das mal anders. Früher, als die Spannen noch üppig waren, als es ordentliche Aufschläge und fette Rabatte gab und der Großhandelsvertreter noch ab und zu ein Geschenk vorbeibrachte. Das alles ist Geschichte. Die Politik begann 2004, die Spielregeln der Beziehung Apotheke – Großhandel neu zu ordnen. Die Rabatte, die Skonti sind überschaubar geworden, selbst das unlängst ergangene Skonto-Urteil löste wider Erwarten keine Riesen-Rabattschlacht aus. Der finanzielle Spielraum des Großhandels wurde enger, das kontinuierlich steigende Direktgeschäft, die Hochpreis-Arzneimittel und dazu mehr und mehr gesetzliche Anforderungen (z. B. gekühlte Transportautos und die Vorbereitungen auf Securpharm) zehren an dem, was übrig bleibt. In dieser Situation wird der Großhandel schon mal erfinderisch: Servicebeitrag heißt das Zauberwort, um die Apotheke zur Kasse zu bitten dafür, dass er sie beliefert, vor allem, wenn sie zu wenig Umsatz macht. Mein liebes Tagebuch, wehren kann man sich dagegen kaum. Man kann versuchen, die Anzahl der Touren zu beschränken, was entweder zu einer schlechteren Lieferfähigkeit oder notgedrungen zu einem größeren Warenlager führt. Oder man kann versuchen, mit seinem Großhändler zu reden, über Konditionen, über Servicebeiträge – denn nichts ist in Stein gemeißelt, alles ist individuell. Ein Ärgernis sind allerdings – und das ist schon legendär – die Großhandelsrechnungen. Mit einem hochkomplexen und anspruchsvollen Pharmaziestudium allein kann man noch lange keine Großhandelsrechnung lesen geschweige denn verstehen. Was man mit dem Großhandel am Konditionen vereinbarte und was dann auf dem Papier steht, das lässt sich für Otto-Normal-Apotheker nicht nachvollziehen. Zeilenrabatte, Abschläge, Boni, Mali, Spannenausgleich, Servicegebühren und vieles mehr – der Erfindungsreichtum des Großhandels ist schier unendlich. Mein liebes Tagebuch, man fühlt sich über den Tisch gezogen. Der Großhandel, der eine Rechnung ausstellt, die auf den ersten Blick zeigt, woran man ist, hätte einen Preis verdient.
28. Februar 2018
Von Securpharm sollten wir alle jetzt schon mal gehört haben. Es ist die deutsche Version des EU-weiten Schutzsystems, das vor gefälschten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln schützen soll. Seit 2011 ist die Richtlinie in Kraft, seit dieser Zeit wird an ihrer Umsetzung gewerkelt. Es war und ist eine Mammut-Aufgabe: Es hat viel mit IT-Technik und EDV zu tun und vor allem mit Verbänden von Pharmaindustrie, Großhandel und Apotheken (BAH, BPI, vfa, PHAGRO, ABDA), die sich einvernehmlich verständigen müssen. Allein, dass dies alles weitgehend gelungen ist, ist schon eine Auszeichnung wert. Eine gigantische Aufgabe für die Pharmaindustrie war und ist es, alle Rx-Arzneimittelpackungen mit den erforderlichen Sicherheitsmerkmalen auszustatten. Im Mittelpunkt steht eine zufällig generierte Seriennummer in Verbindung mit dem jeweiligen Produktcode, die jede Packung zum Unikat macht. Hinzu kommt der Aufbau der Server, auf denen alle Daten und Seriennummern hinterlegt sind, die ständig den Zu- und Abgang der Packungsnummern kontrollieren und auf die alle Apotheken Zugriff haben. Dazu kommt die Infrastruktur, z. B. der Anschluss der Apotheken an ein Verifikationssystem, damit der Server nur von zugelassenen Apotheken besucht werden kann. Und da wir Apothekers der Pharmaindustrie nicht recht trauen, haben wir vor den Server der Industrie einen eigenen Apothekerserver geschaltet, der unsere Daten anonymisiert auf den Securpharm-Zentralrechner der Industrie überträgt. Die Apotheken brauchen zudem einen Konrektor, einen Scanner, der den Data-Matrix-Code lesen kann (können die meisten), eine aufgefrischte Software und, ganz wichtig, eine schnelle und sichere Internetverbindung. Mein liebes Tagebuch, das sollte alles schon weitgehend stehen oder noch bis spätestens zum Jahresende eingerichtet werden. Denn ab 9. Februar 2019 wird’s ernst und Pflicht, da darf keine Rx-Packung mehr raus, ohne verifiziert zu sein. Und dann bittet unsere liebe ABDA zur Kasse: Rund zehn Euro pro Monat muss jede Apotheke für die Servernutzung berappen und 10 Euro extra jährlich für die Teilnahme am SecurPharm-System – das spült rund 2,5 Mio. Euro in die ABDA-Kasse. Experten, die sich mit Kosten für Datenverarbeitung auskennen, halten dies, so hört man, für überteuert. ABDA-Preise eben.
