Unabhängige Patientenberatung Deutschland

Verbände fürchten Verlust der Unabhängigkeit

Berlin - 13.07.2015, 09:45 Uhr

Steht die unabhängige Patientenberatung vor dem Aus? (Foto: Coloures-pic/Fotolia)

Steht die unabhängige Patientenberatung vor dem Aus? (Foto: Coloures-pic/Fotolia)


Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) wird künftig nicht mehr vom bisherigen Verbund aus Sozialverband VdK, dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und dem Verbund unabhängige Patientenberatung Deutschland (VuP) getragen. Stattdessen soll die Sanvartis GmbH – ein aus einem medizinischen Call-Center entstandener Kommunikationsdienstleister im Gesundheitsmarkt – die Aufgabe für die nächsten Jahre übernehmen. Angesichts der Nähe des Unternehmens zu den Krankenkassen hagelt es nun Kritik – auch aus der Apothekerschaft.

Seit 2011 ist die UPD eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Seitdem – und auch schon vorher in der Testphase – sind VdK, vzbv und VuP die Träger. Sie unterhalten 21 Beratungsstellen, die nun vor dem Aus stehen. GKV-Spitzenverband und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung haben nach einer Ausschreibung entschieden, die Aufgabe neu zu vergeben. Wer den Zuschlag erhält, soll erst diese Woche offiziell verkündet werden. Doch laut Medienberichten, die sich teilweise auf Koalitionskreise beziehen, ist die Sanvartis GmbH der Top-Kandidat. Da das Unternehmen unter anderem Kassen und Pharmaunternehmen als Kunden hat, melden Kritiker Zweifel an der Unabhängigkeit des Dienstleisters an. Und die ist – wie der Name schon sagt – für die UPD unbedingt nötig. Schließlich soll die Beratungsstelle gerade auch bei Problemen der Versicherten mit ihren Krankenkassen helfen.

Das Unverständnis ist nicht zuletzt bei den jetzt Zurückgewiesenen groß – ihnen geht zum Jahresende ein gewaltiger Auftrag verloren. „Dass die bestehende Unabhängige Patientenberatung Deutschland aufgelöst wird, ist nicht nachvollziehbar“, erklärt Ulrike Mascher, Präsidentin des VdK. Die Beratung in der bisherigen Trägerschaft habe sich als bewährte und gut funktionierende Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten bewiesen.

VdPP: Kurzsichtiges Kalkül

Zu Wort meldete sich aber auch der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP). Für ihn ist „die hinter dieser Entscheidung stehende Marktgläubigkeit unfassbar“. Der Verband hält dem GKV-Spitzenverband und dem Patientenbeauftragten Kalkül vor – und zwar ein kurzsichtiges. Unabhängigkeit könne nicht erkauft werden, betont der VdPP. Sie müsse Teil des Selbstverständnisses der Beratenden und immer wieder verteidigt werden – auch gegen die Krankenkassen, die für die Patientenberatung Versichertengelder bereitstellen. Dieses Selbstverständnis kann sich der VdPP bei Sanvartis nicht vorstellen.

Die Entscheidung bedeute letztlich „einen weiteren Schritt hin zur Demontage nichtkommerzieller Strukturen, die die Interessen von Versicherten und Patientinnen und Patienten wahrnehmen“. Der VdPP, der sich selbst für eine patientenorientierte Arzneimittelberatung und -versorgung sowie die Stärkung der Patientenrechte einsetzt, werde große Schwierigkeiten haben, künftig Patienten bei Fragen zu Patientenrechten gegenüber Krankenkassen, aber auch Leistungserbringern und Industrie guten Gewissens an die UPD zu verweisen. Statt die UPD auszuschreiben, sollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass die Patientenberatung weiterhin in den Händen nichtkommerzieller, unabhängiger Anbieter zu belassen, fordert der VdPP.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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