Wenn Sie Ihre Apotheke aufgeben oder verkaufen …

Der bei Veräußerung oder Aufgabe einer Apotheke entstehende Buchgewinn unterliegt der Einkommensbesteuerung (§ 16 EStG). Das ist für den Betriebsinhaber, insbesondere wenn er seinen Betrieb aus Altersgründen nicht mehr weiterführen kann oder will, ein Kostenfaktor, den er häufig nicht in Rechnung stellt und der ihn insofern unvorbereitet trifft. Mangelnde Vorsorge für diesen Fall bringt nicht selten erhebliche Probleme für die Betroffenen mit sich.

Beispiel 4
Ein 60-jähriger Apotheker, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wird, erzielt bei der Veräußerung seines Betriebes im Jahr 2008 einen Veräußerungsgewinn von 120.000 Euro. Im Jahr der Veräußerung hat er noch einen laufenden Gewinn von 30.000 Euro, zu versteuernde Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 10.000 Euro und aus Kapitalvermögen von 5.000 Euro. Die Einkommensteuer errechnet sich dann wie folgt:
Laufender Gewinn30.000 Euro
Veräußerungsgewinn120.000 Euro
davon steuerfrei– 45.000 Euro
zu versteuern+ 75.000 Euro
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung + 10.000 Euro
Einkünfte aus Kapitalvermögen+ 5.000 Euro
Gesamtbetrag der Einkünfte120.000 Euro
Sonderausgaben (Annahme) – 10.000 Euro
Zu versteuerndes Einkommen110.000 Euro
Nach der Einkommensteuer-Splittingtabelle 2006 ergibt sich ein Steuerbetrag von 30.374 Euro. Daraus errechnet sich ein durchschnittlicher Steuersatz von 30.374 Euro: 110.000 Euro = 27,61%. Der ermäßigte Steuersatz beträgt also 27,61 x 0,56 = 15,46%. Das ist mehr als der Mindeststeuersatz von 15%. Der endgültige Steuerbetrag ist nunmehr in folgender Weise zu ermitteln:
Zu versteuerndes Einkommen110.000 Euro
abzüglich steuerpflichtiger Teil des Veräußerungsgewinns– 75.000 Euro
verbleiben35.000 Euro
darauf entfallender Steuerbetrag (ESt-Splittingtabelle 2008)4.378 Euro
ermäßigt zu versteuernder Einkommensteil75.000 Euro
darauf entfallender Steuerbetrag (Steuersatz 15,46 %)11.595 Euro
Einkommensteuer insgesamt15.973 Euro
Ergebnis: Es ergibt sich durch die ermäßigte Versteuerung des Veräußerungsgewinns eine Steuerersparnis von 14.401 Euro (30.374 Euro regulärer Steuerbetrag auf das gesamte zu versteuernde Einkommen einschließlich Veräußerungsgewinn von 110.000 Euro – 15.973 Euro tatsächlich zu zahlender Steuerbetrag). Die Steuerersparnis ist fast dreimal so hoch wie bei der rechnerischen Verteilung auf fünf Jahre.
Welche einkommensteuerliche Vergünstigungen gibt es?

Nach dem Gesetz ist der Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Veräußerungsgewinn entsteht also immer dann, wenn das Betriebsvermögen ganz oder teilweise abgeschrieben, am Markt aber noch ein Preis dafür erzielbar ist. Ob der Betrieb tatsächlich veräußert oder nur aufgegeben wird, ist dabei unerheblich. Steuerlich wird beides gleich behandelt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Liegt kein Veräußerungsgewinn vor, wie bei der Betriebsaufgabe, wird vom Finanzamt der erzielbare Veräußerungspreis geschätzt. Im Folgenden umfasst deshalb der Begriff der Betriebsveräußerung auch die Aufgabe eines Betriebes.

Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er mehr als 45.000 Euro beträgt (§ 16 Abs. 4 Satz 1 EStG). Er reduziert sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt (§ 16 Abs. 4 Satz 3 EStG). Wenn also ein Apotheker, der älter als 55 Jahre oder berufsunfähig ist, seinen Betrieb verkauft und dabei einen Veräußerungsgewinn von 181.000 Euro oder mehr erzielt, wird ihm steuerlich kein Freibetrag eingeräumt. Liegt der Veräußerungsgewinn bei 136.000 Euro oder weniger, steht ihm der volle Freibetrag von 45.000 Euro zu. Liegt der Veräußerungsgewinn zwischen 136.000 Euro und 181.000 Euro, erhält er einen Freibetrag, der um den Betrag gekürzt ist, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Auch bei der Veräußerung eines Betriebsanteils wird der volle Freibetrag von 45.000 Euro gewährt, wenn der Veräußerungsgewinn die Freigrenze von 136.000 Euro nicht überschreitet (siehe Beispiel 1 und 2).

