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Aut-idem-Regelung: Mittelstand macht mobil dagegen

BERLIN (ks). Die generische und mittelständische Industrie fürchtet um ihre Arbeitsplätze, wenn die im Gesetzentwurf zum Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG) vorgesehene Aut-idem-Regelung Wirklichkeit wird. Nachdem die forschenden Arzneimittelhersteller den vorgesehenen Preisabschlag auf nicht-festbetragsregulierte Medikamente durch eine Einmal-Zahlung abwenden konnten, kämpfen nun auch Unternehmen des Mittelstandes verstärkt um eine alternative Lösung.

Gemeinsam mit den Betriebsräten verschiedener Generikahersteller bekräftigten der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Generikaverband diese Woche in Berlin nochmals ihre Einwände gegenüber aut idem. Die vorgesehene Regelung setze leichtfertig 10 000 bis 20 000 Arbeitsplätze aufs Spiel. Dr. Hans Sendler, Hauptgeschäftsführer des BPI, kann daher in der Einigung des Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) mit dem Bundeskanzler noch kein positives Signal für den Pharma-Standort Deutschland erkennen. Bislang sei nur ein Teilbereich gelöst. Der Mittelstand zahle nun "die Zeche", so Sendler. Es ginge nicht an, dass ausgerechnet jene Unternehmen bestraft würden, die nichts mit den angestiegenen Arzneimittelausgaben zu tun haben. Der deutsche Generika-Markt zeichne sich gerade durch seine Preisgünstigkeit aus. Zudem seien die generischen Firmen bereits durch die erneute Anpassung der Festbeträge stark getroffen. Auch die anstehende Positivliste bedeute eine weitere Belastung für den Mittelstand.

Betriebsräte erwarten ruinösen Wettbewerb

Karl Knopp, Betriebsratsvorsitzender der ratiopharm GmbH, erläuterte die befürchtete Preisspirale, die für viele mittelständische Unternehmen den "freien Fall nach unten" bedeute: Jede Firma will ihr Produkt natürlich im unteren Preisdrittel anbieten können. Folge sei ein ruinöser Wettbewerb, den nur einige wenige Unternehmen überleben könnten. Zu erwarten sei, dass sich letztlich ein Oligopol von drei bis fünf Herstellern bilden wird. Dies führe dazu, dass die Preise wieder nach oben schnellen, so Knopp.

Rolf Becker, der im Betriebsrat der Dolorgiet GmbH sitzt, zeigte sich befremdet über den Kurs der Industriegewerkschaft BCE, die zwar den Alternativvorschlag des VFA unterstützte, aber Zurückhaltung in Sachen aut idem an den Tag legte. Gewerkschafts-Chef Hubertus Schmoldt hatte eine befristete Aut-idem-Regelung ins Gespräch gebracht, die nach zwei Jahren überprüft werden soll. Den forschenden Arzneimittelherstellern möchte niemand ihre Verhandlungserfolge neiden, doch Horst Janik vom Betriebsrat der Azupharma GmbH appellierte eindringlich an den "Genossen Gerhard", er möge ebenso hinter den Generikaherstellern stehen wie hinter den VFA-Unternehmen.

"Vermögensbildung in Apothekerhand"

Der Geschäftsführer des Deutschen Generikaverbandes Thomas Hummels warf Gesundheitsministerin Ulla Schmidt vor, sie produziere mit dem AABG mehr Probleme als sie beseitige. Die gegenwärtige konjunkturelle Situation erfordere auch in der Gesundheitspolitik maßvolles Handeln. Vernünftige Strukturen seien durch aut-idem nicht zu schaffen. Die Apotheker sind Hummels ein besonderer Dorn im Auge: Das Gesetz bewirke keine Kostendämpfung bei der Gesetzlichen Krankenversicherung sondern "Vermögensbildung in Apothekerhand", ließ er verlauten. Als Alternative zum "Katastrophenweg" aut idem hat der Generikaverband bereits vor einige Wochen einen dreiprozentigen Rabatt auf Festbetrags-Arzneimittel vorgeschlagen. Hiermit ließen sich innerhalb von zwei Jahren klar berechenbar 900 Millionen Mark zugunsten der Kassen sparen, so Hummels. Würde die Aut-idem-Regelung Gesetz, blühe zwar für Apotheker das Geschäft mit Naturalrabatten - der GKV käme dieser Vorteil jedoch nicht zugute.

Noch haben die Firmen und Verbände Hoffnung, dass das letzte Wort nicht gesprochen ist. Die Ministerin signalisierte bereits ihre Bereitschaft, nochmals über das Sparpaket zu reden. Im Grunde will die Koalition jedoch an aut idem festhalten. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye äußerte, dass es möglicherweise zu einem erneuten Kanzlergespräch kommen kann.

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