Nicht auf Bundesrat warten

BMG will den Rx-Versandhandel selbst verbieten

Berlin - 09.11.2016, 14:00 Uhr

Eigenständiges Anti-Versandhandels-Gesetz: Das BMG soll den Bundestagsabgeordneten mitgeteilt haben, dass man sich nicht auf die Bundesratsinitiative gegen den Rx-Versandhandel verlassen wolle, sondern ein eigenes Gesetz entwerfe. (Foto: Sket)

Eigenständiges Anti-Versandhandels-Gesetz: Das BMG soll den Bundestagsabgeordneten mitgeteilt haben, dass man sich nicht auf die Bundesratsinitiative gegen den Rx-Versandhandel verlassen wolle, sondern ein eigenes Gesetz entwerfe. (Foto: Sket)


Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hält offenbar an seinem Plan fest: Nach Informationen von DAZ.online hat Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) den Gesundheitsexperten der Bundestagsfraktionen erklärt, dass man ein separates Gesetz zum Verbot des Rx-Versandhandels präsentieren werde. Von der Initiative im Bundesrat wolle man das Vorhaben nicht abhängig machen.

Im Gesundheitsausschuss des Bundestages ging es am heutigen Mittwoch unter anderem um die Folgen des EuGH-Urteils zur Rx-Preisbindung. Das Bundesgesundheitsministerium schickte Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) in den Ausschuss, um die Abgeordneten darüber zu unterrichten, wie die Bundesregierung nach dem Urteil vorgehen will. Dem Vernehmen nach soll Fischbach davor gewarnt haben, die Rx-Preisbindung in Deutschland freizugeben.

Als einzige mögliche Handlungsoption sieht das BMG weiterhin das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten. Fischbach soll zudem klargestellt haben, dass das Vorhaben nicht an das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) angehängt werde. Bayern hatte dem Bundesrat einen entsprechenden Antrag vorgelegt. Für die Apotheker ist es aber nicht sinnvoll, das Rx-Versandhandelsverbot an das sogenannte „Pharma-Gesetz“ anzuhängen, weil einige Punkte darin noch sehr umstritten sind. Sollte es Probleme mit dem AMVSG geben, würde also auch das Versandverbot stocken.

Staatssekretärin Fischbach soll aber erklärt haben: Man wolle nicht auf den Bundesratsantrag warten, sondern ein unabhängiges und eigenständiges Gesetz einbringen. Damit dürfte feststehen: Sollte der Bundesrat den AMVSG-Antrag Ende November beschließen, dürfte der Bundestag ihn ablehnen.

SPD und Union zurückhaltend

Teilnehmer der Ausschusssitzung berichteten anschließend auch, dass sich die Regierungsfraktionen mit ihren Fragen zum Verfahren zurückgehalten hätten. Das verwundert nicht. Denn am morgigen Donnerstag findet im BMG zum gleichen Thema ohnehin ein Spitzentreffen statt, in der alle politischen Handlungsoptionen ausgelotet werden sollen. Hintergrund: Die SPD hatte auf das von der Union angekündigte Versandhandelsverbot skeptisch reagiert und will zunächst ausloten, ob es juristisch und politisch machbare Alternativen zum Versandverbot gibt. Die Union und das BMG dürften die Gelegenheit nutzen, bei der SPD erneut für das angekündigte Gesetz zu werben.

Linke loben, Grüne schimpfen

Unterstützung soll Staatssekretärin Fischbach von den Linken bekommen haben. Die Gesundheitsexpertin der Oppositionspartei, Kathrin Vogler, wies im Ausschuss auf die Nachteile des Versandhandels allgemein hin. Vogler machte beispielsweise auf eine neue Untersuchung des Computer-Magazins Chip aufmerksam, in der die Telefon-Hotlines vieler Versender schlecht abschlossen. Die Linken-Politikerin soll sich nachdrücklich für einen Erhalt der Beratung in der Apotheke vor Ort ausgesprochen haben.

Als einzige kritische Stimme hat sich offenbar die Gesundheitsexpertin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, in die Debatte eingemischt. Die Grüne hatte schon im Interview mit DAZ.online darauf gepocht, den Rx-Versandhandel zu erhalten. Versandapotheken seien wie die Vor-Ort-Apotheken ein wichtiger Bestandteil der Versorgung. Auch am heutigen Mittwoch soll Schulz-Asche ihre Bundestagskollegen darauf hingewiesen haben, dass der Versandhandel aus Sicht der Grünen eine wichtige Alternative sei, insbesondere für Ältere oder auf dem Land lebende Menschen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Was darf sich ein Politiker alles leisten?

von Karl Friedrich Müller am 09.11.2016 um 17:10 Uhr

Es gibt einige Politiker, die sind so frech, dass sie es nicht mal verbergen wollen, dass sie geschmiert sind.
Die Argumente sind unsinnig und sofort widerlegbar. Trotzdem wird darauf beharrt, ohne jede Scham.
Solche Politiker müssen aus dem System verschwinden. Wegen Korruption.

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Traute Runde...

von Rolf Lachenmaier am 09.11.2016 um 16:07 Uhr

Hmm, wer sitzt denn da beim bvdva: "Patientendaten im Netz" – Sicherheit und praktischer Nutzen – Gedanken von Gesundheits- und Netzpolitikern des Deutschen Bundestages auf dem #bvdva16.

Auf dem Podium: Maik Beermann (CDU/CSU), Dirk Heidenblut (SPD), Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Grüne) sowie Christian Buse (Vorsitzender des BVDVA) und Udo Sonnenberg (Geschäftsführer des BVDVA)

Moderation: Biggi Bender

Link: https://www.youtube.com/watch?v=75Z2_6GC6IM

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Schulz-Asche

von Frank ebert am 09.11.2016 um 15:14 Uhr

Die Frau hat den Part von Celesio-Bender übernommen .

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Wichtiger Bestandteil?

von Anita Peter am 09.11.2016 um 14:52 Uhr

"Versandapotheken seien wie die Vor-Ort-Apotheken ein wichtiger Bestandteil der Versorgung. "

Glaubt sie bei einem Marktanteil von 0,6% RX wirklich an das, was sie hier sagt? Und es wird auch weiter Versandapotheken geben, sie tut ja fasst so als werden sie zwangsgeschlossen.

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