Bayerischer Apothekertag

"Verdammt guter Job" erfordert fairen Lohn

Apotheker im Gespräch mit Politik, Ärzteschaft, Hochschule

Der Apotheker ist in einer immer älter werdenden Gesellschaft als Heilberufler, Medikations- und Präventionsmanager unverzichtbar – und er braucht zur Erfüllung seiner wichtigen Aufgaben nicht nur eine zeitgemäße Ausbildung, sondern auch eine adäquate Entlohnung. Über diese Eckpunkte gab es bei der politischen Podiumsdiskussion anlässlich der Eröffnung des Bayerischen Apothekertags keine Kontroversen. Temporeich und herausfordernd von den Chefredakteuren Peter Ditzel (DAZ) sowie Daniel Rücker (PZ) moderiert, entwickelte sich in der Diskussionsrunde ein facettenreiches Stimmungsbild zu aktuellen Themen innerhalb der Pharmazie.

Dr. Marcel Huber, Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, sieht den Apotheker der Zukunft nicht nur als Berater der zahlenmäßig noch zunehmenden chronisch Kranken, sondern auch als Präventionsberater, der sich um den ganzen Menschen kümmert. Dabei müsse der Apotheker von seiner Kernleistung, der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, auch leben müssen, betonte Huber. Zusätzliche Dienstleistungen könnten für den Apotheker zwar attraktive Standbeine sein, seien aber aus seiner Sicht nur "Beiwerk" und dürften nicht dazu dienen, die Arzneimittelversorgung querzufinanzieren. Huber bezeichnete die flächendeckende Arzneimittelversorgung vor allem auch im ländlichen Raum als "hohes Gut", das zu erhalten sei. Aus diesem Grunde plädiert er für eine Pauschalvergütung des Nachtdienstes, wie sie zurzeit in der Diskussion sei. Allerdings betonte Huber, dass die Honorierung des Apothekers nicht in seiner Hand als bayerischer Staatsminister liege. Trotzdem kämpfe er weiter – für eine angemessene Entlohnung der Apotheker.

Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident der Universität Frankfurt und pharmazeutischer Chemiker, sprach sich dafür aus, das Lehrfach Klinische Pharmazie an den Universitäten konsequent auszubauen und mit Leben zu erfüllen. Auf dem wichtigen Gebiet der Prävention sieht Schubert-Zsilavecz genug Platz sowohl für Apotheker als auch für Ärzte – hier haben seiner Ansicht nach beide Berufsgruppen gute Zukunftschancen. Sowohl Pharmazeuten als auch Mediziner sollten sich idealerweise schon im Studium näherkommen und gegenseitigen Respekt sowie Vertrauen aufbauen, von denen später der Patient profitieren werde – eine Forderung, die auch Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Ärztekammer unterstützte: "Gemeinsame Vorlesungen, vor allem im Bereich der Arzneimitteltherapie, können die spätere Kooperation der beiden Berufsgruppen vorbereiten." Insgesamt müsse die Ausbildung kommunikativer Fähigkeiten forciert werden, sagte Kaplan, da gebe es auch bei den Ärzten viele Defizite. Schubert-Zsilavecz sieht bei diesen "soft-skills" ebenfalls Nachholbedarf, verweist aber auf das praktische Jahr, in dem Kommunikationstechniken gelernt werden müssten. Doch auch in der Hochschule sollten alle Chancen genutzt werden, sagte er.

Pro inhabergeführte Apotheke Es diskutierten (v.l.) Daniel Rücker, Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Thomas Benkert, Dr. Marcel Huber, Dr. Hans-Peter Hubmann, Dr. Max Kaplan, Peter Ditzel.
Foto: Mueller

Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Apothekerkammer, sieht den Apotheker der Zukunft eindeutig als Medikations- und Präventionsmanager. Die Apotheke sei niederschwellig für alle Personen zu erreichen, schon jetzt sei der Apotheker vertrauenswürdiger erster Ansprechpartner für viele gesundheitliche Probleme. Das Medikationsmanagement werde immer mehr an Bedeutung gewinnen, schon allein deshalb, weil chronisch Kranke und alte Patienten möglichst lange zu Hause bleiben und nicht im Heim leben möchten. Hier könne der Apotheker wertvolle Hilfe leisten. Auf die Frage, ob der Berufsstand noch mehr Öffentlichkeitsarbeit brauche, sagte Benkert: "Womit werben? Die Kollegen machen einen verdammt guten Job, die Bevölkerung bringt der Apotheke großes Vertrauen entgegen."

