Verstoß gegen das Völkerrecht?

Drogenkontrollrat der UN kritisiert Cannabis-Freigabe

Berlin - 07.03.2024, 09:15 Uhr

Kiffen in der Öffentlichkeit. So könnte es bald ganz legal an vielen Orten aussehen. (Foto: IMAGO / ANP)

Kiffen in der Öffentlichkeit. So könnte es bald ganz legal an vielen Orten aussehen. (Foto: IMAGO / ANP)


Nach Ansicht des UN-Drogenkontrollrates verstoßen die Pläne zur Cannabis-Legalisierung gegen internationales Recht – die Bundesregierung sieht das nicht so. Die Unionsparteien, aber auch grüne und sozialdemokratische Landespolitiker äußern Vorbehalte gegen das Gesetzesvorhaben. Im Bundesrat könnte die Legalisierung noch blockiert werden. 

Der Drogenkontrollrat der Vereinten Nationen (INCB) kritisiert die Pläne der Bundesregierung zur Cannabislegalisierung. Demnach verstoße das Vorhaben der Ampelkoalition gegen geltendes Völkerrecht. Das 13-köpfige Fachgremium mit Sitz in Wien verwies auf das UN-Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel (Single Convention on Narcotic Drugs) aus dem Jahr 1961. Die Bundesregierung betrachtet die Cannabislegalisierung jedoch als vereinbar mit dem internationalen Recht. Das meldete die Deutsche Presseagentur (dpa) am vergangenen Dienstag.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwiderte, dass die Pläne mit den Verfassungsressorts der Regierung abgestimmt worden seien – auch mit dem INCB will man sich dazu im Vorfeld „ausgetauscht“ haben, sagte ein Sprecher des BMG gegenüber der dpa.

Verstoß gegen internationales Recht

Das UN-Abkommen wurde damals auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet und im Jahr 1973 ratifiziert. Damit verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten Cannabis nur für medizinische und Forschungszwecke freizugeben. Mehr als 180 Staaten weltweit haben das Abkommen unterzeichnet. Im UN-Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aus dem Jahr 1988 wurden die Regularien noch erweitert, insbesondere in puncto Herstellung und Handel. Insgesamt 87 Staaten haben das Vertragswerk unterzeichnet – auch die Bundesrepublik Deutschland.

Kritik der Opposition

Neben den Fachleuten der UN haben auch in Deutschland zahlreiche Kritiker des Gesetzesvorhabens Stellung bezogen: Rechtsexperten, Polizeivertreter und auch Vertreter der Heilberufe haben im Vorfeld ihre Vorbehalte geäußert. CDU und CSU laufen auf Bund- und Landesebene Sturm gegen die Legalisierung.

Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte am vergangenen Dienstag den Bundespräsidenten auf, das Gesetz nicht zu unterschreiben und verwies dafür auf das INCB: „Der Kontrollrat hat in seinem Jahresbericht nochmals nachdrücklich auf die Unvereinbarkeit zwischen der geplanten Legalisierung des Cannabis-Gesetzes mit internationalem Recht hingewiesen. Das Gesetz ist in jeglichem Bereich Unsinn!“ Darüber berichtete am Mittwoch der Tagesspiegel Background.

Kritik aus den eigenen Reihen

Zudem lehnen einzelne der Abgeordnete der SPD im Bundestag das derzeitige Gesetzesvorhaben ab. Auch die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) hat angekündigt, das Gesetz aufschieben zu wollen, berichtete das Ärzteblatt am Dienstag. Sie will weitere Nachbesserung beim Jugendschutz und die Obergrenzen bei Besitzmengen nachjustieren. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen möchte den Gesetzesbeschluss verschieben, er sieht ebenfalls noch Verhandlungsbedarf, „weil dieses Gesetz in vielen Fragen in dieser Zeit schwer oder gar nicht umsetzbar ist“.

Letzte Hürde im Bundesrat

Bereits am 23. Februar hatte der Bundestag die Legalisierung von Anbau, Besitz und Konsum beschlossen. Am 22. März befasst sich der Bundesrat abschließend mit dem Cannabisgesetz. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, die Ländervertreter könnten jedoch den Vermittlungsausschuss anrufen. Bereits am Mittwoch hatten der Rechts- und der Gesundheitsausschuss des Bundesrates das Thema Cannabis auf ihre Tagesordnung gesetzt. Die Ergebnisse der Beratungen werden als Empfehlung für das nächste Plenum am kommenden Dienstag bekannt gegeben. Ob die Länder den Vermittlungsausschuss anrufen, bleibt abzuwarten.


mz / dpa


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