Streit zwischen Roche und Cochrane-Autoren

Tamiflu®-Wirkung soll nicht ausreichend belegt sein

Stuttgart - 10.12.2009, 16:31 Uhr


Ein Update des Cochrane-Reviews zu Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®) sorgt für Streit zwischen den Autoren des Reviews und dem Tamiflu®-Hersteller Roche. Die Cochrane-Autoren kommen zu dem Schluss,

Mit einem 2005 erstellten Cochrane-Review wurde dem Neuraminidasehemmer Oseltamivir bescheinigt, dass er die Influenza-bedingte Komplikationsrate senken kann. Der Review basierte auf einer Metaanalyse von Laurent Kaiser und Mitarbeitern, die im Jahre 2003 in den Archives of Internal Medicine publiziert worden war. Danach sollten sich durch eine Oseltamivir-Behandlung Influenza-bedingte Komplikationen wie Bronchitis oder Pneumonie um 55% senken lassen. In diese Metaanalyse waren die Daten aus 10 Studien eingeflossen, von denen jedoch nur zwei vollständig publiziert worden sind. Für das jetzt im British Medical Journal publizierte Update des Cochrane Reviews von 2005 wollen sich die Autoren um die vollständigen Daten der übrigen acht Studien der Kaiser-Metaanalyse bemüht haben, jedoch nach eigenen Angaben erfolglos. Der Hersteller Roche behauptet dagegen, dass die Studiendaten erstmalig am 9. September 2009 von einem Fernsehsender angefordert worden seien. Eine Anfrage von dem Cochrane Review-Team will Roche nicht erhalten haben.

In das Update sind 20 randomisierte plazebokontrollierte Studien mit den Neuraminidasehemmern Oseltamivir und Zanamivir eingeflossen: Vier zur Prophylaxe, zwölf zur Therapie und vier zur Postexpositionsprophylaxe. Die acht unvollständig publizierten Studien wurden ausgeschlossen. Auf Basis der auswertbaren Studien lässt sich keine Evidenz mehr für eine Reduktion influenzabedingter Komplikationen der unteren Atemwege (Bronchitis, Pneumonie) feststellen (risk ratio 0,55; 95%-Konfidenzintervall 0,22 – 1,35).

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Neuraminidasehemmer Influenza-bedingte Symptome bei ansonsten gesunden Erwachsenen nur mäßig lindern. Zwar wird den Substanzen eine Wirksamkeit in der Postexpositionsprophylaxe einer Influenza bestätigt, aber belastbare Daten, die eine Reduktion von Influenza-bedingten Komplikationen durch Neuraminidasehemmer bestätigen, würden fehlen. Gefordert werden Hersteller-unabhängige randomisierte klinische Studien zur Klärung der offenen Fragen.


Dr. Doris Uhl


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