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Neuer Arbeitsentwurf zum GMG: Wie das Ministerium die Arzneimittelversorgung ver

BERLIN (ks). In den vergangenen Tagen wurde der Arbeitsentwurf zum Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz (GMG) immer wieder ergänzt, geändert und vervollständigt. Am Nachmittag des 9. Mai stand ein 371-seitiger, mit der Leitung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung abgestimmter, Entwurf. Was die für Apotheken relevanten Themen Arzneimittelversandhandel und Mehrbesitz betrifft, so enthält dieser gegenüber dem Ende Februar bekannt gewordenen Rohentwurf keine Überraschungen Ų die Verbote (Mehrbesitz, Versandhandel) sollen wie geplant fallen. Eine Reihe sonstiger Vorschriften aus dem Arzneimittelbereich fanden allerdings jetzt erst Eingang in den neuen GMG-Entwurf bzw. wurden konkretisiert. Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf Neuerungen im Arzneimittelbereich. Erläutert werden vor allem Abweichungen zwischen dem neuen Arbeitsentwurf und dem Rohentwurf vom Februar. Letzterer wurde in DAZ 2003, Nr. 9, S. 16ff. ausführlich behandelt. Unberücksichtigt bleiben zunächst die vorgesehenen Änderungen abseits des Arzneimittelsektors.

Versandhandels- und Mehrbesitzverbot fallen

Die Änderungen im Arzneimittelgesetz, die künftig den Versandhandel mit Arzneimitteln ermöglichen sollen, sind im wesentlichen gleich geblieben: Unter bestimmten, recht detailliert geregelten Voraussetzungen und mit einer behördlichen Erlaubnis sollen Medikamente künftig auch im Wege des Versands in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Neu hinzugekommen ist lediglich ein Absatz, der eine in einem EU-Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis zum Versand einer hierzulande erteilten Erlaubnis gleichsetzt, wenn die Anforderungen gleichwertig sind. Ansonsten finden sich lediglich kleinere Erweiterungen – etwa in Bezug auf die Ausstattung der Betriebsräume beim Versandhandel in der Apothekenbetriebsordnung.

Die Regelungen zur Lockerung des Mehrbesitzverbots waren im GMG-Rohentwurf offenbar ebenfalls schon durchdacht. Hier finden sich im jetzt vorliegenden Arbeitsentwurf keine Änderungen mehr. Das heißt, künftig soll ein Apotheker auf Antrag die Erlaubnis erhalten, maximal fünf Apotheken zu betreiben, wenn diese zudem nicht mehr als ein Drittel aller öffentlichen Apotheken in einer Gemeinde ausmachen. Das Fremdbesitzverbot soll hingegen gewahrt bleiben.

GKV-Ausschluss von OTC-Präparaten

Als neue Regelung findet sich im GMG der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in § 34 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Ausgenommen sind Arzneimittel, die für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr verordnet werden sowie homöopathische und anthroposophische Arzneimittel ohne zugelassenes Anwendungsgebiet.

Die Vertragsärzte können außerdem OTC-Präparate ausnahmsweise und mit einer Begründung im Einzelfall verordnen, soweit dies der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Rahmen der Arzneimittel-Richtlinien vorgesehen hat. Dies gilt insbesondere, wenn diese Arzneimittel zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung medizinisch notwendig sind.

Der GKV-Ausschluss für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ist der Begründung des GMG-Entwurfs zufolge gerechtfertigt, weil diese Präparate auch heute schon zum Großteil ohne Rezept abgegeben würden. Durchschnittlich liege ihr Preis bei weniger als 11 Euro pro Packung, sodass ihre Herausnahme aus der Leistungspflicht der GKV für den einzelnen Versicherten sozial verträglich sei.

Infolge des Wegfalls der Erstattungsfähigkeit von OTC-Präparaten wird der schon jetzt bestehende indikationsbezogene Ausschluss von Arzneimitteln auf verschreibungspflichtige Präparate beschränkt. Zudem soll in diesen Fällen künftig nicht mehr die Altersgrenze von 18 Jahren, sondern 13 Jahren gelten.

Festbeträge für patentgeschützte Arzneimittel

Was schon zum 1. Januar dieses Jahres geplant war, vom Bundesrat aber blockiert wurde, soll nun mit dem GMG erneut auf den Weg gebracht werden: Die Einbeziehung patentgeschützter Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere chemisch verwandten Wirkstoffen, in die Festbetragsregelung.

Dabei erfolgt die Gruppenbildung nur mit anderen patentgeschützten Arzneimitteln. Dies soll der GKV Wirtschaftlichkeitsreserven des Preiswettbewerbs zwischen patentgeschützten Präparaten der gleichen Wirkstoffklasse erschließen. Rund eine Mrd. Euro könnten so jährlich gespart werden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Darüber hinaus bleibe der Anreiz zur Entwicklung "echter" Innovationen erhalten, da für diese auch weiterhin keine Erstattungsobergrenzen gelten sollen.

Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln

Eine Änderung wurde auch bei den Empfehlungen des Deutschen Zentrums für Qualität in der Medizin zu Kosten, Nutzen und Anwendung von neuen Arzneimitteln sowie solchen Medikamenten, die in der Versorgung von erheblicher Bedeutung sind oder hohe Ausgaben verursachen, vorgenommen.

