DAZ aktuell

Pharmaverband BPI: "Aut idem revidieren"

BERLIN (im). Die Zurücknahme der Aut-idem-Regelung hat der neue Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Henning Fahrenkamp gefordert. Die erweiterte Auswahlmöglichkeit durch Apotheker sei "völlig verfehlt", das ganze Gesetz "miserabel gemacht", sagte der BPI-Hauptgeschäftsführer am 4. Juni vor Journalisten in Berlin, wo er einen scharfen Preiswettbewerb prognostizierte. Auf der Hauptversammlung des Verbands, der 300 überwiegend mittelständische Unternehmen vertritt, lehnte darüber hinaus der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener Versandhandel mit Arzneimittel ab.

"In der jetzigen Situation kommt ein Versandhandel für uns nicht in Frage", erklärte BPI-Vorsitzender Wegener. Er machte deutlich, als Voraussetzung müssten zunächst faire Wettbewerbschancen für alle geschaffen werden, wobei er hier explizit die Offizinapotheker erwähnte (siehe AZ Nr. 24 vom 10.6.).

Preise bald im Keller?

Bei aut idem bemängelte BPI-Hauptgeschäftsführer Fahrenkamp das Fehlen der entsprechenden Durchführungsverordnung, was etwa die Apotheker verunsichert habe. Er sagte einen "dramatischen Preiswettbewerb" durch die künftige Auswahl aus dem unteren Preisdrittel voraus. Die Politik erhofft sich bekanntlich Einsparungen dadurch von bis zu 250 Millionen Euro jährlich. Nachdem das Bundesgesundheitsministerium einen Teil der Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen genehmigte, werden Mitte Juni die Obergrenzen des unteren Preisdrittels (aus dem die Apotheker auswählen sollen) im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Der BPI geht von einem "Preisdrittel-Konkurrenzkampf" der Hersteller ab dem 1. Juli aus. Verbandsvorsitzender Wegener sagte in diesem Zusammenhang, für die Firmen werde es darum gehen, durch entsprechende Rabatte "in die Regale" der Apotheke zu kommen. BPI-Hauptgeschäftsführer Fahrenkamp verwies auf Erfolge im Anhörungsverfahren. So habe der zuständige Bundesausschuss beispielsweise die ursprünglich als vergleichbar angesehene Form der magensaftresistenten Tablette mit dem Wirkstoff Diclofenac zu normalen Tabletten aus der Auflistung eliminiert. Zuvor hatte Fahrenkamp auf der Hauptversammlung seines Verbands deutlich gemacht, unabhängig von den Gräben, die aut idem aufgerissen habe, sei dem BPI an Gesprächen mit den Apothekern gelegen.

Positivliste

Nach seiner Einschätzung wird der Referentenentwurf der Liste erstattungsfähiger Arzneimittel ("Positivliste") veröffentlicht, auch wenn vor der Bundestagswahl keine Entscheidung mehr zu erwarten sei. Als Neuerung gab der Industrievertreter bekannt, dass noch während des laufenden Anhörungsverfahrens die Firmen Anträge auf Aufnahme ihrer Präparate in die Liste stellen können. Der Bundesrat erhalte den Referentenentwurf voraussichtlich vor seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 12. Juli.

Zulassung

Der BPI-Hauptgeschäftsführer warnte darüber hinaus vor Bestrebungen, die zentrale Zulassung für Arzneimittel obligatorisch für alle Präparate mit neuen Wirkstoffen einzuführen. Das aufwändige zentrale Zulassungsverfahren über die europäische Arzneimittelagentur EMEA in London sei besonders für mittelständische Unternehmen teilweise nur schwer zu bewältigen, außerdem drohe die Gefahr, dass sinnvolle nationale Erfahrung in Zulassungsfragen verloren ginge. Ein besserer Weg sei die Wahlmöglichkeit für die Firmen zwischen dem zentralen und dem dezentralen Verfahren.

Zukunft von OTC

Den Vorschlag des Sachverständigenrats, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel (OTC) aus der Erstattung durch gesetzliche Kassen herauszunehmen, nannte er ein "Ding aus dem Tollhaus". Gerade Hausärzte benötigten nichtverschreibungspflichtige Präparate, die sich durch ihre günstige Wirkungs-Nebenwirkungsrelation auszeichneten, für 80 Prozent der von ihnen behandelten Erkrankungen. Negative Folge wäre zugleich, dass nur noch Arzneimittel mit einem höheren Risiko in der GKV verblieben. Die Preisfreigabe, die in diesem Zusammenhang für OTC-Präparate vorgeschlagen wurde, sei im derzeitigen Sachleistungssystem nicht möglich, so Fahrenkamp, da die Apotheker dann über die Menge des Einkaufs die Preise bestimmen würden.

Zumutung durch Politik

In Berlin kritisierte BPI-Vorsitzender Dr. Bernd Wegener scharf die mittelstandsfeindliche Politik der Bundesregierung. Dort forderte er verlässliche Rahmenbedingungen für die Hersteller. Die sich ständig ändernden Regulierungen seien eine Zumutung für den pharmazeutischen Mittelstand und für die standortgebundenen Unternehmen, die hier Steuern zahlten, gewesen. Wegener plädierte dafür, künftige Maßnahmen auf Mittelstandskonformität hin zu überprüfen.

Kassen besser prüfen!

Er nannte als ein Element einer Gesundheitsreform neben der Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel unter anderem die betriebswirtschaftliche Führung der gesetzlichen Krankenkassen und die Kontrolle durch Landesrechnungshöfe. Es sei "eine Farce", was derzeit angesichts stetig steigender Verwaltungsausgaben der Kassen laufe.

Kasten:

Chance mit Biotechnologie Vor allem durch die Zusammenarbeit mit Biotechnologie-Unternehmen kann die standortgebundene mittelständische Pharmaindustrie in Deutschland dem nationalen und internationalen Druck standhalten. Dies ist ein Ergebnis der Studie zu Kooperationsmöglichkeiten zwischen der mittelständischen Industrie und Biotechnologiefirmen, die der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie mit dem Beratungsunternehmen Cap Gemini Ernst & Young erstellt hat.

Die Zurücknahme der Aut-idem-Regelung hat der neue Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Henning Fahrenkamp gefordert. Die erweiterte Auswahlmöglichkeit durch Apotheker sei "völlig verfehlt", das ganze Gesetz "miserabel gemacht", sagte der BPI-Hauptgeschäftsführer am 4. Juni vor Journalisten in Berlin, wo er einen scharfen Preiswettbewerb prognostizierte. Auf der Hauptversammlung des Verbands, der 300 überwiegend mittelständische Unternehmen vertritt, lehnte darüber hinaus der BPI-Vorsitzende Dr. Bernd Wegener Versandhandel mit Arzneimitteln ab.  

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.