Arzneimittel und Therapie

Körpereigener Salzspeicher: Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Blutdruck üb

Entgegen der gängigen Lehrmeinung verfügt der Organismus offenbar über einen körpereigenen Salzspeicher, in dem er bei überschüssiger Salzaufnahme Natrium ohne Flüssigkeitsretention speichern kann. Diese neuen Befunde unterstreichen die Tatsache, dass die Zusammenhänge zwischen Salzverzehr und Bluthochdruck bei Gesunden wie auch bei nicht salzsensitiven Hypertonikern bislang noch deutlich überschätzt werden.

Die Entdeckung des endogenen Salzspeichers geht auf Beobachtungen bei Astronauten zurück: Ihr Kreislauf wird im All instabil, was vor allem durch eine Reduktion des Plasmavolumens im Weltall bedingt ist. Da bisher angenommen wurde, dass der Körper auf eine erhöhte Salzzufuhr mit dem Einlagern von Flüssigkeit reagiert, sollte man dem Rückgang des Plasmavolumens bei Astronauten durch eine prophylaktisch erhöhte Salzaufnahme begegnen können.

Erstaunliche Beobachtungen bei Astronauten

Doch alle Versuche in dieser Richtung schlugen zum Erstaunen der Wissenschaftler fehl: Auch durch eine salzreiche Kost ließen sich die Flüssigkeitsverluste bei Astronauten nicht kompensieren, obwohl Urinproben belegten, dass deutliche Mengen an Salz aufgenommen worden waren. Zu einer Flüssigkeitsretention hatte dies jedoch nicht geführt.

Diesem erstaunlichen Befund wurde in den Forschungslabors des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz durch akribische Untersuchungen bei freiwilligen Probanden weiter nachgegangen. Dabei wurde die von den Probanden aufgenommene und die über den Urin sowie über die Haut abgegebene Salz- und Flüssigkeitsmenge genauestens kontrolliert und das bei normal gesalzener und bei sehr salzreicher Kost.

Es zeigte sich, dass unter der gewohnten Salzzufuhr eine offensichtlich ausgewogene Bilanz besteht, während bei höherer Kochsalzbelastung Natrium eingelagert wird.

Osmotisch inaktive Natriumspeicherung

Dem aber stand keine Einlagerung von Flüssigkeit entgegen, obwohl theoretisch eine Retention von bis zu 12 Litern Wasser zu erwarten gewesen wäre. Die Befunde lassen sich nur dadurch erklären, dass der Mensch einen Salzspeicher besitzt, in dem Natrium osmotisch inaktiv gespeichert werden kann.

Die neuen Daten bestätigen Beobachtungen in Tierversuchen, wonach Ratten zum Teil erhebliche Mengen an Natrium in der Haut und in geringerem Ausmaß auch im Knochen speichern können. Das Natrium wird dabei an Glukosaminoglykane gebunden, welche unter hoher Kochsalzzufuhr vermehrt exprimiert werden.

Salzarme Kost hat kaum Einfluss auf den Blutdruck

Die Entdeckung eines osmotisch inaktiven Salzspeichers dürfte einen vorläufigen Schlusspunkt unter die Endlos-Debatte um die Zusammenhänge zwischen Salzverzehr und Blutdruck sowie die Entwicklung eines Bluthochdrucks setzen. So war immer wieder eine salzarme Kost propagiert worden in der Vorstellung, durch die zwangsläufige Wasserretention und die damit verbundene Volumenbelastung den Blutdruck in die Höhe zu treiben.

In kontrollierten Studien war bislang aber nicht eindeutig zu sichern, dass tatsächlich eine solche Beziehung besteht. Vielmehr deuteten alle aktuellen Untersuchungen und Metaanalysen der vorliegenden Daten an, dass die Zusammenhänge nur marginal sind und dass lediglich bei salzsensitiven Hypertonikern eine klare Beziehung zwischen Salzverzehr und Blutdruckhöhe besteht.

Bei Gesunden wie auch bei nicht salzsensitiven Hypertonikern wird der Blutdruck jedoch unabhängig vom Salzverzehr reguliert und selbst durch streng salzarme Kost ist den Studien zufolge eine nennenswerte Absenkung des Blutdrucks nicht zu erzielen. Die Entdeckung des körpereigenen Salzspeichers erklärt diese Befunde und sie kann ebenso erklären, warum etwa ein Drittel der Menschen salzsensitiv reagieren, zwei Drittel dagegen nicht.

So scheint den salzsensitiven Personen der endogene Salzspeicher zu fehlen. Er hat sich wahrscheinlich im Rahmen der Evolution entwickelt, um in salzarmen Zeiten, wie sie früher häufig anstanden, einen gewissen "Notnagel" zu besitzen. Salzsensitive Personen scheinen diese Möglichkeit der Salzkonservierung für "Nottage" nicht mehr zu haben.

Quelle

Dr. Martina Heer, Köln; Prof. Dr. Karl-Ludwig Resch, Bad Elster: Pressekonferenz im Rahmen der 70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung, 16. April 2004, Mannheim.

Entgegen der gängigen Lehrmeinung verfügt der Organismus offenbar über einen körpereigenen Salzspeicher, in dem er bei überschüssiger Salzaufnahme Natrium ohne Flüssigkeitsretention speichern kann. Diese neuen Befunde unterstreichen die Tatsache, dass die Zusammenhänge zwischen Salzverzehr und Bluthochdruck bei Gesunden wie auch bei nicht salzsensitiven Hypertonikern bislang noch deutlich überschätzt werden.

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