Nach dem neuen Arbeitsentwurf ist die Bewertung kein "Muss" mehr. Vielmehr "können" diese Empfehlungen jetzt erstellt werden. D. h. entgegen der vorherigen Planung ist nicht jedes neue patentgeschützte Arzneimittel zwangsläufig einer Kosten-Nutzen-Bewertung zu unterziehen.

Damit ist auch klargestellt, dass neue Arzneimittel den Patienten nicht vorenthalten bleiben, bis eine etwaige Empfehlung ausgesprochen ist. Ansonsten wurden an der bereits im Februar detailliert bekannt gewordenen Regelung – dem neu geplanten § 35b SGB V – keine Veränderungen vorgenommen.

Neues bei Importen und der Aut-idem-Preislinie

Neues findet sich hingegen wieder in § 129 SGB V, der den Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung zum Gegenstand hat. So etwa im Bereich der Import-Arzneimittel: Apotheken sollen künftig nach Maßgabe des Rahmenvertrags zwischen Spitzenverbänden der Krankenkassen und Deutschem Apotheker-Verband (bzw. bei Nicht-Einigung des Schiedsvertrags) nicht mehr lediglich "zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln" verpflichtet sein.

Der Apothekenabgabepreis des importierten Arzneimittels muss nun auch mindestens 10 Prozent und gleichzeitig mindestens zwei Euro niedriger sein als das vergleichbare inländische Präparat. Damit soll ein angemessener Preisabstand erreicht und gleichzeitig sichergestellt werden, dass durch die Abgabe von Importen zu Gunsten der Krankenkassen ein angemessenes Einsparvolumen erreicht wird.

Weiterhin sollen Bestimmungen eingeführt werden, die ein Unterlaufen der Aut-idem-Regelung verhindern sollen. Die Möglichkeiten der Umgehung der Substitution durch bloße Umstellung von Packungsgrößen, z. B. von 100 Tabletten auf 98 Tabletten, soll ausgeschlossen werden, indem die Austauschfähigkeit von Packungen innerhalb der Packungsgrößen N1, N2 und N3 gewährleistet wird.

Innerhalb einer Zuzahlungsstufe gelten Packungsgrößen als identisch. Zudem sollen bei der Festlegung des oberen Preisdrittels künftig solche Generika unberücksichtigt bleiben, deren Preisabstand zum Erstanmelder nur unwesentlich ist.

Eine Ausnahme gilt, wenn der Hersteller belegen kann, dass dieses Arzneimittel in mehr als nur geringfügigem Umfang abgesetzt wird (Anteil von mindestens zehn Prozent in den vorangegangenen vier Quartalen). Auch für Arzneimittel mit unüblichen Packungsgrößen soll es künftig eine Preisobergrenze ergeben, die sich aus den Kosten der Einzelanwendungen ergibt.

Freie Preise für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel

Die gegenüber dem Rohentwurf vorgenommenen Änderungen an der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sind marginal. Es bleibt dabei, dass vor allem die Großhandelsaufschläge erheblich gekürzt und Apothekenaufschläge im hochpreisigen Bereich ab 372,54 Euro reduziert werden. Im Gegenzug wird der mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz eingeführte dreiprozentige Großhandels-Rabatt zugunsten der GKV abgeschafft.

Ebenso laufen die gestaffelten Kassenrabatte der Apotheken aus. Statt dessen gilt wieder der fünfprozentige Rabatt. Von der AMPreisV kann allerdings durch Vereinbarungen zwischen Krankenkassen mit Apotheken abgewichen werden. So z. B. beim Arzneimittelversand und der Abgabe von Arzneimitteln in vertraglich vereinbarten Versorgungsformen.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind künftig von der AMPreisV ausgenommen – und zwar nicht nur, wenn sie im Rahmen der Selbstmedikation abgegeben, sondern auch wenn sie zu Lasten der Kostenträger verordnet werden.

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, die bisher vorgetragenen Argumente für die Preisbindung (Lagerrisiko und Kapitalbindung der Apotheke, Unzumutbarkeit von Preisvergleichen für den Patienten) ließen sich zumindest bei OTC-Präparaten nicht mehr halten. Es sei zu erwarten, dass durch die Freigabe der Preise und die Möglichkeit von Preisvereinbarungen zwischen den Kassen und den Apothekern der Wettbewerb deutlich zunehmen werde und tendenziell zu sinkenden Preisen führe (der maßgebliche Abgabepreis wird künftig zwischen Kassen und Apothekerverbänden auf Landesebene vereinbart – § 129 Abs. 5 SGB V).

Unter Bezugnahme auf den Sachverständigenrat gehe man von einer Preissenkung von 15 Prozent und Einsparungen für die Kassen von gut 500 Mio. Euro aus. Auch die Zuzahlungsregelungen sind neu gefasst. Näheres lesen Sie nachfolgend in einem gesonderten Bericht.

In den vergangenen Tagen wurde der Arbeitsentwurf zum Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz (GMG) immer wieder ergänzt, geändert und vervollständigt. Am Nachmittag des 9. Mai stand ein 371-seitiger, mit der Leitung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung abgestimmter Entwurf. Neben den für Apotheken relevanten Themen Arzneimittelversandhandel und Mehrbesitz fanden eine Reihe sonstiger Vorschriften aus dem Arzneimittelbereich Eingang in den neuen GMG-Entwurf bzw. wurden konkretisiert.

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