1. März 2018
Für die Grünen ist das Rx-Versandverbot so ähnlich, wie wenn man dem Teufel das Kruzifix zeigt: Es schaudert sie. Sie können sich einfach nicht damit abfinden. Mit einer Kleinen Anfrage stochert die Grünen-Fraktion erneut in diesem Thema herum und sucht nach Möglichkeiten, ein Verbot zu verhindern, im Fokus sind verfassungs- und europarechtliche Bedenken und in Folge dessen ein vermeintliches Staatshaftungsrisiko mit finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt. Als Grundlage wird das alte Koenig-Gutachten herangezogen, das auf diese Gefahren hinweist. Aber damit nicht genug. Die Grünen holen auch – Obacht, liebe ABDA, hier ist es wieder – das Honorargutachten aus der Schublade und zitieren, dass die flächendeckende Versorgung in Deutschland aktuell nicht gefährdet und ein Verbot des Versandhandels „nicht vor dem Hintergrund der flächendeckenden Versorgung zu rechtfertigen“ sei. Mit der Kleinen Anfrage stellen sie dann 18 Fragen an die Bundesregierung und wollen wissen, ob die Bundesregierung definitiv zusichern könne, dass ein Verbot des Rx-Versandhandels mit dem Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist und insofern keine fiskalischen Risiken für den Bund entstehen. Mein liebes Tagebuch, da wollen die Grünen wieder mal die Pferde scheu machen. Statt sich um die grünen Themen zu kümmern und ein Auge auf den Päckchenmüll und die vielen unökologischen Päckchentransporte zu richten, suchen sie sogar nach Argumenten, wie man den Müll vermehren kann. Typisch Grüne, eben.
2. März 2018
Die SPD, bisher ebenfalls ein Gegner des Rx-Versandverbots, bekennt sich mittlerweile zähneknirschend zum Rx-Versandverbot, zumindest will sie es nicht blockieren, wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Edgar Franke, Berichterstatter seiner Fraktion für den Apothekenbereich, verlauten lässt. Franke: „Das Rx-Versandverbot steht jetzt im Koalitionsvertrag. Ich bin da pragmatisch und erkenne natürlich, dass wir es umsetzen müssen.“ So ist es, mein liebes Tagebuch. Aber Franke kann es natürlich auch nicht lassen und schiebt hinterher, dass er davon ausgeht, dass es es europa- und verfassungsrechtliche Bedenken gebe. Mag sein, mein liebes Tagebuch, aber wo ein Wille, da ein Weg – und mit Hilfe von Juristen wird man doch Wege finden, solche Bedenken auszuräumen und ein Rx-Versandverbot umzusetzen. Es kommt halt auf die richtigen Formulierungen an…
4 Kommentare
Zum Kollegen Küsgens
von Dr.Diefenbach am 04.03.2018 um 14:17 Uhr
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Ab jetzt gibt es kein Verstecken mehr!
von Gunnar Müller, Detmold am 04.03.2018 um 13:21 Uhr
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Großer Kollaps
von Bernd Jas am 04.03.2018 um 12:34 Uhr
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Secupharm
von Bernd Küsgens am 04.03.2018 um 12:26 Uhr
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