Arzneimittel und Therapie

Langzeiteffekte mit D-Glucosaminsulfat

Gestiegene Lebenserwartungen und Änderungen in der Lebensführung wie Übergewicht oder das Ausüben bestimmter Sportarten tragen zu einer steigenden Arthroseinzidenz bei. Der Arthrose liegen pathologische Veränderungen zu Grunde, bei denen anabole und katabole Prozesse des Knorpelstoffwechsels im Ungleichgewicht stehen. Ein Therapieansatz zielt darauf ab, die Stoffwechselstörung im Knorpel auszugleichen.

Bei der Arthrose kommt es unter anderem zu einer Abnahme der Synoviaviskosität (Gelenkschmiere), die zu einer Destruktion des Kollagenfasernetzes und mechanischen Reizungen führt. Verschiedene entzündliche Prozesse und die Bildung proinflammatorischer Mediatoren verstärken katabole Vorgänge im Knorpel, was sich unter anderem in Gelenkschmerzen manifestiert. Zur symptomatischen Therapie Arthrose-bedingter Schmerzen werden nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt, die eine rasche Schmerzkontrolle ermöglichen, aber erst relativ spät in die pathophysiologischen Vorgänge eingreifen. Ein anderer therapeutischer Ansatz zielt auf eine Regulation zwischen Knorpelabbau und Knorpelaufbau mit Hilfe von D-Glucosaminsulfat ab.

Krankheitsmodifizierende Aktivität von D-Glucosaminsulfat

D-Glucosaminsulfat ist ein Schwefelsäuresalz des Aminosaccharids D-Glucosamin. Letzteres wird für die Biosynthese von Glykosaminoglykanen benötigt, die wiederum für den Knorpelaufbau gebraucht werden. D-Glucosaminsulfat stimuliert anabole Prozesse im Knorpel und verbessert die Synoviaviskosität. Zugleich hemmt es katabole Vorgänge. Durch die Inhibierung des Transkriptionsfaktors NF-kappa B wird letztlich die Synthese proinflammatorischer Mediatoren gebremst. Im Gegensatz zu klassischen Antirheumatika unterdrückt also D-Glucosaminsulfat Cyclooxygenase(COX)-unabhängig entzündliche Prozesse im Knorpel. Während bei COX-Inhibitoren mit einem raschen Wirkungseintritt und den typischen unerwünschten Wirkungen zu rechnen ist, setzt die Wirkung von D-Glucosaminsulfat eher langsam ein, hält aber lange an.

Langzeiteffekte von D-Glucosaminsulfat

Für D-Glucosaminsulfat, das seit über 35 Jahren im Handel ist, liegen über 30 kontrollierte und nicht kontrollierte Studien sowie einige Anwendungsbeobachtungen vor. Von besonderem Interesse sind zwei prospektive, randomisierte, doppelblinde Langzeitstudien mit mehr als 400 Teilnehmern, die 2001 bzw. 2002 begonnen wurden, und deren Follow-up-Daten nun vorliegen. In beiden Studien, in denen die Teilnehmer der Verum-Gruppen während drei Jahren täglich 1500 mg D-Glucosaminsulfat eingenommen hatten zeigte sich eine geringere Gelenkspaltverengung als in der Vergleichsgruppe, was auf eine Hemmung der Krankheitsprogression hinweist.

Zusätzlich konnte in beiden Studien eine Verbesserung klinischer Symptome mit Hilfe des WOMAC-Scores (= Western Ontario and McMaster Universities-Arthrose-Index, ein Score zur Bewertung von Schmerzen, Steifheit und Funktionsfähigkeit der Gelenke) festgestellt werden. Dieser Benefit hielt auch nach Absetzen der Therapie an, was aus den Follow-up-Studien hervorgeht. Beide Studien zeigen, dass die Notwendigkeit, ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk einzusetzen, durch die Einnahme von D-Glucosaminsulfat deutlich reduziert wurde. In der ersten Folgestudie war bei 16% der mit einem Plazebo und bei 4% der mit D-Glucosaminsulfat behandelten Patienten der Einsatz eines künstlichen Kniegelenks erforderlich geworden. Eine ähnliche Risikoreduktion zeigte sich, wenn man die Notwendigkeit eines neuen Knie- und Hüftgelenks betrachtet: 19% der Plazebogruppe benötigten ein neues Knie- oder ein neues Hüftgelenk, in der Verumgruppe waren es 7% der Patienten, was einer bis zu 73%igen Risikoreduktion entspricht. Bei der zweiten Folgestudie war die Risikoreduktion nicht so stark ausgeprägt: 17 Patienten der Plazebo-Gruppe und neun der Verum-Gruppe benötigten ein künstliches Gelenk, was einer knapp 50%igen Risikoreduktion entspricht.

Intervalltherapie mit D-Glucosaminsulfat

In einer Anwendungsbeobachtung wurde die intermittierende Langzeittherapie der Gonarthrose prospektiv bei knapp 1300 Patienten im Alter von zehn bis 89 Jahren an beinahe 300 Prüfzentren in Deutschland dokumentiert. Bei allen Patienten bestand die Erkrankung seit rund fünf Jahren. Sie erhielten einen dreimaligen Therapiezyklus (ein Zyklus dauerte sechs Wochen, gefolgt von einer dreiwöchigen Pause) mit D-Glucosaminsulfat in unterschiedlicher Dosierung. Zur Beurteilung der Wirksamkeit wurde der LEQUESNE-Kniegelenk-Index und der WOMAC-Score eingesetzt. Mit fortschreitender Behandlungsdauer besserte sich die klinische Symptomatik kontinuierlich. Nach sechs Wochen war bei 58% der Patienten und nach neun Wochen bei knapp 74% der Patienten eine Besserung eingetreten, die bei einer täglichen Dosis von 1500 mg D-Glucosaminsulfat am deutlichsten ausgeprägt war. Die Therapie wurde gut vertragen, 2% der Studienteilnehmer erlitten gastrointestinale Nebenwirkungen oder Hautreaktionen. Kommentatoren dieser Anwendungsbeobachtung heben die gute Wirksamkeit bei relativ spätem Therapiebeginn – die Erstdiagnose der Kniearthrose lag im Schnitt bereits fünf Jahre zurück – hervor.

Dr. Petra Jungmayr

Quelle
Prof. Dr. Holm Häntzschel, Leipzig; Dr. Thomas Kausch, Bad Neuenahr; Dr. Ulrich Marx, Stuttgart: Pressekonferenz „Dona® – Von der Schmerzlinderung zum Erhalt der Knorpelsubstanz – Hohe Standards in der Arthrose-Therapie“, 10. Juni 2005, Baden bei Wien, veranstaltet von der Opfermann Arzneimittel GmbH, Wiehl.

Wirkungen von D-Glucosaminsulfat

Stimulation anaboler Prozesse im Knorpel

  • Steigerung der Proteoglykansynthese in humanen Chondrozyten
  • vermehrter Einbau von Prolin und Sulfat in die Knorpelmatrix
  • Erhöhung der Adhäsion von Chondrozyten an Fibronektin

Hemmung kataboler Vorgänge im Knorpel

  • Hemmung der Peroxidbildung
  • Aktivitätsminderung lysosomaler Enzyme
  • Verminderung der Aktivitäten von Kollagenase und Phospholipase A
  • Reduktion der durch IL-1 und TNF-alpha induzierten NO-Freisetzung
  • Inhibierung des Transkriptionsfaktors NF-kappa B

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