Pharmazie in den USA

Der Patient im Fokus

Die Ausbildung zum Apotheker unterscheidet sich in den USA wesentlich von der in Deutschland. Wer in den Staaten Apotheker werden will, muss sich auf eine insgesamt sechs- bis achtjährige Studienzeit einstellen, an deren Ende er den Doctor of Pharmacy (PharmD) erwirbt. Außerdem muss er, wie in den USA üblich, Studiengebühren entrichten. Am College of Pharmacy an der University of Minnesota beispielsweise bezahlt er pro Jahr rund 19.000 Dollar. Wer diese Studiengebühren nicht bezahlen kann, erhält ein Darlehen, das er später zurückzahlen muss. Die Studiengebühren können sich allerdings durch Stipendien vermindern, wenn die Leistungen stimmen.

Die Ausbildung beginnt mit dem Absolvieren eines kompletten vorpharmazeutischen Kurses, der vier Semester dauert. Dieser Kurs findet in der Regel nicht an den Pharmacy Schools statt, sondern im Rahmen der "undergraduate studies" nach dem High-School-Abschluss, in der Regel an einem College. Der Abschluss eines vollständigen Bachelors (vier Jahre College) als Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums wurde 2000 abgeschafft. Dennoch empfehlen einige Universitäten diesen Abschluss und legen es den Studenten nahe. Tatsächlich hat die Mehrheit der Pharmaziestudenten in den USA vor Beginn des Studiums bereits einen Bachelor-Abschluss (z. B. in einer naturwissenschaftlichen Disziplin), Tendenz weiter steigend. Mit dem Abschluss des Bachelors erwirbt man den ersten universitären Grad, mit dem man in das Berufsleben einsteigen kann oder sich für eine weiterführende akademische Ausbildung qualifiziert. Innerhalb der Universität kann das eine "professional school" sein (Pharmacy School, Medical School, Law School) oder die "graduate school", an der man einen "Master’s degree" oder "Ph.D. degree" (Dr. rer. nat., Dr. phil. usw.) erwerben kann.


FACTS & FIGURES

Studiengebühren

Von 500 Euro pro Semester oder ähnlichen "geringen" Gebühren, wie sie von einigen deutschen Universitäten erhoben werden, kann man in den USA nur träumen. Denn dort kostet Studieren richtig Geld. Um beispielsweise am College of Pharmacy studieren zu können, muss man als Einwohner von Minneapolis in diesem Jahr eine Gebühr von derzeit 18.275 Dollar bezahlen. Kommt man aus einem anderen Staat, beträgt die Gebühr 29.663 Dollar.

Finanziert wird diese jährliche Gebühr, sofern die Eltern der Studenten nicht zahlungskräftig genug sind, durch Zuschüsse, zinsbegünstigte Darlehen und nicht zuletzt durch Jobs.



Im vorpharmazeutischen Kurs werden die Studenten an die Naturwissenschaften herangeführt und erhalten Einblick und Unterricht in verschiedene Fächer: Mathematik, Statistik, anorganische und organische Chemie mit Labortätigkeit, Physik, Biologie, Mikrobiologie, molekulare Biologie, Biochemie, Kommunikation, Psychologie oder Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Geisteswissenschaften. Diese zwei Jahre geben dem Studenten also einen umfassenden, aber sicher nicht tiefen Überblick über die unterschiedlichsten Fächer, vergleichbar eher mit einem kleinen Studium generale. Eine intensive Labortätigkeit und das Kochen von Analysen im großen Umfang stehen hier nicht auf dem Programm. Dieser Kurs muss nicht zwangsläufig an der Uni absolviert werden, an der er später Pharmazie studieren möchte.

Ist dieser Kurs beendet, sucht sich der Student eine Universität aus, die ein College of Pharmacy bietet, an dem er Pharmazie studieren möchte. Er muss in der Regel einen Zugangstest (pharmacy college admission test) machen und er wird von der Hochschule zu einem Gespräch eingeladen. Ist dies alles bestanden, kann das Pharmaziestudium (vier Jahre) beginnen.

Das PharmD-Programm

Im eigentlichen Pharmaziestudium, das sich über acht Semester erstreckt, wird der angehende Pharmazeut stärker auf die Anforderungen in der Praxis vorbereitet als es in Deutschland der Fall ist. Patientenorientierung ist hier das Schlagwort. Natürlich stehen Fächer wie Biochemie, Pharmakologie, Gesetzeskunde und Ethik, Pharmakokinetik, medizinische Biochemie, Mikrobiologie im Stundenplan, aber man findet dort auch Unterrichtseinheiten, in denen Fähigkeiten gelehrt werden, die er zur Durchführung der pharmazeutischen Betreuung benötigt, außerdem Pharmakotherapie und Therapiemanagement, Ernährung und Arzneimitteltherapie und andere.

