Nach Medienberichten über mögliche Milliardenverschwendung

CDU-Bundestagsabgeordneter auf Stippvisite im Sterillabor

30.08.2023, 11:00 Uhr

Dirk Buschmann, Klaus Peterseim, Klaus Ruberg, Michael Marxen, Christiane Müller, Georg Kippels MdB, Judith Lohmar und Nicole Brinkmann (v. l.) in den Räumlichkeiten des Sterillabors der Kronen-Apotheke Marxen OHG in Wesseling. (Bild: DAZ/msw)

Dirk Buschmann, Klaus Peterseim, Klaus Ruberg, Michael Marxen, Christiane Müller, Georg Kippels MdB, Judith Lohmar und Nicole Brinkmann (v. l.) in den Räumlichkeiten des Sterillabors der Kronen-Apotheke Marxen OHG in Wesseling. (Bild: DAZ/msw)


Wie läuft die Zytostatikaherstellung in Apotheken? Davon konnte sich jetzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Kippels bei einem Besuch des Sterillabors der Kronen-Apotheke in Wesseling ein Bild machen. Mit dem Vorstand des Verbands der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker diskutierte er unter anderem über die Berichterstattung rund um „das Krebskartell“, die Regionalisierung der Krebspatientenversorgung, Versorgungsumsteuerungen über MVZ-Strukturen und Nullretaxationen durch Krankenkassen.

Im Juli veröffentlichte das ARD-Magazin „Monitor“ einen Bericht über gigantische Gewinnmargen, die Apotheker angeblich für patientenindividuell hergestellte Zytostatikazubereitungen einstreichen. In dem Beitrag beschreibt Apotheker Robert Herold, wie unproblematisch und schnell der Herstellungsvorgang sei: Wirkstoff abmessen, in eine Kochsalzlösung spritzen, fertig.

Einblick in die Sterilherstellung

Dass diese vereinfachte Darstellung nicht im Geringsten dem tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand entspricht, davon konnte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Kippels am vergangenen Freitag überzeugen. Zusammen mit Klaus Peterseim, Präsident des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA), VZA-Geschäftsführerin Christiane Müller und dem Onkologen Dirk Buschmann besuchte er das Sterillabor der Kronen-Apotheke, die VZA-Vizepräsident Michael Marxen und Klaus Ruberg als OHG in Wesseling führen. 

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Ein 20-köpfiges Team arbeitet in dem im Jahr 2020 bezogenen externen Neubau. Allein der Einbau des Reinraumes kostete circa 1 Million Euro. Das Labor versorgt drei onkologische Praxen und eine Klinikambulanz, alle im näheren Umfeld – die Fahrzeit beträgt bis zu 30 Minuten. Zudem werden Zubereitungen für die Palliativversorgung (v. a. Schmerzpumpen) und Infusionslösungen für Ernährungstherapien hergestellt.

Apothekerin Nicole Brinkmann, Leiterin des Sterillabors, und PTA Judith Lohmar, die als Teamleitung tätig ist, veranschaulichten die komplexen Abläufe der Zytostatikaherstellung – angefangen vom zeitaufwendigen Einschleusen von Materialien und Personal, der komplexen Zubereitung unter Einhaltung aller Sicherheitsaspekte bis hin zum Hygienemonitoring, der Dokumentation und dem Qualitätsmanagement. Kippels zeigte sich sichtlich beeindruckt von dem Aufwand, der bei jedem Herstellungsvorgang Standard ist – auch am Wochenende, wenn während des Bereitschaftsdienstes manchmal nur eine oder zwei Zubereitungen ad hoc hergestellt werden. Er habe Respekt vor der Verantwortung der Mitarbeiterinnen und lobte die Präzision, mit der sie ihre Aufgaben erledigen.

Sicherstellung einer flächendeckenden wohnortnahen Versorgung

In einer Gesprächsrunde betonte der Onkologe Dirk Buschmann, dass aus ärztlicher Sicht eine regionale Versorgung der meist multimorbiden Patient:innen unverzichtbar sei. Auch der VZA setzt sich seit Langem für das Regionalprinzip in der Zytostatika-Versorgung ein, weil die enge, kommunikative Zusammenarbeit zwischen dem behandelnden Arzt und der versorgenden Apotheke zwingend sei und Patienten sowie die anwendenden Arztpraxen bedarfsgerecht und zeitkritisch versorgt werden müssen.

Um die ortsnahen Strukturen aufrechterhalten zu können, müsse jedoch die Kostenerstattung für die herstellenden Apotheken gesichert sein. Der VZA plädiert für eine Entkopplung von Einkaufsvorteilen. Im Gegenzug müsse der Herstellungszuschlag, der den Aufwand der Apotheken für die Herstellung einer patientenindividuellen Zubereitung vergüten soll, auskömmlich gestaltet sein. Laut eines Gutachtens der REFA Consulting AG vom 15. Juni 2022 waren zum damaligen Zeitpunkt ohne Inflationsausgleich circa 147 Euro notwendig, um die Kosten pro hergestellter Zubereitung decken zu können. Aktuell liegt der einheitliche Arbeitspreis für die Herstellung Zytostatika-haltiger parenteraler Zubereitungen, parenteraler Lösungen mit monoklonalen Antikörpern sowie parenteraler Calcium- und Natriumfolinat-Lösungen bei 100 Euro. Zusätzlich belasten Nullretaxationen aufgrund von nicht therapierelevanten Formfehlern die herstellenden Apotheken und erhöhen das Risiko, dass Sterillabore wegen Unrentabilität geschlossen werden.

Zudem müssten laut VZA bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nicht im Patienteninteresse liegende Versorgungsumsteuerungen gesetzlich unterbunden und die MVZ-Trägerschaft an einen regionalen und fachlichen Bezug geknüpft werden. Diese Kritik äußerte der Verband auch in einer Stellungnahme zu den Medienberichten im Juli


Martina Schiffter-Weinle, Apothekerin
redaktion@daz.online


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