Arzneimittel und Therapie

Koronare Herzkrankheit: Alkohol für Diabetiker?

Moderater Alkoholgenuss vermindert bei älteren Diabetikern das Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit zu sterben. Allerdings sollte Alkohol nicht generell als kardioprophylaktische Maßnahme empfohlen werden; vielmehr muss individuell entschieden werden, ob ein Patient von mäßigem Alkoholkonsum profitieren kann oder nicht.

Zahlreiche epidemiologische Studien haben bereits darauf hingewiesen, dass mäßiger Alkoholkonsum das Risiko einer koronaren Herzkrankheit (KHK) deutlich senken kann. In einer prospektiven Kohorten-Studie wurde nun untersucht, ob dies auch für ältere Diabetiker gilt. Dazu wurden die Daten von 983 älteren Diabetikern (Durchschnittsalter 68,6 Jahre) ausgewertet, die erst in der zweiten Lebenshälfte an Diabetes erkrankt waren.

Die Trinkgewohnheiten und die medizinischen und sozioökonomischen Daten der Studienteilnehmer waren bereits zwischen 1984 und 1986 genau aufgezeichnet worden. Zwölf Jahre später wurde ermittelt, wann die Patienten an einer koronaren Herzkrankheit gestorben waren und dies in Relation zu ihrem Alkoholkonsum gesetzt.

Mehr Alkohol - weniger Sterblichkeit

Die KHK-Mortalitätsrate (auf 1000 Personenjahre bezogen) betrug für Nichttrinker 43,9; für ehemalige Konsumenten von Alkohol 38,5; für Konsumenten von weniger als 2 g Alkohol pro Tag 25,3; für Konsumenten von 2 bis 13 g Alkohol pro Tag 20,8 und für Konsumenten von mehr als 14 g Alkohol pro Tag 10,0. Für starke Trinker (mehr als 42 g Alkohol pro Tag) konnten keine zuverlässigen Zahlen ermittelt werden, da sie nur 1,8% der Studienpopulation ausmachten.

Nach Berücksichtigung zahlreicher Risikofaktoren (z.B. Alter, Geschlecht, Rauchverhalten, HbA1c-Werte, Insulintherapie, bestehende Herzerkrankung) wiesen ehemalige Konsumenten von Alkohol im Vergleich zu Nichttrinkern ein relatives Risiko von 0,69 auf, Konsumenten von weniger als 2 g Alkohol pro Tag hatten ein relatives Risiko von 0,54, Konsumenten von 2 bis 13 g Alkohol pro Tag von 0,44, und bei Konsumenten von mehr als 14 g Alkohol pro Tag betrug das relative Risiko 0,21.

Die umgekehrt proportionale Beziehung zwischen Alkoholkonsum und KHK-Mortalitätsrate blieb auch bestehen, wenn weitere Risikofaktoren (z.B. Blutdruck, Bodymass-Index, körperliche Bewegung, Bildung, Diabetesdauer, Nephropathie, Neuropathie, Hyperlipidämie, Einnahme von ASS und Antihypertonika) in die statistische Auswertung einbezogen wurden.

Alkohol als Therapieempfehlung?

In der Studie von Valmadrid und Mitarbeitern wurde gezeigt, dass mäßiger Alkoholgenuss bei älteren Diabetikern das Risiko einer koronaren Herzkrankheit senkt. Da rund 40% aller Diabetiker an einer koronaren Herzkrankheit sterben, ist jede potentielle Risikominderung von Bedeutung. Soll daher der Arzt allen Diabetikern regelmäßigen Alkoholgenuss verordnen? Dagegen sprechen drei Gründe:

  • Alkohol kann eine Hypoglykämie induzieren oder maskieren (die hypoglykämischen Wirkungen von Insulin, Sulfonylharnstoffen und Betablockern oder aufgrund körperlicher Anstrengung können durch Alkohol verstärkt werden).
  • Alkohol erhöht die Wahrscheinlichkeit von Arzneimittelinteraktionen und das Risiko zahlreicher Krankheiten (wie z. B. einiger Tumorarten, Lebererkrankungen, diabetischer Neuropathien, psychischer Erkrankungen).
  • Der Patient lehnt den Konsum von Alkohol aus persönlichen Gründen ab (z. B. weltanschauliche oder familiäre Motive, ehemaliger Alkoholmissbrauch).
  • Der Arzt muss also in jedem Fall individuell entscheiden, ob er seinem Patienten zu mäßigem Alkoholgenuss rät. Wenn der Patient nicht in der Lage ist, seinen Alkoholkonsum auf einem niedrigen Niveau zu halten, ist es besser, er bleibt abstinent.

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