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Neuregelungen zu genetischen Untersuchungen

BERLIN (ks). Zum 1. Februar ist der Hauptteil des im vergangenen Frühjahr von der Großen Koalition beschlossenen Gendiagnostikgesetzes in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die mit der Untersuchung menschlicher genetischer Eigenschaften verbundenen möglichen Gefahren und genetische Diskriminierung zu verhindern und gleichzeitig die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den Einzelnen zu wahren.

Zu den erklärten Grundprinzipien des bereits in der vorletzten Legislaturperiode angestoßenen Gesetzes zählt das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Dazu gehören sowohl das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen als auch das Recht, diese nicht zu kennen. Mit dem Gendiagnostikgesetz werden die Bereiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen sowie die Anforderungen an eine gute genetische Untersuchungspraxis geregelt. Anders als ursprünglich von der rot-grünen Bundesregierung geplant, bleibt der Bereich der Forschung ausgespart.

Nach dem Gesetz dürfen genetische Untersuchungen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person in die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt hat. Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen müssen einen gesundheitlichen Nutzen für die untersuchte Person haben. Sie können ausnahmsweise unter strengen Voraussetzungen auch unter dem Gesichtspunkt des Nutzens für einen Familienangehörigen zugelassen werden.

Arztvorbehalt und Beratung

Zudem enthält das Gesetz einen Arztvorbehalt: Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken dürfen nur von Ärzten durchgeführt werden. Zudem gehört die genetische Beratung zu den zentralen Elementen des Gesetzes. Bei einer genetischen Untersuchung, die der Abklärung bereits bestehender Erkrankungen dient, soll der untersuchten Person eine Beratung angeboten werden. Geht es um genetische Untersuchungen, die eine Vorhersage erlauben – entweder für die Gesundheit der betroffenen Person selber oder in Bezug auf die Gesundheit eines ungeborenen Kindes – ist eine Beratung vor und nach der Untersuchung verpflichtend. Die vorgeburtliche genetische Untersuchung wird auf die Feststellung genetischer Eigenschaften beschränkt, die die Gesundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Geburt beeinträchtigen können. Verboten werden solche vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen auf spät-manifestierende Krankheiten.

Apotheken bleiben außen vor

In der Apothekerschaft waren die Regelungen zum Arztvorbehalt und zur Beratung auf Kritik gestoßen. Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) hatte sich dafür ausgesprochen, auch entsprechend qualifizierten Apothekern zu erlauben, pharmakogenetische Untersuchungen zu veranlassen sowie damit einhergehende Beratungsgespräche zu führen – stets in enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt. Soweit genetische Eigenschaften bei Betroffenen festgestellt werden, die die Wirkung von Arzneimitteln beeinflussen, könne man mit diesem Wissen den Patienten eine Optimierung der Arzneimitteltherapie ermöglichen, so die DPhG. Auch beim letzten Deutschen Apothekertag in Düsseldorf wurde ein Antrag verabschiedet, mit dem gefordert wird, Apothekern pharmakogenetische Daten zugänglich zu machen. Die Appelle blieben vom Gesetzgeber jedoch unerhört.

Arbeitgeber darf Untersuchung nicht verlangen

Das Gesetz regelt weiterhin, dass genetische Untersuchungen auf Verlangen des Arbeitgebers grundsätzlich verboten sind. Auch Versicherungsunternehmen dürfen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages grundsätzlich weder die Durchführung einer genetischen Untersuchung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Untersuchungen verlangen. Genetische Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung sind nur dann zulässig, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe untersucht werden soll, in die Untersuchung eingewilligt haben.

Kommission am RKI erstellt Richtlinien

Genaueres soll nun eine unabhängige und interdisziplinär zusammengesetzte Expertenkommission beim Robert Koch-Institut bestimmen, die sich Ende letzten Jahres konstituiert hat. Sie soll Richtlinien zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik, insbesondere zur Beurteilung genetischer Eigenschaften, zur Qualifikation von Personen zur genetischen Beratung, zu den Inhalten der Aufklärung und der genetischen Beratung, zur Durchführung von genetischen Analysen sowie an genetische Reihenuntersuchungen erstellen. Der Kommission gehören neben Sachverständigen aus den Bereichen Medizin, Biologie, Ethik und Recht auch Vertreter von Patienten-, Verbraucher- und Behindertenverbänden an.

Diagnostika-Industrie zufrieden

Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) erhofft sich durch das Gesetz weniger Misstrauen gegenüber der Gendiagnostik und eine bessere Nutzung ihrer Chancen. Das Gesetz stelle die Schutz- und Informationsbedürfnisse des Betroffenen in den Mittelpunkt und setze damit genau an der richtigen Stelle an, um Vorbehalte gegen gendiagnostische Untersuchungen abzubauen, sagte VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger.

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