Arzneimittel und Therapie

Erfolge in der Entwicklung von therapeutischen Impfstoffen

Sowohl gegen das West-Nil-Virus (WNV) als auch das Hepatitis-C-Virus (HCV) gibt es bislang keine Impfstoffe. Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig haben jetzt auf DNA-Basis einen Impfstoff gegen das West-Nil-Virus entwickelt, der auch therapeutisch, also nach Ausbruch der Krankheit, wirkt. Fast gleichzeitig gelang es einer Forschergruppe aus den USA mit einer gentechnisch veränderten Bäckerhefe die Viruslast bei Patienten mit chronischer Hepatitis C deutlich zu senken.
Foto: RKN

Bei dem jetzt von Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig entwickelten Impfstoff auf DNA-Basis werden anstelle eines ganzen Virus nur bestimmte Plasmide – kleine DNA-Moleküle des Erregers – injiziert. Sie enthalten die Erbinformation für die Antigene, gegen die der Körper Antikörper bildet. Der DNA-Impfstoff hat gegenüber "klassischen" Impfstoffen weitere Vorteile: Neben der biologischen Sicherheit ist er preiswert zu produzieren und muss nicht gekühlt werden. Vor allem aber kann er sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch eingesetzt werden. Bis Ende 2009 sollen die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen sein; mit einer Markteinführung wird dann nach einem etwa dreijährigen Zulassungsverfahren gerechnet [1].

West-Nil-Virus und West-Nil-Fieber

West-Nil-Viren (WNV) gehören zu den Flaviiridae, RNA-Viren mit einer Hülle und einer ss(+)-RNA. Sie werden durch verschiedene Stechmückenarten übertragen. Als Hauptreservoir gelten wild lebende Vögel; Infektionen treten auch bei Säugetieren (v. a. Pferde, aber auch bei Katzen) auf. Das West-Nil-Virus ist in Afrika, Israel, dem Mittleren Osten, Indien und weiten Teilen Südostasiens verbreitet. In Europa traten die ersten Infektionen in Rumänien (1996/97) und Italien (1998) auf. 1999 kam es in den USA zu ersten Erkrankungen, die sich im Sommer 2002 zu einer Epidemie entwickelten. Inzwischen sind große Teile Nordamerikas regelmäßig betroffen. Eine Einschleppung des Virus nach Deutschland (u. a. durch Zugvögel) wird nicht ausgeschlossen, und es sind bereits vereinzelte importierte Fälle bekannt geworden. Während die Infektion in etwa 80% der Fälle symptomlos verläuft, kann es bei etwa 20% der Infizierten nach ein bis sechs Tagen zu Fieber mit Myalgien oder Kopfschmerzen kommen, zum West-Nil-Fieber (WNF). Zur gleichen Zeit bekommt etwa ein Drittel der Betroffenen ein roseolenförmiges, makulopapulöses Exanthem auf Brust, Rücken oder Armen [4]. Charakteristisch ist eine systemische Lymphadenopathie. Gefährdet sind vor allem Kinder, alte und geschwächte Menschen. Einen Impfstoff gibt es bislang nicht. Mückenschutz ist die einzige Prophylaxe. Etwa jede 150. infizierte Person erkrankt schwer. Dabei kann sich in seltenen Fällen auch eine Enzephalitis entwickeln. Bei diesen Enzephalitispatienten sind Spätfolgen relativ häufig (ca. 50%); die Letalität bei Enzephalitis liegt bei 15 bis 40% und betrifft vor allem ältere Patienten.

Teilerfolg bei der Entwicklung einer HCV-Impfung

Hepatitis C ist eine Infektionskrankheit, die sehr häufig (bis zu 80%) chronisch verläuft und zu schweren Leberschädigungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs führen kann. Weltweit wird an der Entwicklung einer Impfung gegen das Hepatitis-C-Virus (HCV) gearbeitet [2], bislang konnte jedoch kein Impfstoff überzeugen. Die WHO hat die Bereitstellung einer wirksamen Vakzine als "offensichtliche Notwendigkeit" bezeichnet [3]. US-Forscher haben jetzt Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit einem speziellen Impfstoff vorgestellt. Der Impfstoff GI5005 besteht aus der gentechnisch modifizierten Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae, die gentechnisch so modifiziert wurde, dass sie bestimmte Bestandteile des Hepatitis-C-Virus exprimiert. Die Hefe wird vor der Impfung mit Hitze abgetötet und subkutan injiziert. In der Studie wurde der Impfstoff GI5005 als therapeutische Vakzine bei Patienten mit aktiver Hepatitis C (Genotyp 1) eingesetzt und es konnte die Viruslast bei einem Teil der Patienten mit chronischer Hepatitis C deutlich gesenkt werden. Alle Patienten erhielten eine Standardtherapie aus Peginterferon und Ribavirin. Die Hälfte der Patienten wurde zusätzlich mit GI5005 geimpft. Bei 8 von 28 Patienten (29%) kam es zu einer raschen Virusantwort, definiert als Abfall der HCV-RNA auf unter 25 IU/ml. Ohne Impfung wurde eine rasche Virusantwort nur von 9 von 65 Patienten (14%) erreicht. Am besten waren die Ergebnisse bei den nicht vorbehandelten Patienten (rasche Virusantwort bei 47 vs. 20%) und in der Gruppe mit der höchsten Viruslast vor Therapiebeginn von über 600.000 IU/ml (rasche Virusantwort bei 18 vs. 8%). Bei den therapieresistenten Patienten erzielte der Impfstoff allerdings keine Wirkung. Die Verträglichkeit hingegen scheint gut zu sein [4].


Hepatitis C-Virus

Hepatitis-C-Viren (HCV) sind RNA-Viren mit einer Hülle und einer ss(+)-RNA. Die Übertragung erfolgt überwiegend parenteral. Die WHO geht von weltweit etwa 170 Millionen chronischen Trägern des Hepatitis-C-Virus (3% der Weltbevölkerung) aus, darunter etwa zehn Millionen Europäer. Man schätzt, dass in Deutschland ca. 330.000 Personen mit dem Hepatitis C-Virus infiziert sind. Das entspricht ca. 0,4% der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Pro Jahr kommen etwa 5000 Neuinfektionen hinzu. Allein in den USA sind 8000 bis 10.000 Todesfälle und 1000 Lebertransplantationen auf eine HCV-Infektion zurückzuführen.


Quelle

[1] Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft, 11/2008

[2] Hepatitis C: Therapeutischer Impfstoff senkt Viruslast. www.aerzteblatt-studieren.de, 4. November 2008.

[3] WHO; Initiative for Vaccine Research; Hepatitis C.

[4] www.rki.de: Infektionskrankheiten von A-Z. Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten.


Dr. Hans-Peter Hanssen

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