DAZ.online-Spezial zur Landtagswahl

Wen sollten Apotheker in Niedersachsen wählen?

Berlin - 13.10.2017, 17:05 Uhr

Im Umbau: Nicht nur das Landtagsgebäude in Hannover wird verändert, sondern auch seine politische Zusammensetzung bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag. Wen sollten die Apotheker in Niedersachsen wählen? (Foto: dpa)

Im Umbau: Nicht nur das Landtagsgebäude in Hannover wird verändert, sondern auch seine politische Zusammensetzung bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag. Wen sollten die Apotheker in Niedersachsen wählen? (Foto: dpa)


Am kommenden Sonntag steht in Niedersachsen die vorgezogene Landtagswahl an. Schaut man auf die aktuellen Umfragen, könnte der Sonntagabend so spannend wie lange keine Wahlnacht mehr werden. Für die Apotheker ist Niedersachsen offenbar ein politisches Paradies: Entgegen dem Bundestrend unterstützen die Parteien in Niedersachsen deutlicher die Forderungen der Apotheker, insbesondere die SPD ist nicht wiederzuerkennen.

In Niedersachsen regiert derzeit eine rot-grüne Regierung aus SPD und Grünen, Ministerpräsident ist Stephan Weil (SPD). Nach der Landtagswahl 2013 erhielt die schwarz-gelbe Vorgänger-Regierung von Weil einen Sitz weniger als SPD und Grüne. Aber auch Rot-Grün hatte nur einen Sitz mehr im Parlament als die erforderliche Mehrheit. Als dann im August 2017 die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten von den Grünen zur CDU wechselte, verlor die Landesregierung schlagartig ihre Mehrheit im Parlament. Die für Januar 2018 geplanten Landtagswahlen mussten wegen Twestens Manöver somit auf den 15. Oktober vorgezogen werden.

In den derzeitigen Umfragen zeigt sich, dass Niedersachsens Wähler sich offenbar einigen Bundestrends entziehen. Dort sind nämlich die Volksparteien CDU und SPD weiterhin so stark und fast gleichauf, dass die kleineren Parteien weitaus geringere Aussichten auf Erfolg haben als bei der kürzlich stattgefundenen Bundestagswahl. So kratzen AfD und Linke in den Umfragen derzeit an der 5-Prozent-Hürde, die FDP schwankt zwischen 6 und 8 Prozent, die Grünen zwischen 8 und 10 Prozent. DAZ.online hat alle Parteien, die laut Umfragen eine Chance auf einen Einzug in den Landtag haben, zu den für die niedersächsischen Apotheken wichtigen Themen befragt.

Das sagt die SPD…

…zur sinkenden Apothekenzahl:

SPD: Die Qualität und die Sicherheit einer flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Medikamenten muss dringend weiterhin sichergestellt werden. Eine Besserstellung von ausländischen Versandapotheken lehnen wir konsequent ab. Für uns ist das Beratungsangebot für Patientinnen und Patienten ein hohes Gut, insbesondere um der Wechselwirkung von Medikamenten entgegenzuwirken.

…zu den Gründen der sinkenden Apothekenzahl:

SPD: Die demografische Entwicklung und Bevölkerungskonzentration in Metropolregionen erschweren eine gute ärztliche Versorgung auf dem Lande. Eine SPD-Landesregierung wird auf verschiedenen Wegen gegen diese problematische Situation angehen:

•         Anreizsysteme sollen Ärzte zur Übernahme freiwerdender Landpraxen motivieren.

•         In Zusammenarbeit mit Kassenärztlicher Vereinigung Niedersachsen (KVN) und Krankenkassen soll Ärzten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch neue Strukturen erleichtert werden.

•         In Ergänzung zu Einzelpraxen werden Ärztehäuser, medizinische Versorgungszentren und Zweigniederlassungen gefördert, die neben der Freiberuflichkeit auch Arbeitsplätze für angestellte junge Ärzte bieten.

•         Kleine, nicht wirtschaftlich zu betreibende Krankenhäuser in ländlichen Regionen sollen als Basis für Gesundheitszentren mit Fachärzten und Vertretern aus weiteren Medizinberufen dienen. So kann auch die Vernetzung von ambulanten und stationären Strukturen verbessert werden.

•         Die Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker muss in diese Versorgungsstrukturen effizient eingebunden werden.

