Arzneimittel und Therapie

Dopaminagonist Rotigotin: Erstes Parkinsonpflaster zugelassen

Der Dopaminagonist Rotigotin (Neupro®) ist das erste transdermal anzuwendende Parkinsonmittel. Das Pflaster wurde im Februar 2006 von der europäischen Zulassungsbehörde EMEA für die Behandlung der idiopatischen Parkinson-Erkrankung im Frühstadium ohne Levodopa als Monotherapie zugelassen.

Als Honeymoon – Flitterwochen – bezeichnet man das anfänglich gute Ansprechen von Parkinson-Patienten auf Levodopa. Jeder Honeymoon endet irgendwann. Die Levodopa-Langzeitwirkung nimmt allmählich ab, und die Bewegungsstörungen bei den Betroffenen nehmen dramatisch zu. Nach fünf Jahren Levodopa-Therapie weist die Hälfte der Patienten Wirkungsschwankungen und motorische Komplikationen auf. Dazu gehört das Parkinson-Symptom Bewegungsstarre (Akinesie), aber auch abnorme, unwillkürliche, mitunter schmerzhafte Bewegungen (Dyskinesien) können hinzukommen.

Levodopa-Falle Magen

Die motorischen Komplikationen sind nicht allein durch den krankheitsbedingt fortschreitenden Verlust nigro-striataler dopaminerger Nervenzellen erklärbar. Sie beruhen teilweise auf einem schwankenden Levodopa-Plasmaspiegel (z. B. End-of-Dose-Akinese, Peak-Dose-Dyskinesie), sind aber teilweise auch völlig unvorhersehbar (Random-On-Off: plötzlicher Wirkungsverlust und oft schneller Wiedereintritt der Beweglichkeit).

Vermutlich trägt eine gestörte Magenentleerung, die eine verringerte Levodopa-Resorption im Dünndarm zur Folge hat, zur schwankenden Wirksamkeit der Levodopa-Langzeittherapie bei.

Pulsatile Stimulation ist unphysiologisch

In erster Linie scheint die pulsatile Stimulation postsynaptischer Dopaminrezeptoren für die Dyskinesien verantwortlich zu sein. Eine kontinuierliche Stimulation durch duodenale Infusion von Levodopa oder durch subkutane Gabe von Apomorphin oder Lisurid über eine Infusionspumpe verringert motorische Komplikationen. Solche invasiven Maßnahmen werden bei Patienten mit massiven Dyskinesien als Notfalltherapie oder zur Überbrückung bis zu einer tiefen Hirnstimulation eingesetzt.

Weniger Spätkomplikationen mit Dopaminagonisten

Weit weniger Wirkungsschwankungen und motorische Komplikationen als unter Levodopa treten unter oralen Dopaminagonisten auf. Eine Monotherapie mit Dopaminagonisten ist daher nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (www.dgn.org) bei Parkinson-Patienten unter 70 Jahren anzustreben, weil diese Patienten die motorischen Spätkomplikationen einer Levodopa-Therapie vermutlich noch erleben würden. Dopaminagonisten sind allerdings nicht so wirksam wie Levodopa. Häufig muss deshalb im Laufe der Behandlung Levodopa in möglichst niedriger Dosis hinzukommen.

Der Weg über die Haut

Eine nicht-invasive Möglichkeit, Dopaminrezeptoren kontinuierlich zu stimulieren, besteht in einer transdermalen Therapie. Diesen Weg beschreitet der neue nicht-ergoline Dopaminagonist Rotigotin. Rotigotin, das eine überwiegende Lipophilie und eine kurze Halbwertszeit (ca. sechs Stunden) aufweist, wurde speziell für die transdermale Anwendung entwickelt. Der Arzneistoff ist in eine selbstklebende Silikon-Träger-Matrix eingearbeitet. Er durchdringt die Haut auf mehreren Wegen – trans- und interzellulär, über Follikel und ekkrine Schweißdrüsen – und erreicht so eine Bioverfügbarkeit von 35 bis 40%.

Pharmakologie von Rotigotin

Das Rotigotin-Pflaster erzielt kontinuierliche Plasmaspiegel, die eine lineare Beziehung zur eingesetzten Dosis aufweisen. Das verwendete linksdrehende Rotigotin-Enantiomer bindet mit höchster Affinität an D3- und mit abnehmender Affinität D4-, D5-, D2- und D1-Dopamin-Rezeptoren. Der Arzneistoff wird zu 30% biliär und zu 70% renal eliminiert.

