Unabhängige Patientenberatung Deutschland

Objektive Kriterien statt Bauchgefühl

Berlin - 11.05.2016, 17:00 Uhr

Die UPD hat aufgestockt: Sie berät jetzt auch in drei mobilen Beratungsstellen an den unterschiedlichsten Orten. (Foto: DAZ.online)

Die UPD hat aufgestockt: Sie berät jetzt auch in drei mobilen Beratungsstellen an den unterschiedlichsten Orten. (Foto: DAZ.online)


Seit Jahresbeginn wird die Unabhängige Patientenberatung Deutschland – UPD – in neuer Trägerschaft betrieben. Dieser Wechsel hatte letztes Jahr für Aufsehen gesorgt. Es gab Zweifel an der Unabhängigkeit des neuen Trägers. Für den Patientenbeauftragten Karl-Josef Laumann gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Er zieht eine positive erste Zwischenbilanz.

Die Kritik im Vorfeld war laut. Der Sozialverband VdK Deutschland, der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbund unabhängige Patientenberatung gemeinsam waren seit 2007 Träger der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) – zunächst vier Jahre in der Testphase, dann weitere fünf Jahre als Regelleistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung. Doch im vergangenen Jahr wurde die Trägerschaft neu und europaweit ausgeschrieben. So hat es der Gesetzgeber in § 65b SGB V vorgesehen. Den Zuschlag erhielt letzten Sommer das Duisburger Unternehmen Sanvartis – ein kommerzielles Callcenter-Unternehmen, das auch Krankenkassen und Pharmaunternehmen als Kunden hat. Dies nährte die Zweifel, ob ein solches Unternehmen wirklich unabhängig beraten kann. Doch für den neuen Auftrag hat Sanvartis eine neue eigenständige und gemeinnützige GmbH gegründet, die UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH. Wer hier arbeite, sei ausschließlich für die UPD aktiv, versichert der Geschäftsführer der UPD, Thorben Krumwiede.  

Ohne Unabhängigkeit keinen Zuschlag

Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU), Patientenbeauftragter der Bundesregierung, erklärte schon im letzten Herbst, dass Neutralität und Unabhängigkeit des neuen Trägers gewahrt seien. Im Ausschreibungsverfahren sei man an objektive Kriterien gebunden – und nicht ans Bauchgefühl bekräftigte er auch bei der Zwischenbilanz am 11. Mai in Berlin. Die Unabhängigkeit sei in der Ausschreibung ein K.O.-Kriterium – sei sie nicht sichergestellt, könne der Zuschlag nicht erfolgen. 

Nach guten vier Monaten Anlaufzeit hat sich Laumanns Einstellung nicht geändert: „Ich bin sehr zufrieden mit der bisherigen Arbeit der neuen UPD“. Die Kontakte stiegen, die Patienten kämen bei der telefonischen Beratung schneller durch, die Beratungszeiten seien in die Abendstunden und auf den Samstag ausgeweitet worden. Neben einem russischen und türkischen Beratungsangebot gebe es nun auch eines in arabischer Sprache. Laumann zeigte sich zuversichtlich, dass die Kapazitäten in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Wichtig ist ihm vor allem, dass mehr Menschen die UPD kennen. Denn bei einer Umfrage zeigte sich zuletzt, dass nur zwei Prozent der Deutschen wissen, dass es die UPD gibt – mögen es unter den Chronisch Kranken auch mehr sein als im Durchschnitt. Dass sich der neue Träger darum kümmert, bekannter zu werden und sich breiter aufstellt, betonte Laumann, sei Bestandteil der Ausschreibung gewesen.

Gut bewachte 9 Millionen Euro  

Der Patientenbeauftragte unterstrich zudem, er werde ein waches Auge darauf haben, dass neutral und unabhängig beraten werde. Die UPD sei „nicht der verlängerte Arm von irgendjemand“. Die mittlerweile auf 9 Millionen Euro aufgestockten Fördermittel, die die UPD erhalte, würden „so gut angeguckt, wie sonst nirgends im Gesundheitswesen“, so Laumann. Die Evaluation sei hier besonders streng. Nicht zuletzt erwartet Laumann etwas für das Geld. Die UPD muss ihm regelmäßig einen Bericht vorlegen, wo ihre Beratungsschwerpunkte liegen. Damit sei die UPD nicht nur für den einzelnen Patienten von Bedeutung, sondern auch für die Politik, die die Informationen für Änderungen nutzen könne. So geschehe dies derzeit etwa im Bereich der Hilfsmittel, speziell der Inkontinenzversorgung

Mehr Beratungsstellen

Auch Geschäftsführer Krumwiede ist zufrieden mit dem Neustart. Als neuer Träger sei man mit dem Ziel angetreten, „eine gute Idee noch besser zu machen“. Und das ist aus seiner Sicht bislang geglückt. Die Zahl der Beratungsstellen vor Ort sei von 21 auf 30 gestiegen. Zudem gibt es jetzt UPD-Mobile, die in ganz Deutschland in unterschiedlichen Städten und Gemeinden unterwegs sind. Doch die Hauptleistung der UPD ist die telefonische Beratung. 90 Prozent der Anfragen laufen über das Telefon. Allerdings lief die stationäre Beratung auch erst im April an. Möglich ist ferner eine Online-Bratung.  

24.500 Anrufe von Januar bis April

Die Telefon-Beratung läuft zentral von Berlin aus. Hier gibt es zwei Spezialteams: eines für juristische und eines für medizinische Fragen. Rund 24.500 Anfragen liefen seit Jahresbeginn bereits ein. Dies sind laut Krumwiede bereits deutlich mehr als im Vorjahr. 77 Prozent der Anrufer suchten rechtlichen Rat. Meist ging es dabei um Ansprüche gegen die Krankenkasse (36 Prozent), besonders oft um Krankengeld. Bei denjenigen, die medizinischen Rat suchten, wurde am häufigsten Unterstützung bei der Suche nach einem Leistungserbringer nachtgefragt (29 Prozent). Gefolgt von Fragen rund um den Zahnersatz und -implantate (12 Prozent). 

Krumwiede hat sich für den weiteren Verlauf des Jahres viel vorgenommen: Ende 2016 soll die neue UPD doppelt so viele Beratungen durchführen wie 2015.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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