Wirtschaft

Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer

Wie betroffen sind Apotheken?

Während lange Zeit die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer an sich im Fokus der Rechtsprechung stand, ist zwischenzeitlich als neuer Streitpunkt die Frage der Hinzurechnung von Mieten und Pachten bei der Ermittlung der Gewerbesteuer beim Bundesfinanzhof anhängig.

Der Handelsverband Deutschland (HDE), der unter anderem die Interessen vieler kleiner und großer Einzelhändler bundesweit vertritt, fordert schon seit Langem eine ­Reform der Gewerbesteuer. Denn nach Auffassung des HDE bewirken Hinzurechnungen von Mieten, Pachten etc. eine Benachteiligung der Einzelhändler aufgrund von Standortfaktoren und führen zu Wettbewerbsnachteilen im Vergleich zum Onlinehandel. Deshalb sollte sich die Gewerbesteuer, so der HDE, nur an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens, an seinem Gewinn, ausrichten.

Das Gewerbesteuergesetz geht zwar vom Gewinn aus, legt aber darüber hinausgehend weitere Sachverhalte fest, die bei der Berechnung der Gewerbesteuer zu berücksichtigen sind. Interessant sind dabei vor allem die sogenannten Hinzurechnungen. Sie umfassen unter anderem die Finanzierungsentgelte sowie die Aufwendungen für Mieten, Pachten, ­Leasing und Lizenzen, also Geschäftsvorfälle, die für alle Apotheken relevant sind. Neben den Mietverträgen fallen auch Leasingverträge sowie Verträge über die Anmietung von Werbeflächen unter diese Vorschrift. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ­gehören neben der Grundmiete ­sogar weitere Aufwendungen des Apothekers für den Mietgegenstand zu den hinzurechnungspflichtigen Aufwendungen. Dies alles bringt einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich; Streitigkeiten mit dem Finanzamt sind vorprogrammiert.

Anrechnung auf Einkommensteuer ist begrenzt

In praxi stellt sich nun die Frage: Wie betroffen sind die Apotheken von diesen Regelungen? Wie hoch ist die zusätzliche gewerbesteuerliche Belastung? Durch die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer, die allerdings nur bis zu einem Hebesatz von 380% in vollem Umfang erfolgt, ist die effektive steuerliche Auswirkung der Hinzurechnungen in der Regel beschränkt.

Nun zu den Hinzurechnungen im Detail: Die zu berücksichtigenden Finanzierungsentgelte umfassen zum Beispiel Fremdkapitalzinsen (gleichgültig ob für kurz- oder langfristige Schulden), Damnum, Disagio und Vorfälligkeitsentschädigungen. Diese Aufwendungen gehen mit ihrem vollen Betrag (100%) in die Hinzurechnungen ein. Einige andere Finanzierungsentgelte, so zum Beispiel Bereitstellungszinsen und Avalprovisionen, bleiben bei den Hinzurechnungen unberücksichtigt.

Mieten sowie Pachten für beweg­liche und unbewegliche Wirtschaftsgüter fließen differenziert nur zu vorgegebenen Anteilen in die Hinzurechnungen ein. Dabei ist es gleich, ob die Verträge nur für kurze Zeit abgeschlossen wurden und ob sie angemessen oder wirtschaftlich sinnvoll sind.

Die Aufwendungen des betreffenden Jahres für Mieten und Pachten von beweglichen Wirtschafts­gütern sind mit einem Anteil von 20% anzusetzen (§ 8 Nr. 1d GewStG). Für unbewegliche Wirtschaftsgüter sind es 50% (§ 8 Nr. 1e GewStG).

Die Aufwendungen für Lizenzen, Patente und Ähnliches gehen nur zu einem Viertel in die Summe der hinzuzurechnenden Sachverhalte ein (§ 8 Nr. 1f GewStG). Das können bei sehr großen Apotheken, Apotheken in Frequenzlagen oder auch bei Apotheken, die neben ihren Räumen auch die Einrichtung und andere Güter des Anlagevermögens, so z. B. ihre Pkw etc. gemietet und/oder geleast haben, in Summe durchaus stattliche Beträge sein.

