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Landtagswahlen in Niedersachsen – Parteien buhlen um Stimmen

BERLIN (jz). Am Sonntag, dem 20. Januar, wählt Niedersachsen einen neuen Landtag. Und es bleibt spannend bis zum Schluss. Rot-Grün und Schwarz-Gelb liegen in den jüngsten Umfragen etwa gleich auf – vorausgesetzt, die Liberalen knacken die 5-Prozent-Marke. Dies ist bei der FDP noch ein Stück weit wahrscheinlicher als bei Linken und Piraten. Gleich wie die Regierung in Hannover aussehen wird: Die DAZ wollte wissen, was diese sechs in Niedersachsen antretenden Parteien über apothekenrelevante Themen denken. Hier die Antworten auf unsere Fragen.

CDU will Apotheken dauerhaft stabilisieren

"Wir haben uns stets dafür eingesetzt, den finanziellen Handlungsspielraum der Apotheken zu sichern und wo möglich zu erweitern", erklärte Ulf Thiele, Generalsekretär der CDU in Niedersachsen. Allerdings sei festzustellen, dass sich die wirtschaftliche Situation der Apotheken anspanne. Zur dauerhaften wirtschaftlichen Stabilisierung der Apotheken müsste daher ein neues Gesamtkonzept erarbeitet werden. Und zwar eines, das alle relevanten Belange berücksichtige – etwa Nacht- und Notdienst, Rezepturherstellung und die BtM-Abgabe. "Hierfür setzen wir uns mit Nachdruck ein", versprach Thiele. Sollte sich herausstellen, dass es Bedarf für eine Erweiterung des apothekerlichen Leistungsspektrums gibt, "werden wir entsprechend handeln", kündigte der Generalsekretär zudem an. Gleiches gilt für den Bundesparteitags-Leitantrag zu "rollenden Apotheken", der auf DAZ.online zu heftigen Diskussionen geführt hatte: Laut Thiele haben die Delegierten der CDU Niedersachsen dem Antrag geschlossen zugestimmt. "Daher werden wir die darin enthaltenen Vorschläge intensiv prüfen und Chancen einer zeitnahen Umsetzung in Niedersachsen erörtern."

Die CDU wählen sollten Apotheker, weil die CDU als einzige Partei einen Passus zu den Apotheken in ihr Regierungsprogramm 2013 bis 2018 aufgenommen habe, erklärte der Christdemokrat. Dort heißt es: "Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch wohnortnahe Apotheken ist uns wichtig. Das Land setzt sich auf Bundesebene für eine angemessene Honorierung ein, die die speziellen Bedürfnisse der Apotheken im ländlichen Raum berücksichtigt." Zudem stehe die Partei im Dialog mit der niedersächsischen Apothekerkammer und nehme die Belange der Apotheken ernst.


SPD: Vor-Ort-Apotheke hat Priorität

Aus Sicht der niedersächsischen SPD müssen Apotheken vor Ort alle erforderliche Unterstützung erhalten, um ihren Versorgungsauftrag erfüllen zu können. Insoweit könne die SPD Niedersachsen auch die Forderung nach einer leistungsgerechten Vergütung der Apotheken nachvollziehen, erklärte Cornelia Rundt, die für den Fall eines Wahlsieges der SPD als neue Sozial- und Gesundheitsministerin gehandelt wird. Diese müsse schließlich hoch genug sein, um alle Kosten zu decken und das Bestehen der Apotheke bei wirtschaftlicher Betriebsführung zu sichern.

Im Interesse der Versorgungssicherheit der Patienten will die SPD vor allem darauf achten, dass die Apotheken in dünn besiedelten strukturschwachen Regionen erhalten bleiben. "Deshalb sind wir dafür, eine Anhebung der Honorare für den Notdienst in ländlichen Gebieten zu prüfen", so Rundt. Die SPD setze sich außerdem dafür ein, dass die Abgabe von Betäubungsmitteln besser bezahlt wird, ebenso wie das Erbringen besonderer Serviceleistungen, etwa die Zubereitung von speziellen Rezepturen. "Zusätzliches Honorar kommt dann dort an, wo es wirklich gebraucht wird", erklärt die Sozialdemokratin.

Der Spitzenkandidat der SPD, Stephan Weil, tauscht sich Rundt zufolge eng mit der Apothekerkammerpräsidentin in Niedersachsen, Magdalene Linz, aus. Er sei auch der Grund, weshalb Apotheker in Niedersachsen auf die SPD setzen sollten: Weil habe die Sorgen der ländlichen Regionen im Blick – "und damit auch die Apotheken in der Fläche". Versandapotheken könnten zwar einen Beitrag leisten, vor allem bei der Versorgung von chronisch Kranken und dort, wo es in der Fläche bereits Versorgungslücken gebe. "Für uns hat aber die Apotheke vor Ort absolute Priorität."


