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Der Bundestag hat am gestrigen Donnerstag den Entwurf für das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz in erster Lesung debattiert. Für Apotheker sieht dieser mehr Geld für Rezepturen vor. Und obwohl der Entwurf nichts zu einem Rx-Versandhandelsverbot enthält, war dieses doch Thema in der Debatte.
Das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) sieht unter anderem mehr Geld für Apotheker in den Bereichen Rezeptur und dokumentationspflichtige Arzneimittel vor. Überdies sollen die Zyto-Verträge auf Apothekenebene abgeschafft werden. Stattdessen soll künftig mithilfe von Rabattverträgen zwischen Kassen und den Herstellern der für die Zubereitungen verwendeten Medikamente gespart werden.
Vor allem will die Große Koalition mit dem AMVSG die im Pharmadialog erarbeiteten Vorschläge umsetzen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betonte bei der 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Parlament, dabei gehe es „um die Balance zwischen langfristiger Finanzierbarkeit und Innovationsfreundlichkeit“. Für ersteres soll das bis 2022 verlängerte Preismoratorium sorgen. 1,5 bis 2 Milliarden Mehrausgaben jährlich sollen damit vermieden werden.
Auf die Apothekenthemen ging Gröhe nur im Punkt der Zyto-Versorgung ein. Diese wolle er in einer Art und Weise weiterentwickeln, „die die Ortsnähe und die gute Zusammenarbeit sichert, etwa zwischen verschreibenden Onkologen und der selbstgewählten Apotheke, und gleichzeitig Wirtschaftlichkeitsreserven hebt“.
Die höhere Vergütung für Rezepturen und das Handling dokumentationspflichtiger Arzneimittel sprach Edgar Franke (SPD), der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, an. 100 Millionen Euro soll es mehr für die Apotheker geben. Diese Summe sei „vertretbar“ und „sachgerecht“, sagt Franke. Zumal nicht ausgeschlossen sei, dass die Apotheken nach dem Urteil des EuGH künftig mehr mit dem Versandhandel konkurrieren müssen.
Fachkundige Apotheker-Hände statt Hermestransporter
Das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung im grenzüberschreitenden
Arzneimittelversandhandel war auch bei anderen Rednern Thema – ebenso wie das
jetzt in diesem Zusammenhang diskutierte Rx-Versandhandelsvorbot. Und das, obwohl Gröhe dieses Verbot ausdrücklich
nicht im AMVSG verankern will. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin
der Linksfraktion, betonte, dass ihre Partei das Rx-Versandverbot schon seit
Jahren fordere. „Medikamente gehören in die fachkundige Hand des Apothekers
oder der Apothekerin und nicht in den Hermestransporter“, sagte sie. Doch nach dem
EuGH-Urteil könnten ausländische Versandapotheken jetzt mit Dumpingpreisen auf
den deutschen Markt drängen. „Wenn noch mehr Apotheken im ländlichen Raum von kapitalgetriebenen
internationalen Konzernen in Grund und Boden konkurriert werden, dann steht man
nämlich demnächst in der Uckermark oder in der Eifel am Sonntag oder in der
Nacht mit einer Krankheit ganz alleine ohne Medikamente da." Daher freut sich
Vogler über die Bundesratsinitiative, die das Rx-Versandverbot im AMVSG
unterbringen will. Sie hoffe, nun könne
noch die SPD überzeugt werden und das Verbot noch mit dem AMVSG auf den Weg
gebracht werden.
