Politik setzt weiterhin auf aut idem

BERLIN (ks). Die große Koalition will Apotheker auch weiterhin über eine wirtschaftliche Arzneimittelversorgung mitentscheiden lassen. Auf der öffentlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Generikaverbandes am 9. März in Berlin wiesen der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Wolf Bauer und seine SPD-Kollegin Dr. Marlies Volkmer die Forderung des Verbandes zurück, die Aut-idem-Regelung abzuschaffen. Es handle sich um eine sinnvolle Regelung, betonte Bauer - vorausgesetzt, sie werde nicht missbraucht. Offen zeigte sich der Unionspolitiker auch gegenüber den ABDA-Vorschlägen zur Modifizierung der bestehenden Regelung.

Den mittelständischen Generikaherstellern, die nach der Gründung von "Pro Generika" im Deutschen Generikaverband verblieben sind, ist die Aut-idem-Regelung schon lange ein Dorn im Auge. Sie sehen sich von den Apotheken benachteiligt, da sie - anders als ihre großen Konkurrenten - keine Naturalrabatte vergeben. Einzelne Unternehmen klagen gar, Patienten hätten ihnen berichtet, dass ihr Apotheker - fälschlicherweise - behauptet habe, ein konkret verordnetes Generikum existiere gar nicht. Ulrich Dietz vom Bundesgesundheitsministerium verwies darauf, dass ein solches Vorgehen illegal sei. Bauer - selbst ausgebildeter Apotheker - machte deutlich, dass es sich bestenfalls um einen Einzelfall handle, der nicht auf die gesamte Apothekerschaft übertragen werden dürfe.

Volkmer betonte, dass solche illegalen Praktiken den Krankenkassen bei der Überprüfung der Verordnungen auffallen müssten. Sowohl die Parlamentarier als auch der Ministeriumsmitarbeiter betonten, dass die Aut-idem-Regelung im Rahmen der kommenden Reform überarbeitet werden soll. An eine Abschaffung denkt niemand. Dabei wolle man Rahmenbedingungen schaffen, die Missbräuche ausschließen, betonte Dietz. Bauer erklärte, im Vorschlag der ABDA für eine neue Aut-idem-Regelung, stecke "viel drin". Danach soll es Apothekern ermöglicht werden, mit Krankenkassen Zielvereinbarungen für Arzneimittelgruppen der Festbetragsgruppe I zu vereinbaren, mit denen das Preisniveau in diesen Gruppen gesenkt werden soll. Solange diese Zielvorgabe erreicht wird, können Apotheken preislich sowohl nach oben als auch nach unten substituieren.

Warnung vor Wildwuchs

Mit den Naturalrabatten wird ab April ohnehin Schluss sein. Das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) setzt dieser Geschäftspraxis ein Ende. Dies sollte die kleinen Generikaunternehmen aufatmen lassen. Doch auch sie müssen künftig den neuen zehnprozentigen Rabatt auf ihre Produkte schultern, der das bisherige Rabattvolumen von den Apotheken auf die der gesetzlichen Krankenkassen umleiten soll. Der Gesetzgeber sah sich nicht in der Lage, hier eine Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Generikaherstellern vorzunehmen. Für Dietz ist es auch keinesfalls offenkundig, dass die Kleinen gegenüber den Großen das Nachsehen haben. So gebe es die Hersteller, die sich einen aufwändigen Außendienst leisten und damit dafür sorgen, dass generische Mittel ins Bewusstsein der Ärzte rücken. Ihre Präparate sind jedoch regelmäßig teurer als die der kleinen Konkurrenz ohne Außendienst.

Der Mittelstand kann daher mit seinen niedrigen Preisen punkten - jedenfalls soweit die Apotheker gewissenhaft substituieren. Zudem fürchten die Mittelständler, dass ratiopharm, Hexal und Co. Umgehungsstrategien für das Naturalrabattverbot finden könnten. Etwa indem sie den Großhandel mit Rabatten bedenken. Dietz, Volkmer und Bauer wiesen diese Befürchtungen zurück. Das AVWG sei in dieser Hinsicht deutlich: Das Naturalrabattverbot gilt für alle Beteiligten. Sollte es zu einem Wildwuchs von Umgehungsstrategien kommen, stünde die Arzneimittelpreisverordnung auf dem Spiel und drohten Verschärfungen der bestehenden Rechtslage.

Die Politiker sind auch nicht der Auffassung, der neue Kassenabschlag werde zu einem Sterben mittelständischer Unternehmen führen. Das AVWG sieht eine Befreiung von dem 10-prozentigen Rabatt vor, wenn der Preis eines Präparats 30 Prozent unter dem Festbetrag liegt. Viele mittelständische Anbieter böten ihre Präparate schon heute so günstig an. Zudem können Krankenkassen nach dem AVWG festlegen, dass bei diesen besonders preiswerten Mitteln die Zuzahlung für die Patienten entfallen kann, sodass für diese ein Anreiz entsteht, eben diese Präparate nachzufragen. Dietz wies auch die Befürchtung zurück, die Absenkung der Preise auf 30 Prozent unter Festbetrag werde dazu führen, dass der Festbetrag in der nächsten Festsetzungsrunde nach unten geschraubt werde und den kleinen Unternehmen spätestens dann das Ende drohe. Diese Angst vor dem "Kellertreppeneffekt" bestehe seit jeher, betonte Dietz - eingetreten sei er bislang jedoch noch nicht.

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