Grüne für bedarfsgerechte Unterstützung Einzelner

Die niedersächsischen Grünen plädieren indes für gezielte Unterstützung anstelle einer pauschalen Erhöhung des Apothekenhonorars. Das sei nämlich "in der Regel zu wenig zielgenau" und zögere den notwendigen Strukturwandel eher hinaus, erklärte der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen. Sofern einzelne Apothekenstandorte gefährdet, aber für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar seien, müssten mit der Apothekerkammer andere Vertriebswege und gegebenenfalls bedarfsgerechte einzelbetriebliche Unterstützungen konzipiert und umgesetzt werden.

Kritisch sieht der Vorstand auch die Entwicklung auf dem Apothekenmarkt: Die Zahl der Apothekenschließungen (überwiegend selbstständige Hauptapotheken) übertreffe seit einigen Jahren die Zahl der Neugründungen (vermehrt Filialen). "Relativ stabil und rentabel stehen dabei noch die meisten Landapotheken da." Von den zunehmenden Schließungen profitierten andere Apotheken mehr, als dass bestehende Apotheken unter den Neugründungen litten. Jedenfalls gebe es vermehrt auch Apotheken mit Umsätzen über 2,5 Millionen Euro. "Das weist auf eine Spaltung des Marktes in ‚reiche‘ und ‚arme‘ Apotheken hin."

Warum die Grünen wählen? Bereits in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung habe man sich für einen zahlenmäßig begrenzten Mehrbesitz ausgesprochen. "Das schloss eine Ablehnung von Vertriebsformen für Arzneimittel über Supermärkte und Drogerien ein", so der Landesvorstand. Die damals beschlossene Regelung habe bis heute Bestand. "Bündnis 90/Die Grünen stehen für Transparenz und für eine entschiedene Patientenorientierung im Gesundheitswesen."


FDP hält Situation für verbesserungswürdig

Die FDP Niedersachsen sieht durchaus die Probleme der Apotheken: wachsende Kosten, stagnierende Honorare und Bürokratie. All dies müsse angegangen werden, erklärte ihr Generalsekretär Gero Hocker. Ebenso die Anforderungen an eine flächendeckende Versorgung – insbesondere im ländlichen Raum. Gerade bei der flächendeckenden "Rund um die Uhr"-Versorgung spielten die freiberuflichen Apotheker "die zentrale Rolle". Ihre Befugnisse und Aufgaben sollten daher stets dem entsprechenden Bedarf angepasst werden können – wobei aus den Änderungen keine Nachteile entstehen dürften.

Die apothekerliche Vergütung von 8,35 Euro pro Arzneimittelpackung hält die FDP Niedersachsen momentan für "durchaus adäquat und angemessen". Zu bedenken gibt man dort allerdings, dass in Zukunft regelmäßigere Anpassungen stattfinden sollten. Das könne beispielsweise durch eine regelmäßige Überprüfung der Verordnungen durch das Bundesministerium für Wirtschaft gewährleistet werden. Nicht ausreichend sei hingegen die Vergütung für Rezepturen, Notdienste und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Substitution. Sie "entspricht derzeit in vielen Fällen nicht dem dafür erforderlichen Aufwand".

Wählen sollten Apotheker die FDP, weil, so Hocker, die freien Berufe für die Partei ein "zentraler Bestandteil der Mittelstandspolitik" sind und große gesellschaftspolitische Bedeutung haben. Apotheker erbrächten für die Bürger im Bereich der medizinischen Versorgung "elementare Leistungen", weshalb sie auch künftig "immer von uns unterstützt werden". Zudem spreche man sich auch weiterhin für das bestehende Mehr- und Fremdbesitzverbot aus und erachte ein Verbot der Arzneimittelabgabe in Pick-up-Stellen als sinnvoll.