Hennrich ärgert Ulla Schmidt
Der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich sprach von drei Themen des AMVSG: Apotheken, Rabattverträge und das AMNOG als solches. Doch was den Punkt der Apotheken angeht, erwähnte auch er nur die Folgen des EuGH-Urteils. Offenbar inspirierte ihn die Bundestagvizepräsidentin, die hinter ihm saß und die Sitzung leitete: Ulla Schmidt. Wenn er sie sehe, denke er an „den Sündenfall im Jahr 2003 als wir im vorauseilenden Gehorsam bei einer rot-grünen Regierung das Versandhandelsverbot beschlossen haben“, sagte Hennrich. Schön wäre es – doch wir sehen ihm den Versprecher nach, jeder wusste, was er meinte. Ulla Schmidt musste sich als Präsidentin gefasst halten. Ein: „mit der CDU!“ konnte sie sich nicht verkneifen. Damit erinnerte sie ihn an die damalige große Gesundheitskoalition, die das GKV-Modernisierungsgesetz 2003 beschlossen hatte. Darauf Hennrich: Die CDU sei von der damaligen Ministerin falsch informiert worden. Denn ihr Haus habe erwartetet, der EuGH würde das in Deutschland damals noch bestehende Versandverbot komplett kippen, was aber nicht geschah. Wegen dieser Fehleinschätzung müsse man sich heute wieder mit dem Thema auseinandersetzen, so Hennrich. Auf tatsächlich im AMVSG geregelte Apothekenfragen ging er nicht mehr ein.
Grüne: „Pharmaindustrieversorgungsstärkungsgesetz“
Der Widerspruch am AMVSG aus der Opposition konzentrierte sich auf die Regelungen im Pharmabereich. Kordula Schulz-Asche (Grüne) erklärte, es handele sich eher um ein „Pharmaindustrieversorgungsstärkungsgesetz“. Das AMVSG enthalte bestenfalls kosmetische Korrekturen, im schlimmsten Fall unausgegorene Regelungen, die das Potenzial hätten, das System der Arzneimittelversorgung auf den Kopf zu stellen. Zum Beispiel die Umsatzschwelle, die künftig die freie Preisbildung im ersten Marktjahr eines Arzneimittels einschränken soll. Sie sei mit 250 Millionen Euro viel zu hoch. Richtig wäre eine Rückwirkung der verhandelten Erstattungsbeträge. Auch die Erstattungsbeträge, die künftig vertraulich sein sollen, laufen Schulz-Asche zuwider. Hier blieben zu viele Fragen offen. Etwa: Welchen Preis sollen Apotheken den Krankenkassen künftig in Rechnung stellen? Wie sollen Ärzte wirtschaftlich verordnen? Dass nun eine Rechtsverordnung, die am Parlament vorbei erlassen wird, Genaueres bestimmen soll, sei „nicht in Ordnung“.
Dass auch innerhalb der Großen Koalition noch Diskussionsbedarf am Gesetzentwurf besteht, zeigte Franke auf. Auch er sieht die Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro kritisch. Sie werde weitgehend ins Leere greifen. Selbst bei 100 Millionen Euro wären im Jahr 2015 nur sieben Arzneimittel betroffen gewesen. Besser wäre aus SPD-Sicht eine rückwirkende Erstattung nach sechs Monaten, also nicht ab Marktzulassung.
Und was die nicht öffentliche Listung der Erstattungsbeträge betrifft, hat Franke zwar auch gewisse Zweifel. Anders als Schulz-Asche hat aber Vertrauen, dass das Ministerium in seiner Rechtsverordnung „eine gute Regelung schaffen wird“. Die Apotheken betreffenden Regelungen sind hingegen offenbar kein Streitpunkt.
Nächste größere Station für das Gesetzesvorhaben ist die öffentliche
Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am 14. Dezember. Dann
bleibt Zeit für weitere Debatten. Denn die 2./3. Lesung wird wohl erst
Mitte Februar 2017 stattfinden.
6 Kommentare
Gabriel hat Grippe
von Frank Ebert am 11.11.2016 um 11:26 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Gabriel hat Grippe
von Anita Peter am 11.11.2016 um 17:35 Uhr
AW: Gabriel hat Grippe
von Anita Peter am 11.11.2016 um 17:36 Uhr
AW: Gabriel hat Grippe
von Michael Zeimke am 12.11.2016 um 15:01 Uhr
Trump und RX
von Frank Ebert am 11.11.2016 um 11:08 Uhr
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Wahl 2017
von Anita Peter am 11.11.2016 um 11:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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