Wie bereits erwähnt, darf der Freibetrag aber nur einmal in Anspruch genommen werden (§ 16 Abs. 4 Satz 2 EStG). Veräußerungen vor 1996 zählen dabei nicht mit.

Wahl der Besteuerungsmöglichkeit

Neben der Freibetragsregelung kommt ein zusätzlicher einkommensteuerlicher Vorteil bei der Betriebsveräußerung hinzu. Diese Veräußerungsgewinne zählen nämlich zu den sogenannten außerordentlichen Einkünften (§ 34 EStG, R und H 197 sowie R und H 198 EStR). Sie wurden vor 1999 und von 2001 bis 2003 nur mit dem halben Durchschnittssteuersatz belegt. In der Zwischenzeit erfolgte eine rechnerische Verteilung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns auf fünf Jahre. Die Wahl dieser Besteuerungsmöglichkeit ist auch weiterhin möglich. Ab 2004 wurde der ermäßigte Steuersatz von 50 auf 56 Prozent angehoben. Der Selbstständige hat also die Wahl, ob er die rechnerische Verteilung auf fünf Jahre nach § 34 Abs. 1 EStG oder 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG bei der Versteuerung seines Veräußerungsgewinnes bevorzugt.

Um dieses Wahlrecht so auszuüben, dass der Selbstständige seine steuerliche Belastung minimiert, sollte er sich der Mühe unterziehen und beide Besteuerungsmethoden durchrechnen. Dazu zunächst ein Beispiel für die Methode der Verrechnung auf fünf Jahre (siehe Beispiel 3).

Mit der Wahl des ermäßigten Steuersatzes ist ein Mindeststeuersatz in Höhe des jeweils gültigen Eingangssteuersatzes verbunden. Seit 2005 beträgt dieser 15 Prozent. Außerdem muss der Antragsteller das 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig sein und darf diese Ermäßigungsvorschrift nur einmal im Leben, gerechnet ab dem Veranlagungszeitraum 2001, in Anspruch nehmen. Die Beispielsrechnung zeigt das Beispiel 4.

Die Steuerermäßigung – Verteilung auf fünf Jahre oder ermäßigter Steuersatz – kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn die stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden. Die Veräußerung eines Betriebes im Ganzen ist anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang – nicht nach und nach – gegen Entgelt in der Weise auf einen Erwerber übertragen werden, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber selbst den Betrieb fortführt. Auch kann der Veräußerer Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten, um sie später bei sich bietender Gelegenheit zu veräußern.

Veräußerung auf Rentenbasis

Schließlich ist noch auf eine weitere Besonderheit einzugehen, und das ist die Betriebsveräußerung auf Rentenbasis. In diesem Fall hat der Selbstständige ein Wahlrecht (R und H 139 Abs.11 EStR). Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. Die Folge ist, dass ihm sowohl die Freibetragsregelung nach § 16 Abs. 4 EStG als auch die tarifbegünstigte Besteuerung nach § 34 EStG zugute kämen. Veräußerungsgewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem um etwaige Veräußerungskosten geminderten versicherungsmathematischen Barwert der Rente und dem Buchwert des Betriebes im Zeitpunkt der Veräußerung. Die laufenden Rentenzahlungen würden dann wie die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder aus berufständischen Versorgungswerken nur noch mit dem weitaus geringeren Ertragsanteil der Besteuerung unterliegen.

Der Selbstständige kann stattdessen aber auch eine sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinns ablehnen. Damit ist allerdings der Verzicht auf den Freibetrag und die tarifbegünstigte Besteuerung verbunden. In diesen Fällen führen die Renteneinnahmen erst dann zu einem Veräußerungsgewinn, wenn sie zusammen mit den sonstigen Zahlungsansprüchen gegenüber dem Erwerber des Betriebes nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigen. Der Veräußerungsgewinn wird erst im Zeitpunkt des Rentenbezugs steuerpflichtig und als nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit behandelt, d. h. nicht der Ertragsanteil der Rente, sondern der volle Betrag unterläge der Besteuerung (siehe Beispiel 5)..

