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Beratung

Hilfe bei brennenden Beschwerden

Selbstmedikation bei Blasenentzündung

Fast täglich kommen vor allem Frauen mit Symptomen wie Brennen beim Wasserlassen und häufigem Harndrang in die Apotheke. Sie möchten ihre Beschwerden im Rahmen der Selbstmedikation behandeln und erwarten Hilfe bei der Auswahl geeigneter Arzneimittel und Beratung zur richtigen Anwendung sowie Tipps zur nicht-medikamentösen Unterstützung oder Vorbeugung. Bevor das pharmazeutische Personal entsprechende Präparate anbietet, muss überprüft werden, ob eine Selbstmedikation möglich ist oder zum Arzt verwiesen werden muss. | Von Karin Krämer

Die häufigsten Harnwegsinfektionen werden nach ihrer Lokalisation unterschieden:

Eine Zystitis (Blasenentzündung) betrifft die unteren Harnwege. Ihre Symptome sind vor allem die schon erwähnten brennenden Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) und häufiger Harndrang mit geringen Urinmengen (Pollakis­urie), außerdem Schmerzen oberhalb des Schambeins. Der Urin kann trüb oder verfärbt sein.

Wenn die oberen Harnwegebetroffen sind, wird von einer Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung) gesprochen. Hier treten zusätzlich Fieber und Flankenschmerzen auf. Auch Blut im Urin weist auf eine Nierenbeteiligung hin.

Eine asymptomatische Infektion wird als Bakteriurie bezeichnet. Frauen, die jünger als 50 Jahre sind, sind deutlich häufiger betroffen als Männer der gleichen Altersgruppe. Sie besitzen eine viel kürzere Harnröhre, die sich eng benachbart zu Scheide und Darmausgang befindet. Blasenentzündungen haben bei gesunden Frauen oft einen leichten Verlauf, die Patientinnen sind fieberfrei und das Allgemeinbefinden ist gut. Die Spontanheilungsrate liegt bei 30 bis 50% innerhalb einer Woche.

Erreger einer Harnwegsinfektion sind meistens Bakterien, seltener Viren oder Pilze, die über die Harnröhre in die Blase gelangen und von dort eventuell in das Nierenbecken aufsteigen können. Der häufigste Erreger ist Escherichia coli, er wird durch Schmierinfektion aus der Anal- oder Vaginal­gegend übertragen. Die Infektion erfolgt in der Regel aufsteigend über die Harnröhre.

Risikofaktoren bei gesunden Frauen

  • mangelnde oder übertriebene Intimhygiene
  • häufiger Geschlechtsverkehr
  • verzögerte Blasenentleerung nach dem Geschlechtsverkehr
  • Gebrauch von Diaphragma und Spermiziden
  • lokale Unterkühlung, beispielsweise durch nasse Bade­kleidung
  • eine zu geringe Trinkmenge
  • vorangegangene Blasenentzündung
  • sinkender Estrogen-Spiegel in den Wechseljahren

Sonstige Risikofaktoren

Diabetes mellitus erhöht ebenso wie Immunschwäche und ein gestörter Harnabfluss das Risiko für Harnwegsinfektionen. Wenn sich Urin in den Harnwegen durch Steine, ein Geschwür oder eine verengte Harnröhre staut und Restharn in der Blase verbleibt oder ein Blasenkatheter gelegt wird, bieten sich für die Erreger sehr gute Vermehrungsbedingungen. Bei älteren Männern kann durch die Vergrößerung der Prostata die Harnröhre eingeengt und eine Restharn­bildung begünstigt werden.

Empfehlungen der Leitlinien

Die relevanten S3-Leitlinien „Harnwegsinfektionen“ der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) [8] und „Brennen beim Wasserlassen“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) [7] befinden sich derzeit in Überarbeitung. Beide Leitlinien empfehlen als Mittel der ersten Wahl ein Antibiotikum, wobei eine individuelle Entscheidung für oder gegen eine antibiotische Therapie nach Absprache angeraten wird. Nach den Empfehlungen der DEGAM ist eine rein symptomatische Therapie bei einer unkomplizierten, akuten Blasenentzündung einer ­ansonsten gesunden Frau möglich, während die Deutsche Gesellschaft für Urologie grundsätzlich zur Gabe eines Antibiotikums rät, um Komplikationen zu vermeiden und die Heilung zu beschleunigen.