Schon ein Blick in das Studienprogramm lässt erahnen, dass die moderne Tätigkeit des Apothekers, die pharmazeutische Betreuung, ausgerichtet auf den Patienten, im Vordergrund der Ausbildung stehen soll. So will das Ausbildungsprogramm den Studenten darauf vorbereiten, arzneimittelbezogene Probleme zu identifizieren, zu lösen und zu verhindern. Die angehenden Apothekerinnen und Apotheker sollen lernen, den Patienten so zu betreuen, dass als Ergebnis eine optimale Arzneitherapie erreicht wird, die die Lebensqualität des Patienten verbessert, heißt es dort.


AUSBILDUNG

Wie man Blutdruck misst

In Deutschland würde man darüber streiten, ob das richtige Blutdruckmessen ein Themengebiet ist, das an der Uni gelehrt werden sollte. In Minnesota ist es Bestandteil der Ausbildung angehender Apotheker. In Zweiergruppen werden die Studenten von einem Dozenten in Theorie und Praxis in Sachen Blutdruck und Blutdruckmessen unterrichtet. Sie erhalten eine theoretische Einführung, welche Bedeutung der richtige Blutdruck, welche pathologischen Veränderungen es gibt. Danach folgt die Praxis. Die Studenten tasten den Puls, erfahren, wie und wo man die Blutdruckmanschette anlegt, wie man aufpumpt und wo man das Stethoskop ansetzt. Zum Einsatz kommt kein vollautomatisches Messgerät, wie es die Patienten im Heimgebrauch benutzen. Die Studenten lernen vielmehr, wie man präzise und individuell mit einem manuellen Blutdruckmessgerät umgeht und mmHg-Werte richtig abliest. In dieser Genauigkeit und Ausführlichkeit habe ich bisher noch keine Unterrichtsstunde in Sachen Blutdruckmessung erlebt.


Als praktische Komponente wird im Rahmen des PharmD-Programms im letzten Jahr der Ausbildung eine Art "Erfahrungsprogramm" angeboten, dessen Ziel es ist, dem Studenten vertiefte Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, mit denen er die pharmazeutische Betreuung noch besser einsetzen kann. Solche Praktika können in einer öffentlichen Apotheke, aber auch in einer Krankenhausapotheke absolviert werden. Darüber hinaus bietet beispielsweise die University of Minnesota ein Online-Weiterbildungsprogramm für Apotheker und Assistenten an.

Ein Programm zur ambulanten Betreuung von Patienten wird ebenfalls von der Universität angeboten. Dieses Programm will diejenigen Pharmazeuten, die sich verstärkt in der pharmazeutischen Betreuung engagieren wollen, schulen, insbesondere wenn es das Ziel ist, Verantwortung für das Ergebnis einer Arzneimitteltherapie zu übernehmen.

Ein Post-PharmD-Fellowship-Programm wendet sich an diejenigen, die sich eher in Richtung Forschung spezialisieren wollen. Wer an einem Fellowship-Programm teilnimmt, verbringt mehr als 75 Prozent seiner Zeit mit Forschungsaktivitäten.

Einen Ph.D. (Dr. rer. nat.) zu erwerben, erfordert in der Regel weitere vier Jahre Forschung und Ausbildung an der "graduate school" einer amerikanischen Universität. Einige Universitäten bieten aber auch kombinierte und daher zeitlich etwas verkürzte PharmD/PhD-Programme an.

FACTS & FIGURES

Die Ausbildung zum Apotheker

2 bis 4 Jahre Vorstudium, gegebenenfalls ein Bachelor-Abschluss an einem College oder einer Universität

4 Jahre Studium an einem College of Pharmacy mit internen und externen Praktika, Abschluss mit dem PharmD.

Um als Apotheker arbeiten zu können, benötigt man eine Lizenz. Man erhält diese Lizenz, wenn man das PharmD-Programm erfolgreich beendet hat und die "North American Pharmacist Licensure Examination (NAPLEX) bestanden hat. Die Lizenz wird ausschließlich für den Staat erteilt, in dem sie erworben wird. Wer als Apotheker in einem anderen Bundesstaat der USA arbeiten möchte, benötigt folglich eine neuen Lizenz.

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