Rotigotin bessert Parkinson-Symptome

In zwei placebokontrollierten randomisierten Doppelblindstudien mit Parkinson-Patienten im Frühstadium wurde gezeigt, dass das Rotigotin-Pflaster die Parkinson-typischen Bewegungsstörungen verringert. Mit den hohen Pflasterdosierungen (Wirkstofffreigabe 6 mg und 8 mg/24 Stunden) verbesserten sich die Messwerte für Aktivitäten des täglichen Lebens und motorische Leistungen signifikant gegenüber Placebo. Die Nebenwirkungen – insbesondere Müdigkeit und Übelkeit – ähneln denen anderer Dopaminagonisten. Etwa 5% der Probanden brachen die Behandlung wegen Hautreaktionen ab (Tab. 1).

Pflaster statt Pille

Die transdermale Anwendung eines Dopaminagonisten bietet den Vorteil der einmal täglichen Anwendung. Der Wirkstoff wird unabhängig von den Mahlzeiten und auch bei Patienten mit Schluckstörungen oder Lähmungen des Magen-Darm-Trakts gut resorbiert. Wegen des fehlenden First-pass-Effekts erreicht Rotigotin eine hohe Bioverfügbarkeit und hat stabile Plasmaspiegel. Die transdermale Anwendung sorgt für eine kontinuierliche Wirksamkeit. Die kurze Halbwertszeit von Rotigotin gewährt eine gute Steuerbarkeit, das heißt, die Behandlung kann durch Entfernen des Pflasters unterbrochen werden, und der Plasmaspiegel sinkt rasch.

Weniger motorische Spätkomplikationen?

Ob transdermales Rotigotin durch die kontinuierliche Stimulation von Dopaminrezeptoren langfristig die Häufigkeit motorischer Komplikationen im Vergleich zu oralen Dopaminagonisten senkt, müssen zukünftige Studien zeigen. In ersten Studien wurde Rotigotin auch in Form einer Kombinationstherapie später Krankheitsstadien eingesetzt. So konnte in einer vierwöchigen Studie an einer kleinen Gruppe von Parkinson-Patienten im fortgeschrittenen Stadium mit Wirkungsschwankungen und Dyskinesien die Levodopa-Dosis unter Rotigotin um die Hälfte reduziert werden. Gleichzeitig hatten 85% der Patienten eine verringerte Off-Zeit und 70% der Patienten mehr On-Zeit ohne Dyskinesien.

Der Dopaminagonist Rotigotin (Neupro) ist das erste transdermal anzuwendende Parkinsonmittel. Das Pflaster wurde im Februar 2006 von der europäischen Zulassungsbehörde EMEA für die Behandlung der idiopatischen Parkinson-Erkrankung im Frühstadium ohne Levodopa als Monotherapie zugelassen.

Gegen den Dopamin-Mangel im Striatum Rotigotin ist ein nicht-ergoliner D3-, D2- und D1-Dopaminagonist zur Behandlung des Morbus Parkinson, der extra für die transdermale Anwendung entwickelt wurde. Er lindert die Symptome einer idiopathischen Parkinson Erkrankung im Frühstadium. Man geht davon aus, dass die günstige Wirkung durch die Aktivierung der D3-, D2- und D1-Rezeptoren im extrapyramidal-motorischen System des Großhirns zustande kommt. Untersuchungen des Rezeptorprofils von Rotigotin ergaben agonistische Aktivitäten an allen Dopaminrezeptortypen mit einer deutlichen selektiven Bevorzugung des D3-Rezeptors, hier beträgt die Affinität etwa das Zehn- bis 20fache der für D2- sowie das 100fache der Affinität zu den D1-Rezeptoren.

Tipps für die Lagerung und Anwendung Wärme schadet dem Pflaster. Neupro® sollte nicht über 25 °C gelagert werden und darf nicht zerschnitten werden. Das Pflaster wird alle 24 Stunden auf wechselnde Stellen üblicher Pflasterorte – Bauch, Oberschenkel, Hüfte, Flanke, Schulter oder Oberarm – geklebt. Eine erneute Applikation an derselben Stelle innerhalb von 14 Tagen sollte vermieden werden. Beim Aufkleben soll das Pflaster etwa 30 Sekunden fest angedrückt werden. Es kann auch unter der Dusche getragen werden. Falls sich ein Pflaster ablöst, sollte für den Rest des 24-stündigen Dosierungsintervalls ein neues Pflaster aufgeklebt werden.

Neupro® gibt es in vier Wirkstärken: 2, 4, 6 und 8 mg Rotigotin-Freigabe pro 24 Stunden. Die Pflastergröße nimmt mit der Wirkstärke zu. Rotigotin wird wöchentlich in 2-mg-Schritten hochtitriert, so dass die endgültige Wirkstärke nach spätestens vier Wochen erreicht ist.

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