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Pharmaverband BPI: Bundespolitik gefährdet Pharma-Mittelstand

BERLIN (ks). Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) hat die Gesundheitspolitik der Bundesregierung erneut scharf kritisiert. Ständige Eingriffe in die Rahmenbedingungen haben die mittelständische pharmazeutische Industrie "in eine schwierige Lage manövriert", so der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener. Die BPI-Mitgliedsunternehmen beklagen vor allem den Verlust ihrer Planungs- und Kalkulationssicherheit.

Wegener verwies bei einer Pressekonferenz am 18. März in Berlin auf die Bedeutung des Pharmamittelstandes für die deutsche Wirtschaft: Die deutsche Pharmabranche bestehe zu 89 Prozent aus mittelständischen Unternehmen. Allein die BPI-Mitgliedsunternehmen beschäftigen rund 74 000 Arbeitnehmer – der Mittelstand leiste damit einen erheblichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Dennoch: 60 Prozent der in Deutschland verkauften Medikamente stammen aus dem Ausland. Und nun werde der Mittelstand mitsamt seiner Arzneimittelvielfalt durch "inakzeptable ordnungspolitische Eingriffe" gefährdet.

So richteten sich Instrumente wie Negativliste, Positivliste, Festbeträge und die neue Aut-idem-Regelung gegen den generikafähigen Markt. Dabei sei gerade dies der Bereich, "der bei verlässlichen Therapien das Gesamtgleichgewicht des Arzneimittelmarktes durch stabile Preise sichere", so Wegener.

Die Planungssicherheit werde zudem durch die "Verteufelung" der Me-too-Präparate gefährdet. Die forschende Industrie müsse fünf bis zehn Jahre im Voraus planen. Wenn nun ein Hersteller mit einer Sprunginnovation auf den Markt komme, dürfe ein ähnliches Präparat, das erst ein halbes Jahr später erhältlich sei, nicht gleich als Scheininnovation abgetan und von der Erstattungsfähigkeit ausgenommen werden. Damit sich Investitionen noch lohnen, seien konstante Rahmenbedingungen notwendig: "Wir müssen wissen, ob das, was wir heute investieren, auch morgen wieder erlangbar ist", betonte Wegener.

Neue Gesetze führen nicht zu Einsparungen

Letztlich führten die gesetzgeberischen Eingriffe dazu, dass Qualität und Sicherheit sinken, während die Kosten steigen, prognostizierte der BPI-Vorsitzende. So werden sich nach Einschätzung des Verbandes aufgrund der neuen Aut-idem-Regelung im Generikabereich Oligopole bilden, die Einsparungen verhindern.

Auch im Rahmen der nicht-generischen Substitution bei Re- und Parallelimporten komme es schon jetzt zu Marktverzerrungen. Es sei keine Ausnahme, dass der Preis eines Importarzneimittels nur etwa fünf Prozent vom Originalpräparat abweiche, erklärte Wegener. Dennoch sei der Apotheker zur Erfüllung seiner Quote gezwungen, diese Produkte abzugeben. Wegener erklärte, man müsse nun mit allen Pharmaverbänden gemeinsam nachdenken, wie die durch die Innovationskomponente verursachten Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden können. Er machte deutlich, dass sowohl Innovationen als auch bewährte Arzneimittel erhalten bleiben müssen.

Aut idem noch nicht anwendbar

Wegener begrüßte überdies die Aktionen der Ärzteschaft gegen aut idem. Für ihn ist es insbesondere nicht nachvollziehbar, dass auch Betäubungsmittel, für die ein Arzt in besonderer Weise rechenschaftspflichtig sei, unter die Aut-idem-Regelung fallen sollen. Ebenso wenig sei es verständlich, dass Phytopharmaka generell aut-idem-fähig sein sollen, obwohl es sich hierbei um standardisierte Arzneimittel handle, für die kein Generikamarkt existiere. Bei der Schaffung derartiger Vorschriften "täte im Bundesgesundheitsministerium mehr Sachkenntnis Not", so Wegener.

So lange die Substitutionslisten des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht vorliegen und auch die Preislinie nicht festgesetzt sei, könne aut idem keine Anwendung finden. Die Situation der Apotheker scheint beim BPI ein gewisses Mitleid hervorzurufen: "Die armen Apotheker stehen jetzt da und wissen nicht, was sie tun sollen", sagte der designierte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp.

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