In einer Doppelblind-Studie an Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten wurde die Wirkung von Ibuprofen mit der des Antibiotikums Fosfomycin verglichen [3]. Das Fazit der Studie war, dass einerseits die Zahl der Antibiotika-Verordnungen durch ausschließliche Einnahme von Ibuprofen um zwei Drittel reduziert werden konnte, andererseits aber stärkere Beschwerden während der ersten Krankheitswoche auftraten. Zudem entwickelten in der Ibuprofen-Gruppe fünf Patientinnen eine Nierenbeckenentzündung, in der Fosfomycin-Gruppe nur eine. Komplikationen und Rezidive traten vor allem auf, wenn die Urinprobe Bakterien-positiv war.

Grenzen der Selbstmedikation

Eine Harnwegsinfektion wird als unkompliziert eingeschätzt, wenn im Harntrakt keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. gravierende Komplikationen begünstigen.

Welche Patientengruppen sollten bei Verdacht auf Harnwegsentzündungen grundsätzlich zum Arzt geschickt werden?

  • Männer, da die gleichen Symptome durch eine Prostata-­Erkrankung verursacht sein können
  • Schwangere, weil das Risiko einer Nierenbeteiligung deutlich erhöht ist und Komplikationen für das Ungeborene ­gefährlich werden können
  • Kinder
  • Personen mit Nierenerkrankungen oder Nierenschäden
  • Patienten mit chronischen Erkrankungen oder Schwächung des Immunsystems
  • Personen mit Urinablaufstörungen oder wiederkehrenden Infekten

Da der unnötige Einsatz von Antibiotika bei unkomplizierten Blasenentzündungen die Bildung von Resistenzen und Nebenwirkungen begünstigt, könnte ein Abwarten bezüglich der Antibiotika-Verordnung in Kombination mit einer Urinuntersuchung eine mögliche Zukunftsstrategie zur Behandlung einer unspezifischen Zystitis sein [1]. Dann würde der Beratung in der Apotheke zur Selbstmedikation noch größere Bedeutung als bisher zukommen.

Bei unkomplizierten akuten Blasenentzündungen bei gesunden Frauen, die sich nicht krank fühlen, kann eine Behandlung mit Präparaten der Selbstmedikation durchgeführt werden. Sollten allerdings zusätzlich zu den Symptomen einer Blasenentzündung Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl, starke Schmerzen, Blut im Urin und/oder Schmerzen in der Nierengegend auftreten oder sich die Beschwerden nicht innerhalb von drei Tagen bessern, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Schmerztherapie

Eine Behandlungsmöglichkeit ist die rein symptomatische Therapie mit Schmerzmitteln, die auch ergänzend zur Einnahme eines Antibiotikums angezeigt ist. Mittel der Wahl sind Ibuprofen oder Paracetamol, letzteres bei krampfartigen Schmerzen auch in Kombination mit Butylscopolaminiumbromid (z. B. Buscopan® plus).

Möglichkeiten der Phytotherapie

Zahlreiche pflanzliche Arzneistoffe werden zur Behandlung einer unkomplizierten akuten Blasenentzündung bei Frauen eingesetzt. Sie wirken harntreibend, antibakteriell, entzündungshemmend und schmerzlindernd. Damit tragen sie effektiv zur Beseitigung bakterieller Erreger bei, ohne die möglichen Nebenwirkungen eines Antibiotikums.

Durchspülungstherapie

Harntreibende Arzneidrogen werden eingesetzt, um die Bakterien auszuspülen. Häufig eingesetzte Drogen sind Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter, Goldrutenkraut, Birkenblätter, Schachtelhalmkraut, Bohnenschalen, Brennnesselblätter und -kraut. Die wirksamen Inhaltsstoffe sind bei diesen Drogen vor allem Flavonoide, teilweise auch ätherische Öle. Zu allen genannten Arzneidrogen gibt es HMPC-Monografien der European Medicines Agency (EMA), die die traditionelle Verwendung zur Durchspülung bei leichten Beschwerden der Harnwege belegen.

Die drei am häufigsten in Fertigarzneimitteln vorkommenden Drogen sind Goldrutenkraut, Orthosiphonblätter und Hauhechelwurzel. Extrakte werden zu Mono- oder Kombinationspräparaten verarbeitet, außerdem sind sie Bestandteil vieler Teemischungen.

Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium) und Hauhechelwurzel (Ononidis radix) enthalten Flavonoide und ätherische Öle, die für die durchspülende Wirkung verantwortlich sind. Orthosiphonblätter wirken außerdem leicht krampflösend (spasmolytisch) (siehe den Beitrag „Orthosiphonblätter: Wässriger Extrakt hemmt die Adhäsion pathogener Bakterien im Harntrakt“ auf S. 54 in dieser DAZ).

Fotos: K. Krämer
Harntreibend Hängebirke (Betula pendula), Große Brennnessel (Urtica dioica) und Kanadische Goldrute (Solidago canadensis).

Im Europäischen Arzneibuch sind zwei Monografien zu Goldrutenkraut enthalten. Die Droge Echtes Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba) darf nur die Gewöhnliche (auch Echte oder Europäische) Goldrute (Solidago virgaurea) enthalten, die Droge Goldrutenkraut (Solidaginis herba) wird aus Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) oder Kanadischer Goldrute (Solidago canadensis), deren Varietäten oder Mischungen der beiden gewonnen. Für beide wird ein Mindestgehalt an Flavonoiden gefordert, die Zusammensetzung der Flavonoide unterscheidet sich jedoch. Nur für Echtes Goldrutenkraut konnte im Tierexperiment eine schwach spasmolytische und entzündungshemmende Wirkung nachgewiesen werden. Auch existiert nur für Echtes Goldrutenkraut eine HMPC-Monografie. Daher ist diese Droge in den meisten der zugelassenen Fertigarzneimittel enthalten.

Birkenblätter (Betulae folium), Schachtelhalmkraut (Equiseti herba), Bohnenschalen (Phaseoli fructus sine semine) und Brennnesselblätter oder -kraut (Urticae folium bzw. herba) wirken wegen der enthaltenen Flavonoide harntreibend und werden vor allem in Blasen- und Nierentees eingesetzt (siehe Tab. 1).

Tab. 1: Beispiele für Fertigarzneimittel mit Indikation Durchspülungstherapie (Auswahl) [Quelle: Fachinformationen]
pflanzliche Bestandteile
Beispiele
Hinweise (Dosierung)
extrakthaltige Fertigarzneimittel
Orthosiphonblätter
Ardeynephron® Kapseln
Carito® mono Kapseln
Diufluxx® mono Kapseln
drei- bis viermal täglich zwei Kapseln; ab 18 Jahren
dreimal täglich zwei Kapseln; ab 18 Jahren
dreimal täglich eine Kapsel; ab zwölf Jahren
Echtes Goldrutenkraut
Cystinol® long Kapseln
Nieral® Tabletten
Nieral® Tropfen
Polbax® novo Filmtabletten
Solidacur® 600 mg Filmtabletten
Solidago Steiner® Tabletten
Urol® flux Brausetabletten
Urol® flux forte Filmtabletten
ab zwölf Jahren
drei- bis viermal täglich eine Kapseln
dreimal täglich drei Tabletten
drei- bis fünfmal täglich 50 Tropfen
dreimal täglich eine Tablette
zwei- bis dreimal täglich eine Tablette
vier- bis fünfmal täglich eine Tablette; Achtung: Solidago Steiner® Lösung enthält Riesengoldrutenkraut!
dreimal täglich eine Tablette
zwei- bis dreimal täglich eine Tablette
Kombinationspräparat
Aqualibra® Filmtabletten: Echtes Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel und Orthosiphonblätter
Solidagoren® Liquid Tropfen: Echtes Goldrutenkraut, Gänsefingerkraut, Schachtelhalmkraut
ab zwölf Jahren
dreimal täglich zwei Tabletten
dreimal täglich 20 bis 30 Tropfen
Arzneitee
Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Echtes Goldrutenkraut
Harntee 400 Tad® N Instanttee
Harntee Steiner® Instanttee
ab zwölf Jahren
fünfmal täglich eine Tasse; enthält Glucose, Saccharose, Maltodextrin und Lactose, 0,2 BE/Dosis
dreimal täglich eine Tasse; Saccharose-frei, Lactose-frei, enthält Maltodextrin und Aspartam, 0,05 BE/Dosis
Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Goldrutenkraut
Sidroga® Blasen-Nieren-Spültee ­Teebeutel
drei- bis viermal täglich eine Tasse mit ein bis zwei Beuteln
Birkenblätter, Goldrutenkraut
Heumann Blasen- und Nierentee ­Solubitrat® uro Instanttee
fünfmal täglich eine Tasse, ab zwölf Jahren; Saccharose-frei, Lactose-frei, enthält Maltodextrin und Saccharin-Natrium
0,06 BE/Dosis
Orthosiphonblätter
Repha Orphon® Indischer Nierentee
dreimal täglich eine Tasse; keine Altersbeschränkung