 …zu Lösungen, um Landapotheken zu erhalten:

SPD: Wir wollen die Einstellung von Stationsapothekerinnen und Stationsapothekern in allen niedersächsischen Krankenhäusern verpflichtend vorsehen. In Niedersachsen gibt es bei über 190 Krankenhäusern nur noch 28 Krankenhausapotheken. Alle anderen Häuser lassen sich extern beliefern. Dadurch erhöht sich die Schwierigkeit, Auffälligkeiten bei der Verwendung von Medikamenten frühzeitig zu entdecken. Stationsapotheker sollen beratend für das ärztliche Personal auf den Stationen tätig werden und die dort jeweils erfolgende Medikamentenabgabe im Sinne einer sachkundigen, medizinischen und pharmakologischen Begleitung unterstützen. Stationsapothekerinnen und Stationsapotheker werden eine zentrale Schnittstelle zwischen der Arzneimittelbelieferung und den Abläufen auf einer Station und können so die Arzneimittelsicherheit wesentlich verbessern. Dies würde auch die regionale Apothekenstruktur stärken und weiter verbessern.

 …zur Attraktivität von Apothekengründungen auf dem Land:

SPD: Es müssen die Rahmenbedingungen so verbessert werden, dass es sich wirtschaftlich lohnt, eine Apotheke auch auf dem Lande zu betreiben. Die SPD setzt sich weiterhin dafür ein, dass eine gute Versorgung im Gesundheitswesen flächendeckend in Niedersachsen gewährleistet wird. So werden wir u. a. eine Landarztquote einführen. Eine verbesserte ärztliche Versorgung verbessert immer auch die flächendeckende Versorgung mit Apotheken.

…zum Rx-Versandverbot:

SPD: Es ist nicht nachvollziehbar, warum rezeptpflichtige Medikamente, die von den Bürgern in Versandapotheken aus dem Ausland bestellt werden, günstiger verkauft werden dürfen als in den Apotheken bei uns in Niedersachsen. Der EuGH argumentiert, dass die Preisbindung für Arzneimittel nicht als Maßnahme zum Schutz der Gesundheit oder des Lebens von Menschen angesehen werden kann und die Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs sei. Es ist aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zu befürchten, dass immer mehr Personen ihre Medikamente im Ausland kaufen. Daher haben wir für die Initiative sehr viel Verständnis, die Bestellung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln über das Internet zu verbieten.

…zu finanziellen Unterstützungen für Landapotheken:

SPD: Siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 4. Ein wichtiger Schwerpunkt bleibt zudem in diesem Zusammenhang beispielsweise der Ausbau von ÖPNV und SPNV. So kann auch das Erreichen der Apotheke sichergestellt werden.

…zu pharmazeutischen Dienstleistungen:

SPD: Das Medikationsmanagement in den Apotheken soll insgesamt verbessert werden und die Beratungsleistung der Apotheken stärker in den Vordergrund treten. Auch die elektronische Vernetzung zwischen Ärzten und Apotheken erhöht die Medikationssicherheit für den Patienten und hilft, unerwünschte Wechselwirkungen von Medikamenten auszuschließen. Wir sehen zum Beispiel aber auch die Einstellung von Stationsapothekerinnen und Stationsapothekern in allen niedersächsischen Krankenhäusern als wichtigen Baustein für die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in diesem Bereich.

…zu alternativen Versorgungsmodellen, wie etwa Apothekenbussen:

SPD: Die SPD-geführte Landesregierung hat das Gesundheitswesen gestärkt und dafür das Projekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ ins Leben gerufen. 2014 bis 2017 wurden gemeinsam mit der AOK Niedersachsen, der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, den Ersatzkassen, dem BKK Landesverband Mitte und der Ärztekammer Niedersachsen kommunale Strukturen und Projekte gefördert, die auf eine bedarfsgerechte und möglichst wohnortnahe Gesundheitsversorgung abzielen. Schon heute bieten Modellvorhaben die Möglichkeit zur intersektoralen Zusammenarbeit. In kommunalen Gesundheitszentren gibt es unterschiedliche ambulante Versorgungsangebote unter einem Dach. Eine SPD-Landesregierung wird solche Projekte mithilfe neuer Gesundheitsregionen ausbauen und medizinische Versorgungszentren in kommunaler Trägerschaft fördern. Modellprojekte zur Verbesserung der Landversorgung sind ausdrücklich zu begrüßen und zu evaluieren.

…zum Versandhandel als Versorgungsalternative:

SPD: Nein, für uns hat die fachliche Beratung eine herausgehobene Bedeutung und sollte dementsprechend auch gewürdigt werden.

… zum Fachkräftemangel im Apothekenwesen.

SPD: Das Problem des Nachwuchsmangels bei Ihnen, aber auch in sozialen, technischen und Gesundheitsberufen wurde bereits von der noch amtierenden Landesregierung aufgegriffen, beispielsweise durch eine Fachkräfteoffensive. Auch in der kommenden Legislaturperiode wird sich eine SPD-Landesregierung verstärkt um die Ausbildung von Fachkräften kümmern und Verbesserungen herbeiführen. Hierzu werden wir nach der Landtagswahl gern das direkte Gespräch mit Ihnen suchen, um gemeinsam wirkungsvolle Initiativen auf den Weg zu bringen.




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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