100.000 Euro Freibetrag

Jedoch gibt es bei kleinen und mittelständischen Apotheken Entwarnung. Denn die Summe der hinzuzurechnenden Sachverhalte erhöht erst dann die Berechnungsgrundlage für die Gewerbesteuer, sofern sie den laut § 8 Nr. 1

Gewerbesteuergesetz gewährten Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro übersteigt.

Dazu kommt, dass von dem übersteigenden Betrag auch nur 25% ge­winnerhöhend bei der Berechnung der Gewerbesteuer zu berücksichtigen sind.

Das Beispiel in der Tabelle veranschaulicht die Relevanz der Hinzurechnungen für die Ermittlung der Gewerbesteuer.

Aufgrund des Freibetrages von 100.000 Euro wirken sich die oben beschriebenen Hinzurechnungen bei Apotheke A nicht auf die Höhe der Gewerbesteuer aus. Erfahrungsgemäß ist das bei Apotheken der Regelfall. Ausnahmen gibt es in der Praxis häufig bei großen Apotheken in Groß­städten mit teuren Mieten, wie z. B. München oder Düsseldorf.

Ermittlung Hinzurechnungen
Apotheke A
Apotheke B
Gewinn
120.000 €
120.000 €
Hinzurechnungen

Finanzierungsentgelte
Miete Apothekenräume
Miete EDV
Miete Kommissionierer usw.
Leasing Pkw
Ansatz  zu
100%

50%
20%

20%
20%


 6.000€ 

15.000€ 
 3.000 €
      
      0 €       0 €       


19.800€ 

90.000€ 
 7.800 €

 7.200 €
 6.200 €
= Zwischensumme 1
./. Freibetrag
24.000 €
- 24.000 €
131.000€ 
- 100.000 €
= Zwischensumme 2
╳ 25%
0 €
31.000 €
= Hinzurechnungsbetrag
0 €
7.750 €
Berechnungsgrundlage für GewSt
120.000 €
127.750 €


Bei Apotheke B, und hierbei handelt es sich um eine Lauflage in einer Großstadt, ist aufgrund ­hoher Aufwendungen für Zinsen, Mieten, Leasing usw. (= anteilig relevante Hinzurechnungssachverhalte = Zwischensumme 131.000 Euro) ein Betrag in Höhe von 7750 Euro für die Berechnung der Gewerbesteuer gewinnerhöhend anzusetzen. Geht man von einem in einer Großstadt üblichen Gewerbesteuerhebesatz von z. B. 460% aus und berücksichtigt außerdem die vorgegebene Anrechnung auf die Einkommensteuer, dann beträgt die effektive Liquiditätsbelastung des Apothekeninhabers durch die Hinzurechnungen im obigen Beispiel rund 217 Euro (Mehrgewerbesteuer 1248 Euro abzüglich Anrechnung auf Einkommensteuer 1031 Euro).

Fazit

Die Ermittlung der Hinzurechnungen verdeutlicht, dass viele Apotheken kaum zusätzlich steuerlich durch die Hinzurechnungsregelungen bei der Gewerbesteuer ­betroffen sind. Denn es müssen schon sehr hohe Aufwendungen für Zinsen, Mieten, Leasing usw. auflaufen, um überhaupt den ­Freibetrag von 100.000 Euro zu überschreiten.

Wichtig sind eine klare Zuordnung und ordnungsgemäße Trennung sämtlicher Kosten, die die Hinzurechnungsbeträge verfälschen könnten, z. B. Nebenkosten bei den Mietzahlungen, Wartungsgebühren der EDV-Anlage, und dies bereits in der laufenden Buchhaltung. Damit wird erreicht, dass der Freibetrag in den meisten Fällen bei Apotheken ausreichend sein sollte und Hinzurechnungen vermieden werden.

Gleichwohl gibt es Fälle, in denen große Apothekenunternehmen deutlich stärker von der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer betroffen sind, weil z. B. hohe ­Mieten und Pachten anfallen oder die Anrechnung bei der Einkommensteuer aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof zu dieser Frage im anhängigen Verfahren Stellung nimmt. |

Dipl.-Bw. Doris Zur Mühlen


Dipl.-Bw. Doris Zur Mühlen, ­Wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin, ­Geschäftsführende Gesellschafterin der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, Essen/Dresden/Dessau/Zwickau

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