Extrakthaltige Präparate sollten nur bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren, vereinzelt erst ab 18 Jahren angewendet werden. Bei Überempfindlichkeit gegen einen Bestandteil darf das jeweilige Präparat nicht eingenommen werden, Birkenblätter auch dann nicht, wenn eine Allergie gegen Birkenpollen besteht. In Schwangerschaft und Stillzeit sollten sie mangels entsprechender Untersuchungen zur Unbedenklichkeit nicht angewendet werden. Auch für Personen, die, zum Beispiel aufgrund von Herz- oder Nierenerkrankungen, nur begrenzte Flüssigkeitsmengen zu sich nehmen dürfen, sind Zubereitungen dieser Arzneidrogen kontraindiziert.

Sehr wichtig ist der Hinweis, dass für eine ausreichende Urinmenge (1,5 Liter) mindestens zwei Liter pro Tag getrunken werden sollten, da durchschnittlich 0,5 Liter Flüssigkeit unbemerkt über die Haut verdunsten (Perspiratio insensibilis). Werden harntreibende Tees angewendet, werden je nach Präparat drei bis fünf Tassen getrunken, die restliche Flüssigkeitsmenge kann aus anderen Getränken, vorzugsweise Wasser, bestehen. Extrakthaltige feste Zubereitungen oder Lösungen sollten immer mit viel Flüssigkeit, am besten Wasser, eingenommen werden.

Der maximale Anwendungszeitraum laut HMPC-Monografien beträgt für diese Arzneidrogen zwei bis vier Wochen. Auch zusätzlich zu einer antibiotischen Behandlung ist die Durchspülungstherapie empfehlenswert, sie sollte nach Beendigung der Antibiotika-Einnahme bis zu vier Wochen lang fortgesetzt werden, um Rezidiven vorzubeugen. Da Wärme schmerzlindernd wirkt, kann zusätzlich z. B. eine Wärmflasche oder ein Kirschkernkissen empfohlen werden.

Phytotherapie mit Harnwegsdesinfizienzien

Diese Arzneidrogen wirken antimikrobiell gegen die Erreger einer unkomplizierten bakteriellen Blasenentzündung. Eingesetzt werden vor allem Bärentraubenblätter, Kapuzinerkressenkraut, Meerrettichwurzel.

Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium) enthalten das Hydrochinonglykosid Arbutin, das im Körper zur eigentlichen Wirkform Hydrochinon metabolisiert wird. Dieses wird an Glucuronsäure oder Schwefelsäure gebunden über die Nieren ausgeschieden. Wenn während eines Harnwegsinfektes Bakterien im Urin vorkommen, setzen diese das Hydrochinon wieder aus seinem Konjugat frei. Hydrochinon wirkt bakteriostatisch. Wichtig ist eine Einnahme von mindestens 400 bis 700 mg Arbutin pro Tag, um eine ausreichende Menge Hydrochinon im Harn zu gewährleisten. Die enzymatische Spaltung ist unabhängig vom pH-Wert des Urins, sodass eine früher übliche Alkalisierung des Harns entfallen kann [10].

Fotos: K. Kraemer; siur, 4innaz – Fotlia.com
Desinfizierend Liebstöckel (Levisticum officinale), Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) und Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus)

Arzneimittel, die Bärentraubenblätter enthalten, dürfen maximal eine Woche lang und höchstens fünfmal im Jahr bei Erwachsenen und Kindern ab zwölf Jahren angewendet werden. Diese Beschränkungen sind eine Vorsichtsmaßnahme, da Hydrochinon in Testverfahren mutagene Wirkung zeigt. Im Körper liegt es aber in gebundener Form vor. Diese Konjugate zeigen in Studien keinerlei mutagene Effekte.