Dr. Hans-Peter Hubmann, der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, hält die Apotheker derzeit schon für gut gerüstet für neue Versorgungsmodelle, die dem Patienten nützen. Vor allem die Betreuung von Patienten mit Polymedikation müsse vorangetrieben werden, sagte Hubmann. Ganz wichtig sei für ihn, dass alle neuen Modelle die inhabergeführte Präsenz- und Individualapotheke zur Voraussetzung haben.

Ärztekammerpräsident Kaplan kam nicht umhin, seine Position zum ABDA-KBV-Modell zu erklären. "Die bayerischen Ärzte haben das Modell abgelehnt", sagte Kaplan, betonte aber, dass man die Inhalte, also eine Kooperation von Arzt und Apotheker zum Nutzen des Patienten, grundsätzlich unterstütze. Speziell beim ABDA-KBV-Modell befürchten die Ärzte jedoch Gefahren für ihre Therapiefreiheit. Die vorgesehene Wirkstoffverordnung bereite Probleme und stelle einen Eingriff ins Arzt-Patienten-Verhältnis dar, von dem nur die Kostenträger profitieren würden. Es gebe zu viele Arzneistoffe, bei denen ein Austausch aus therapeutischer Sicht abzulehnen sei. Ehrlicherweise räumte Kaplan ein, dass dieselbe Kritik auch die derzeit gültigen Rabattverträge betreffe.

Benkert stellte dagegen, dass die große Mehrheit der Patienten ("zu 90 Prozent") inzwischen an den Austausch ihrer Arzneimittel gewöhnt sei. Problemarzneistoffe, wie z.B. Schilddrüsenpräparate oder Antiepileptika, stellen eher die Ausnahme dar und seien selbstverständlich mit besonderer Sensibilität zu behandeln. Doch die "Spielwiese" der eher unproblematischen Arzneistoffe sei ausreichend groß, um wie vorgesehen im ABDA-KBV-Modell zum Einsatz zu kommen.

Hubmann forderte die Kolleginnen und Kollegen ergänzend auf, mit den Rabattverträgen selbstbewusster umzugehen. Seiner Ansicht nach werde das Instrument der berechtigten "pharmazeutischen Bedenken" noch nicht ausreichend genutzt.

Zur aktuellen Honorardiskussion sagte Hubmann, er erwarte einen respektvollen Umgang der Politik mit den Forderungen der Apotheker – und dass sie sich mit den Sachargumenten befasse. Eine gute Erhöhung sowohl des Honorars als auch der Notdienstgebühr sei insgesamt nötig.


rb


Außerdem auf dem Bayerischen Apothekertag …


Das Fortbildungsprogramm auf dem Bayerischen Apothekertag in Augsburg war reichhaltig. Für unseren Bericht haben wir einige Vorträge ausgewählt. Auf dem Programm standen zudem noch wirtschaftliche Themen, beispielsweise zur digitalen Betriebsprüfung, zu aktuellen Fragen aus der Gesundheitspolitik, zum Inhaberwechsel bei Apotheken, zum Thema Geldanlage und über Erfahrungen eines Filialleiters.

Kammer- und Verbandsvorstände standen den Teilnehmern an einem gemeinsamen Stand für Gespräche zur Verfügung.

Knapp 30 Aussteller präsentierten im Foyer des frisch renovierten und neu eingeweihten Kongresszentrums ihre Produkte.

Eine Apothekerdisco zum Abrocken im alten Gaswerk und ein Schwäbischer Abend mit Tanz brachten Stimmung und Geselligkeit.

Und wer Lust hatte, konnte an Stadtführungen, Besichtigungen oder einem Gang durch den botanischen Garten teilnehmen.

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