Dr. Hans-Ludwig Dornbusch, Ahrstr. 76, 53757 Sankt Augustin
Beispiel 5
Ein 60-jähriger Apotheker verkauft seinen Betrieb auf Rentenbasis. Die Jahresrente wird auf 15.000 Euro festgelegt. Der versicherungsmathematische Barwert dieser Rente auf Lebenszeit (Leibrente) beträgt 156.720 Euro (Rente 15.000 Euro x Kapitalwert-Faktor gemäß Anlage 9 Bewertungsgesetz von 10,448). An Veräußerungskosten sind 2.500 Euro angefallen. Der Buchwert des Betriebes beläuft sich auf 50.000 Euro. Daraus errechnet sich folgender Veräußerungsgewinn:
Versicherungsmathematischer Barwert der Rente156.720 Euro
Veräußerungs-kosten– 2.500 Euro
Buchwert des Betriebes– 50.000 Euro
Veräußerungsgewinn104.220 Euro
Ergebnis: Wenn der Selbstständige den Veräußerungsgewinn sofort versteuert, steht ihm, da er älter als 55 Jahre ist, ein Freibetrag von 45.000 Euro zu. Der Restbetrag von 59.220 Euro wird tarifbegünstigt besteuert. Die laufenden Renteneinnahmen in Höhe von 15.000 Euro pro Jahr sind dann nur noch mit einem für 60-Jährige maßgeblichen Ertragsanteil von 52% (§ 22 Nr. 1a EStG) zu versteuern, im vorliegenden Fall also mit 7.800 Euro jährlich.
Wenn der Selbstständige eine sofortige Versteuerung des Veräußerungsgewinnes ablehnt, dann zahlt er zwar 3,5 Jahre lang keine Steuern. Danach aber übersteigen die Renteneinnahmen den Buchwert des Betriebes zuzüglich Veräußerungskosten, sodass sie in voller Höhe mit alljährlich 15.000 Euro zu versteuern sind.
Beispiel 3
Ein 60-jähriger Apotheker, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wird, erzielt bei der Veräußerung seines Betriebes einen Veräußerungsgewinn von 120.000 Euro. Im Jahr der Veräußerung hat er noch einen laufenden Gewinn von 30.000 Euro, zu versteuernde Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 10.000 Euro und aus Kapitalvermögen von 5000 Euro. Die Einkommensteuer errechnet sich dann wie folgt:
Laufender Gewinn30.000 Euro
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung+ 10.000 Euro
Einkünfte aus Kapitalvermögen+ 5.000 Euro
Gesamtbetrag der Einkünfte 45.000 Euro
Sonderausgaben (Annahme) – 10.000 Euro
Zu versteuerndes Einkommen ohne Veräußerungsgewinn35.000 Euro
darauf entfallender Einkommensteuerbetrag4.378 Euro
(ESt-Splittingtabelle 2008)
Veräußerungsgewinn120.000 Euro
davon steuerfrei– 45.000 Euro
zu versteuern75.000 Euro
davon 1/515.000 Euro
Zu versteuerndes Einkommen einschließlich 1/5 des
Veräußerungsgewinns (35.000 Euro + 15.000 Euro)50.000 Euro
darauf entfallender Einkommensteuerbetrag
(ESt-Splittingtabelle 2008) 8.552 Euro
Differenz der Einkommensteuerbeträge
(8.552 Euro – 4.378 Euro) 4.174 Euro
Steuer auf den Veräußerungsgewinn (5 x 4.174 Euro)20.870 Euro
Ergebnis: Es ergibt sich durch die tarifbegünstigte Versteuerung des Veräußerungsgewinns eine Steuerersparnis von 5.126 Euro (regulärer Steuerbetrag von 30.374 Euro auf das gesamte zu versteuernde Einkommen einschließlich Veräußerungsgewinn von 35.000 Euro + 75.000 Euro, also von insgesamt 110.000 Euro abzüglich tatsächlich zu zahlender Steuerbetrag von 4.378 Euro + 20.870 Euro = 25.248 Euro).
Beispiel 2
Ein 60-jähriger Apotheker veräußert seinen mit dem Wert von 50.000 Euro zu Buche stehenden Betrieb zum Preis von 230.000 Euro. An Veräußerungskosten muss er 10.000 Euro aufwenden. Daraus errechnet sich folgender zu versteuernder Veräußerungsgewinn:
Veräußerungspreis des Betriebes230.000 Euro
Veräußerungskosten– 10.000 Euro
Buchwert des Betriebes– 50.000 Euro
Veräußerungsgewinn170.000 Euro
Freibetrag– 11.000 Euro
Zu versteuernder Veräußerungsgewinn159.000 Euro
Ergebnis: Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro um 34.000 Euro übersteigt, ist der Freibetrag von 45.000 Euro um diese 34.000 Euro auf 11.000 Euro zu kürzen, sodass sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 159.000 Euro ergibt.
Beispiel 1
Ein 60-jähriger Apotheker veräußert seinen gesamten Betrieb zu einem Preis von 210.000 Euro. An Veräußerungskosten z. B. für die Einschaltung eines Vermittlers und die Aufgabe von Annoncen entstehen ihm 10.000 Euro. Der Buchwert seines Betriebes beträgt 100.000 Euro. Daraus errechnet sich folgender zu versteuernder Veräußerungsgewinn:
Veräußerungspreis des Betriebes210.000 Euro
Veräußerungskosten– 10.000 Euro
Buchwert des Betriebes– 100.000 Euro
Veräußerungsgewinn100.000 Euro
Freibetrag– 45.000 Euro
Zu versteuernder Veräußerungsgewinn55.000 Euro
Ergebnis: Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000 Euro nicht übersteigt, ist der volle Freibetrag von 45.000 Euro abzuziehen. Es ergibt sich ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 55.000 Euro.

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