Bei einer Anwendung als Tee sollte die Droge als Kaltmazerat angesetzt werden, da dann weniger magenreizende Gerbstoffe extrahiert werden: Die Tagesdosis (10 g) mit vier bis sechs Tassen kaltem Wasser ansetzen, sechs bis zwölf Stunden (über Nacht) ziehen lassen, abseihen, einmal aufkochen und über den Tag verteilt vier bis sechs Tassen trinken.

Sowohl Kapuzinerkressenkraut (Tropaeoli herba) als auch Meerrettichwurzel (Armoraciae radix) enthalten schwefelhaltige Senfölglykoside mit antimikrobieller Wirkung. In einer Studie wurde die Gleichwertigkeit des Kombinationspräparates dieser Drogen (Angocin® Anti-Infekt N) mit einer Antibiotika-Therapie festgestellt, wobei das pflanzliche Arzneimittel besser verträglich war [4]. Die Kombination kann auch bei Kindern ab sechs Jahren und zur Rezidivprophylaxe angewendet werden.

Ein Kombinationspräparat aus Tausendgüldenkraut (Centaurii herba), Liebstöckelwurzel (Levistici radix) und Rosmarinblättern (Rosmarini folium) wirkt in vitro antibakteriell, entzündungshemmend und leicht diuretisch. Weitere Untersuchungen stehen noch aus (siehe Tab. 2). Selbstverständlich können anstelle der Fertigarzneimittel auch NRF-Rezepturen zu Blasen- und Nierentees verwendet werden.

Tab. 2: Beispiele für Fertigarzneimittel mit pflanzlichen Harnwegsdesinfizienzien (Auswahl) [Quelle: Fachinformationen]
pflanzliche Bestandteile
Beispiele
Hinweise (Dosierung)
Monopräparate mit ­Bärentraubenblättern
Arctuvan® Filmtabletten
Cystinol® akut überzogene Tabletten
Uvalysat® Buerger Tropfen
Uvalysat® Buerger Filmtabletten
ab zwölf Jahren
zwei- bis viermal täglich zwei Tabletten
dreimal täglich zwei Dragees
bis zu viermal täglich 2 bis 3 ml
bis zu viermal täglich zwei bis drei Tabletten
Kombinationspräparate mit Bärentraubenblättern
Cystinol® N Lösung: zusätzlich Echte Goldrute
Sidroga® Blasentee plus: zusätzlich Goldrutenkraut, ­Orthosiphonblätter, Birkenblätter
dreimal täglich 10 ml, ab zwölf Jahren
drei- bis viermal täglich ein bis zwei Tassen,
ab 18 Jahren
Kombinationspräparat mit ­Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel
Angocin® Anti-Infekt N Filmtabletten
Erwachsene dreimal täglich vier Tabletten,
Kinder von sechs bis zwölf Jahren dreimal täglich drei Tabletten, Einnahme nach dem Essen
Tausendgüldenkraut, ­Liebstöckelwurzel, ­Rosmarinblätter
Canephron® N Dragees
Canephron® N Tropfen
ab zwölf Jahren
dreimal täglich zwei Dragees
dreimal täglich 5 ml

Rezidivprophylaxe

Harnwegsinfekte treten oft immer wieder auf. Wenn die Risikofaktoren verringert werden, lässt sich auch die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Infektion senken. Beispielsweise könnte die Intimhygiene geändert, mehr getrunken oder eine Unterkühlung des Unterleibes vermieden werden.

Harntreibende Arzneidrogen als Tee oder Extrakt und Angocin® Anti-Infekt N können zur Vorbeugung eingenommen werden (siehe oben).

Bei häufigen Blasenentzündungen kann das rezeptpflichtige Uro-Vaxom® verschrieben werden. Es enthält Escherichia-coli-Lysat, den wichtigsten Erreger von Harnwegsinfektionen, und soll die lokale Immunantwort stärken. In den letzten Jahren werden immer mehr Cranberry-Produkte zur Prophylaxe rezidivierender Blaseninfektionen beworben. Die in Cranberry (Großfrüchtige Moosbeere, Vaccinium macrocarpon) enthaltenen Proanthocyanidine haben antioxidative Eigenschaften und sollen in vitro die Anheftung von Bakterien an den Schleimhäuten der ableitenden Harnwege hemmen. Ältere Studien lassen eine prophylaktische Wirkung vermuten, doch nach aktuellen Untersuchungen ist kein Vorteil zu Placebo nachweisbar [6]. Die Präparate sind als Nahrungsergänzungsmittel im Handel und enthalten meist weitere immunstärkende oder antioxidative Inhaltsstoffe. Beispiele sind Cystorenal® Cranberry plus Kapseln und Cranberola® Kapseln.

