Verstoß gegen landesrechtliche Regelungen

Gericht untersagt Mayd-Lieferungen an Sonn- und Feiertagen

Berlin - 28.04.2023, 07:00 Uhr

Fahrradkuriere stören nach Auffassung des Landgerichts Köln die Sonntagsruhe – die Menschen sollen an Sonn- und Feiertagen nicht an die werktäglichen Lebensvorgänge erinnert werden. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Fahrradkuriere stören nach Auffassung des Landgerichts Köln die Sonntagsruhe – die Menschen sollen an Sonn- und Feiertagen nicht an die werktäglichen Lebensvorgänge erinnert werden. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)


Die Auslieferung von Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren via Schnelllieferdienst an Sonn- und Feiertagen ist unlauter und damit unzulässig – jedenfalls in NRW. Das hat das Landgericht Köln entschieden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Apotheker, der mit Mayd kooperiert. Rechtskräftig ist das Urteil nicht. Spannend bleibt zudem, wie das Landgericht Berlin in einem parallel geführten Verfahren gegen Mayd selbst entscheidet.

Neue Konzepte im Apothekenmarkt werfen fast regelmäßig rechtliche Fragen auf. Da machen Kooperationen von Apotheken mit Schnelllieferdiensten keine Ausnahme. Die Wettbewerbszentrale sieht sich in solchen Fällen berufen, für Rechtsklarheit zu sorgen, indem sie Musterverfahren führt. Sie hat sich im vergangenen Jahr einen speziellen Aspekt der Schnelllieferdienst-Angebote herausgepickt. Sie will wissen: Liegt ein Wettbewerbsverstoß vor, wenn das Start-up Mayd verspricht, 365 Tage im Jahr Medikamente zu liefern? Und wie sieht es mit dem Apotheker aus, der an Sonn- und Feiertagen Arzneimittel abpackt und außerhalb seiner Notdienstzeiten über Mayd ausliefern lässt?

Die Wettbewerbszentrale sieht hier Verstöße gegen das Feiertags- und das Ladenschlussgesetz in NRW vorliegen und damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch. Im vergangenen Herbst erhob sie in Berlin Klage gegen Mayd – und in Köln ging sie gegen einen Apotheker vor, der mit dem Unternehmen zusammenarbeitet. Das Landgericht Köln hat nun der Klage stattgegeben.

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Die Argumente der Wettbewerbszentrale schlugen vor Gericht voll durch. Bestellungen über Mayd entgegenzunehmen und die bestellten Waren vorzubereiten und an den Botenfahrer zu übergeben sei eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. An Sonn- und Feiertagen sei dies unlauter, weil damit gegen Marktverhaltensregeln verstoßen werde, was die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar beeinträchtigen könne.

Botenlieferungen haben werktäglichen Charakter

Konkret geht es um einen Verstoß gegen § 3 Feiertagsgesetz NRW, wonach an Sonn- und Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten sind, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind. Das Gericht lässt dahingestellt, ob darunter auch das von der Öffentlichkeit eigentlich nicht wahrgenommene Vorbereiten der Ware schon eine solche Arbeit ist. Jedenfalls lässt es problemlos die Auslieferung von (Online-)Bestellungen per Fahrradboten unter diese Definition fallen. Solche Auslieferungen seien Verbrauchern insbesondere bei der Post und Lebensmitteln als werktäglich präsent – und das erhöhte Aufkommen solcher Fahrradboten daher an Sonn- und Feiertagen störend. Diese Tätigkeiten werden zwar von den Mayd-Boten vorgenommen – aber dieses Verhalten müsse sich der Apotheker als Mittäter zurechnen lassen.

Kein Widerspruch zu § 23 Apothekenbetriebsordnung 

Die Tätigkeit sei auch nicht erlaubt – insbesondere nicht nach § 7 Abs. 1 Ladenöffnungsgesetz NRW. Danach ist zwar Apotheken an Sonn- und Feiertagen die Öffnung gestattet. Jedoch enthält Absatz 2 der Norm eine Ermächtigung für die zuständige Apothekerkammer, zu regeln, dass an Sonn- und Feiertagen abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. Und diese Schließungsverfügung gibt es. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass nach § 23 ApBetrO Apotheken zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet sind – und Bundesrecht Landesrecht breche. Ausführlich legt das Gericht dar, dass die Regelung in der Apothekenbetriebsordnung nicht abschließend sei und die landesrechtliche Norm daher daneben anwendbar. 

Wettbewerbsvorteil gegenüber geschlossenen Apotheken

Letztlich seien die Verstöße auch „spürbar“, weil sie geeignet seien, die Interessen der Mitbewerber zu beeinträchtigen. Der Apotheker verschaffe sich durch sein Handeln nämlich „einen Wettbewerbsvorteil, indem er sich über die Schließungsanordnung hinwegsetzt und gemeinsam mit dem Lieferservice Arzneimittel absetzt“. Dabei mache er sich den Umstand zunutze, dass der Wettbewerb durch die Schließungsverfügung der Kammer ausgeschaltet sei und Konkurrenz nur noch in Apotheken bestehe, die zum Notdienst eingeteilt sind.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Apotheker kann Berufung einlegen. Spannend ist nun, wie das parallel geführte Verfahren am Landgericht Berlin gegen Mayd ausgehen wird. Hier ist im Juni der Verhandlungstermin angesetzt.

Landgericht Köln, Urteil vom 20. April 2023, Az.: 81 O 70/22


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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