Linke: Apothekenhonorar ungerecht

Gut geht es den Apotheken in Niedersachsen nicht, bestätigte die niedersächsische Linke. "Als Flächenstaat ist Niedersachsen ganz besonders von einer differenten Versorgungsstruktur im Gesundheitswesen betroffen", erklärte die Vorsitzende des Landesverbandes, Giesela Brandes-Steggewentz. Besonders brisant: der Nacht- und Notdienst. Fachkompetentes Personal muss bereitstehen, auch wenn Apotheken aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte relativ wenig frequentiert werden. Dafür dürfe man sie aber nicht wirtschaftlich bestrafen, betonte Brandes-Steggewentz. Die Linke fordere daher, die Vergütung von Nacht- und Notdiensten zu verbessern. Ein weiterer Grund für die schwierige Situation: Die Honorierung der Apotheken war in den letzten Jahren insgesamt rückläufig. Und so, wie sie jetzt ist, ist sie aus Sicht der Linken "ungerecht" und müsse konsequenterweise erhöht werden. "Die Apothekerinnen und Apotheker müssen schließlich soweit von wirtschaftlichen Zwängen befreit sein, dass von einer Medikamenteneinnahme immer dann auch wirklich abgeraten wird, wenn medizinisch-sachliche Gründe dagegen sprechen."

Als "Türöffner zum Gesundheitssystem" sollen Apotheken auch mehr als bisher bei der Einnahme verschiedener Medikamente beraten und hierbei sogar das ärztliche Verschreibungsverhalten verbessern helfen. Als Beispiel nannte Brandes-Steggewentz das von Apothekern und Ärzten entwickelte ABDA-KBV-Konzept. "Diese Zusammenarbeit, diese Einbeziehung des Wissens der Apothekerinnen und Apotheker in die Versorgung und eine angemessene proaktive persönliche Beratung gehören für uns zu einer guten Arzneimitteltherapie."

Warum sollten Apotheker in Niedersachsen also die Linken wählen? Weil sie sich "für den Erhalt des besonderen Status der Apotheken als ein zentrales Element der Gesundheitsversorgung sowie deren angemessene Honorierung" einsetze, erklärte Brandes-Steggewentz. Mit Nachdruck fordere die Linke die Beschränkung des Versandhandels auf rezeptfreie Arzneimittel. Damit einher gehe die Forderung, Pick-up-Stellen zu beenden. Zudem stehe die Linke "fest" zum Fremd- und Mehrbesitzverbot und zur inhabergeführten Präsenzapotheke.


Piraten: Veränderungen akzeptieren

Die Piraten in Niedersachsen empfehlen den Apotheken, nicht an alten Strukturen festzuhalten, sondern den digitalen Wandel zu akzeptieren. "Diejenigen werden überleben, die sich dieser Herausforderung offensiv stellen." Ein durch die Allgemeinheit finanziertes Gesundheitswesen könne sich keine überkommenen Strukturen leisten. Internetapotheken sind für die Piraten allerdings auch nicht die ultimative Lösung: Die Abnahme der Apothekenzahl im ländlichen Raum könne durchaus zu einem Problem werden, das auch Internetapotheken nicht auffangen könnten – gerade ältere, weniger mobile Mitmenschen hätten oft keinen Internetanschluss. Darüber hinaus sei die fachliche Beratung der Vor-Ort-Apotheken eine wichtige Ergänzung zur medizinischen Diagnose.

Unter anderem wegen der zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten durch rezeptfreie Medikamente und Drogerieartikel halten die Piraten die aktuelle Vergütung für "angemessen". Dennoch nehme man zur Kenntnis, dass "im Bereich der GKV die Vergütungsanpassungen der letzten Jahre nicht der durchschnittlichen Kostenentwicklung entsprechen". Ein politisch gesteuertes "Kaputtsparen" sei allerdings nicht gewollt. "Apotheken müssen wirtschaftlich unabhängig sein und dürfen nicht von Existenzängsten bedroht werden" – auch wenn gerade mal kein Kunde komme.

Aus Sicht der Piraten tun Apotheken momentan genau das, wozu sie geschaffen wurden. Bedarf für die Erweiterung des apothekerlichen Dienstleistungsspektrums sieht die Partei nicht. Eintreten könnte dieser allerdings, wenn ihre Forderung nach Legalisierung von Drogen mehrheitsfähig würde. Dann könnten die Apotheken die Aufgabe der entsprechenden Beratung übernehmen – denn wer könnte das besser als ein Pharmazeut? Außerdem können die Piraten sich eine Erweiterung und Erleichterung von Modellvorhaben und Projekten für regionale Versorgungsstrukturkonzepte vorstellen, in deren Rahmen auch die Apotheken zusätzliche oder besondere Aufgaben erhielten.

Also – warum sollten Apotheker die Piraten wählen? Jedenfalls nicht, weil man sich davon unmittelbare Vorteile verspricht, so die Antwort aus Niedersachsen. Piraten stünden für nachvollziehbare Politik, Demokratie und das Infragestellen erstarrter Strukturen. "Wenn Sie uns das zutrauen, dann wählen Sie uns!".



DAZ 2013, Nr. 3, S. 14

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