Arzneimittel und Therapie

Langzeittherapie hemmt Knorpelabbau

Durch eine langfristige Einnahme von D-Glucosaminsulfat kann das Risiko, ein künstliches Gelenk einsetzen zu müssen, deutlich verringert werden. Dieser Benefit bleibt auch fünf Jahre nach Therapieende bestehen. So das Fazit einer fünfjährigen Follow-up-Studie.

Rund 6% der Bevölkerung in Deutschland sind von einer Osteoarthritis (Synonyme Osteoarthrose, degenerative Gelenkerkrankung, Arthrosis deformans) betroffen. Am Anfang der Erkrankung steht ein erhöhter Knorpelmetabolismus mit gesteigerter Proteoglykan- und Kollagenproduktion und dem Aufbau eines minderwertigen Ersatzknorpels. Später nehmen Zellgehalt und Dicke des Gelenkknorpels ab, was als Gelenkspaltverengung im Röntgenbild sichtbar wird. Schließlich verändert sich auch der subchondrale Knochen.

Es kommt zu einer Knochenverdichtung, Zystenbildung und am Gelenkrand zu osteophytären Randwülsten. Zur Therapie einer Osteoarthritis werden neben Analgetika so genannte Chondroprotektiva oder strukturmodifizierende Wirkstoffe eingesetzt. Zu den letzteren zählt D-Glucosaminsulfat, ein Schwefelsäuresalz des Aminosaccharids D-Glucosamin, das in vielen Ländern als Arthrosemittel eingesetzt wird.

Ausgangsstudien

Anfang 2001 wurde eine prospektive, randomisierte, doppelblinde Langzeitstudie mit D-Glucosaminsulfat (Dona® 200-S) zur Behandlung der Kniearthrose veröffentlicht. An der Studie hatten 212 Patienten teilgenommen, die an einer geringen bis mäßig ausgeprägten Gonarthrose litten. Ein Teil der Studienteilnehmer erhielt während drei Jahren täglich dreimal 1500 mg D-Glucosaminsulfat, der andere Teil der Probanden ein Plazebo. In der Verum-Gruppe zeigte sich eine geringere Gelenkspaltverengung als in der Vergleichsgruppe, was auf eine Hemmung der Krankheitsprogression hinweist.

Ein Jahr später wurde eine weitere Studie mit ähnlichem Studiendesign und 202 Probanden publiziert, die zu ähnlichen Ergebnissen führte. Eine Verbesserung der klinischen Symptome wurde in beiden Studien mithilfe des WOMAC-Scores (Western Ontario and McMaster Universities-Arthrose-Index, der Schmerzen, Steifheit und Funktionsfähigkeit des Gelenkes bewertet) festgestellt.

Follow-up-Studien

In zwei mehrjährigen Studien konnte also gezeigt werden, dass D-Glucosaminsulfat in den pathologischen Arthroseprozess eingreift und den weiteren Knorpelabbau hemmt. Interessant ist nun, wie lange dieser Benefit anhält. Dieser Frage gingen zwei Follow-up-Studien nach, in die Patienten eingeschlossen wurden, die langfristig (zwischen einem Jahr und drei Jahren) D-Glucosaminsulfat eingenommen hatten und Patienten unter einer Plazebo-Therapie.

Fünf Jahre nach Absetzen der Therapie wurden unter anderem die Notwendigkeit für den Einsatz eines künstlichen Gelenks, die Verengung des Gelenkspaltes, die Lebensqualität und pharmakoökonomische Aspekte ermittelt. In der ersten Folgestudie war bei 11 (16,4%) der mit einem Plazebo und bei 3 (4,3%) der mit D-Glucosaminsulfat behandelten Patienten der Einsatz eines künstlichen Kniegelenks erforderlich geworden. Das bedeutet, eine Therapie mit D-Glucosaminsulfat während mindestens zwölf Monaten reduziert das Risiko eines späteren Eingriffs um 73%.

Eine ähnliche Risikoreduktion zeigte sich, wenn man die Notwendigkeit eines neuen Knie- und Hüftgelenks betrachtet: 13 Patienten der Plazebo-Gruppe benötigten ein neues Knie- oder ein neues Hüftgelenk, in der Verum-Gruppe waren es fünf Patienten, was einer 63%igen Risikoreduktion entspricht. Bei der zweiten Folgestudie war die Risikoreduktion nicht so stark ausgeprägt: 17 Patienten der Plazebo-Gruppe und neun der Verum-Gruppe benötigten ein künstliches Gelenk (relative Risikoreduktion um 48%).

Ein weiterer Studienendpunkt war die radiologisch ermittelte Verengung des Gelenkspalts und dessen prognostische Bedeutung. Unter der D-Glucosaminsulfat-Therapie wurde die Verengung des Gelenkspalts um 50 bis 60% gehemmt. Je breiter der Gelenkspalt ist, umso geringer ist das Risiko eines späteren Gelenkersatzes. Das Ausmaß der Verengung ist ein Prädiktor für einen erforderlichen Gelenkersatz. Patienten mit mehr als 0,5 mm Verengung haben ein dreifach erhöhtes Risiko für einen zukünftigen Gelenkersatz.

In einer Folgestudie wurden ferner Lebensqualität und Kosten ermittelt. Dabei zeigten die mit D-Glucosaminsulfat behandelten Patienten eine höhere Lebensqualität als die mit Plazebo therapierten. Auch unter pharmakoökonomischen Gesichtspunkten erwies sich die Verum-Therapie günstiger als die Plazebo-Gabe.

Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

 

Quelle
Pavelka, K.: Prevention of surgical joint replacement in the long-term follow-up of recent disease-modifying drug trials in osteoarthritis. Vortrag gehalten anlässlich des Rottapharm-Symposiums „Long-term, clinically relevant outcomes as the ideal target for disease-modifying drugs in os- teoarthritis“; Rom, 18. März 2005, veran- staltet von der Opfermann Arzneimittel GmbH, Wiehl.

Wirkungen von D-Glucosaminsulfat

Für D-Glucosaminsulfat konnten in vitro- und/oder in vivo folgende Effekte gezeigt werden. D-Glucosaminsulfat

  • wirkt auf den Metabolismus der Knorpelzelle und hemmt u. a. die Aktivitäten von Kollagenase und Phospholipase A,
  • reduziert die durch IL-1 und TNF-alpha induzierte NO-Freisetzung, vermindert die Aktivität lysosomaler Enzyme sowie die Bildung von Peroxiden (hemmt also schädigende Stoffwechselprozesse),
  • hemmt den Transkriptionsfaktor NF-kappa B und damit den Knorpelmatrixabbau durch Metalloproteasen, die normalerweise von NF-kappa B aktiviert werden,
  • vermindert im Tierversuch die Expression von MMP-3 (Matrixmetalloproteinase-3),
  • weist leichte anti-inflammatorische Effekte auf und
  • zeigt experimentell und klinisch symptom- und strukturmodifizierende therapeutische Wirkungen.

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