Arzneimittel und Therapie

Parkinson-Erkrankung: Rätselhaftes Sterben der Nervenzellen

Pioniere der Parkinson-Forschung gaben sich beim zweiten Kongress der Deutschen Parkinson-Gesellschaft ein Stelldichein. Ihre Arbeit hat die heutige Behandlung der Parkinson-Erkrankung erst ermöglicht. Doch ein Rätsel bleibt ungelöst: Was verursacht den fortschreitenden Untergang dopaminerger Nervenzellen?

In Deutschland leiden etwa 150000 bis 200000 Menschen am Parkinson-Syndrom. Auch wenn das mittlere Erkrankungsalter etwa 60 Jahre beträgt, sind nicht nur Ältere betroffen. Bei einem kleinen Teil der Patienten bricht die Krankheit bereits vor dem 40. Lebensjahr aus.

Von einer "Alterskrankheit" zu sprechen wäre auch deswegen falsch, weil die Neuerkrankungsrate ab dem 75. Lebensjahr wieder sinkt. Bis die Diagnose Parkinson gestellt wird, vergeht häufig einige Zeit. Viele Patienten leiden nämlich an unspezifischen Rücken- oder Muskelschmerzen und konsultieren deshalb zunächst einen Orthopäden.

Frühe Hinweise

Frühe Hinweise auf eine mögliche Parkinson-Erkrankung sind unter anderem:

  • Veränderung der Schrift (kleiner werdend, mühsamer)
  • Frühe Ermüdbarkeit, Verlust an Aktivität und Mobilität
  • Dysrhythmische Bewegungen

Nicht jeder Patient mit einem Tremor ist übrigens ein Parkinson-Patient: Von den über 65-Jährigen mit einem Zittern leidet nur etwa jeder zwölfte am Parkinson-Syndrom.

Ursache Dopamin-Mangel

Bei der Parkinson-Erkrankung sterben dopaminproduzierende Nervenzellen in der Substantia nigra des Gehirns ab. Bereits in den 50er- und 60er-Jahren wurde ein Dopamin-Mangel in den Basalganglien als Auslöser der Parkinson-Symptome erkannt. Dafür erhielt Prof. Dr. Arvid Carlsson, Göteborg, im vergangenen Jahr den Nobelpreis für Medizin und Physiologie.

In den 60er-Jahren wurde Levodopa in die Parkinson-Therapie eingeführt und gilt bis heute als deren Goldstandard. Zahlreiche weitere Therapiestrategien kamen in den letzten Jahren dazu, darunter Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer und COMT-Hemmer. Für Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer und NMDA-Antagonisten ist zumindest präklinisch auch eine neuroprotektive Wirkung nachgewiesen worden. Vor der Einführung der Levodopa-Therapie starben die Patienten durchschnittlich neun Jahre nach Erkrankungsbeginn. Heute leben die Patienten im Allgemeinen deutlich länger.

Dyskinesien unter Levodopa-Therapie

Wichtige Komplikationen der medikamentösen Parkinson-Therapie, insbesondere mit Levodopa, sind Dyskinesien, Dystonien sowie Fluktuationen zwischen Phasen der Beweglichkeit und Unbeweglichkeit. Dopaminagonisten wirken zwar nicht so rasch und so stark wie Levodopa, lösen aber auch weniger motorische Spätkomplikationen aus.

Medikamentös austherapierte Patienten können zur "tiefen Hirnstimulation" eine Art Hirnschrittmacher operativ implantiert bekommen. Diese Langzeitstimulation erzielt gute Erfolge. Das Verfahren ist jedoch mit etwa 30000 DM pro Patient teuer und kann nur in wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt werden.

Genmutationen als Ursache

Noch immer sind die Ursachen der primären Parkinson-Erkrankung ungeklärt. Bei familiär gehäufter Parkinson-Erkrankung entdeckte man verschiedene Genmutationen im Zusammenhang mit den Proteinen Alpha-Synuclein und Parkin. Solche Mutationen könnten die Nervenzellen gegenüber äußeren Noxen, wie Toxinen oder oxidativem Stress, empfindlicher machen. Experimentelle Ergebnisse sprechen eher für ein kurzes schädigendes Ereignis, das den Erkrankungsprozess in Gang setzt, als für eine kontinuierliche Noxe. Es gibt keine Hinweise auf Viren als Erkrankungsursache.

Die Parkinson-Forschung muss sich in Zukunft folgenden großen Herausforderungen stellen:

  • Ursachen für das fortschreitende Absterben dopaminerger Nervenzellen in der Substantia nigra klären
  • Spezifische Neuroprotektiva entwickeln
  • Neue Diagnose-Instrumente entwickeln, die die Parkinson-Erkrankung bereits in sehr frühen Stadien erkennen lassen.

Kastentext: Professor Fischer erhält Lundbeck-Parkinson-Preis

Beim diesjährigen Kongress der Deutschen Parkinson-Gesellschaft wurde der Lundbeck-Parkinson-Preis erstmals vergeben. Er soll Persönlichkeiten oder Gruppen für Leistungen auszeichnen, die die Lebensqualität von Parkinson-Patienten oder das Verständnis der Erkrankung verbessern. Der Preis wurde vom Unternehmen Lundbeck GmbH & Co., Hamburg, gestiftet und wird alle zwei Jahre verliehen. Er ist mit einem Preisgeld von 15000 DM verbunden.

Das unabhängige wissenschaftliche Kuratorium entschied sich für Prof. Dr. Peter A. Fischer, Frankfurt/Main, als ersten Preisträger. Fischer ist Neurologe und Psychiater. Prof. Dr. Horst Przuntek, Bochum, bezeichnete den emeritierten Direktor der neurologischen Universitätsklinik Frankfurt in seiner Laudatio als "Vater der klinischen Parkinson-Forschung in Deutschland".

Fischer hat unter anderem die Levodopa-Therapie in Deutschland gefördert und begleitet. Er rief die Frankfurter Parkinson-Symposien ins Leben und gründete die Deutsche Parkinson-Gesellschaft. Bis zum Jahr 2000 war er ihr erster Vorsitzender. Mit dem Lundbeck-Parkinson-Preis wird Fischer für sein Lebenswerk geehrt.

Quelle: Vorträge und Informationen von Prof. Arvid Carlsson, Göteborg, Prof. Kurt A. C. Jellinger, Wien, Prof. Donald Calne, Vancouver, Prof. Stanley Fahn, New York, Prof. Eldad Melamed, Petah Tikva (Israel), Prof. Horst Przuntek, Bochum, "Masterpieces in Parkinson's Research" und Pressegespräch beim 2. Kongress der Deutschen Parkinson-Gesellschaft, Bochum, 10. März 2001, veranstaltet von Lundbeck GmbH & Co., Hamburg.

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