Literatur

[1] Bjerrum L, Lindbæk M. Which treatment strategy for women with symptoms of urinary tract infection? BMJ 2015;351:h6888

[2] Fachinformationen der genannten Fertigarzneimittel

[3] Gágyor I, Bleidorn J, Kochen MG et al. Ibuprofen versus fosfomycin for uncomplicated lower urinary tract infection in women: randomised controlled trial. BMJ 2015;351:h6544

[4] Goos K-H et al. Wirksamkeit und Verträglichkeit eines pflanzlichen Arzneimittels mit Kapuzinerkressenkraut und Meerrettich bei akuter Sinusitis, akuter Bronchitis und akuter Blasenentzündung im Vergleich zu anderen Therapien unter den Bedingungen der täglichen Praxis. Arzneim-Forsch/Drug Res 2006;56:249-257

[5] HMPC-Monografien. www.ema.europa.eu – Find medicine – herbal medicines

[6] Jepson RG, Williams G, Craig JC. Cranberrries für preventing urinary tract infections. Cochrane Database Syst Rev 2012;10:CD001321

[7] Brennen beim Wasserlassen, S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Kurz- und Langfassung, Stand April 2009; zur Zeit in Überprüfung, Fertigstellung ­geplant zum 31. Dezember 2016

[8] Harnwegsinfektionen. Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und ­Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten, S3-Leitlinie AWMF-Register-Nr. 043/044, hrsg. von der Deutschen Gesellschaft für Urologie et al. Kurz- und Langfassung, Stand 1. Juni 2010; zur Zeit in Überprüfung, Fertigstellung geplant zum 31. Dezember 2016

[9] Schilcher H, Kammerer S, Wegener T. Leitfaden Phytotherapie, hrsg. von H Schilcher, München 2016

[10] Siegers C Bodinet C et al. Bacterial deconjugation of Arbutin by Escherichia coli. Phytomedicine 2013;10(4):58-60

Autorin

Dr. Karin Krämer studierte in München Pharmazie. Während und nach der Promotion in Medizingeschichte arbeitete sie in einer öffentlichen Apotheke. Sie unterrichtet an der Berufsfachschule für Pharmazeutisch-technische Assistenten in München Arzneimittelkunde, Botanik und Drogenkunde, Chemie und Gefahrstoffkunde.

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1 Kommentar

Blasenentzündung, chronische Blasenentzündung und auch immer wiederkehrende Blasenentzündungen

von W. Morscheck am 25.03.2018 um 10:37 Uhr

Rein biologisch ist das Beste was mit in meiner Leidenszeit wiederfahren ist, hilft sogar nach zigfachen Blasenspiegelungen ohne jedwede Antibiotika- Einnahme ist D- Mannose.
D-Mannose ist eine Zuckerart, die mit Glucose verwandt ist, aber im Körper kaum verstoffwechselt wird. D-Mannose wird stattdessen mit dem Urin ausgeschieden. Auf ihrem Weg durch die Blase bindet die D-Mannose jene Bakterien an sich, die Harnwegsinfekte und Blasenentzündungen verursachen. Die lästigen Bakterien verschwinden jetzt – gebunden an die D-Mannose – mit dem Urin in der Toilette. D-Mannose bietet sich nicht nur als Therapiekomponente bei Harnwegsinfekten an, sondern auch als Methode zur Prävention von immer wiederkehrenden Blasenentzündungen (nach permanenten Blasenspiegelungen wg. Blasenkrebs und einhegehend bei chonischer Blasenentzündung) – natürlich ohne Nebenwirkungen. Ist nicht gerade billig (auch im Net zu kaufen) aber immer wieder zu verwenden, ein Löffel in einem Glas Wasser aufgelöst reicht oft schon aus um alle Bakterien loszuwerden.
Ich wünsche Euch allen eine baldige Genesung.
W.M.

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