Verstöße gegen Feiertags- und Ladenschlussgesetz in NRW?

Wettbewerbszentrale klagt gegen Mayd und Partner-Apotheke

Berlin - 22.11.2022, 07:00 Uhr

Die Wettbewerbszentrale lässt prüfen, ob die Sonn- und Feiertagsauslieferungen von Mayd wettbewerbswidrig sind. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Die Wettbewerbszentrale lässt prüfen, ob die Sonn- und Feiertagsauslieferungen von Mayd wettbewerbswidrig sind. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)


Verstößt das Werbeversprechen des Arzneimittel-Schnelllieferdienstes Mayd an seine Kund:innen, 365 Tage im Jahr Medikamente zu liefern, gegen das Feiertags- und das Ladenschlussgesetz in NRW? Und ist dieses Vorgehen aus diesem Grund wettbewerbswidrig? Das lässt jetzt die Wettbewerbszentrale gerichtlich überprüfen. Dazu klagt sie nicht nur gegen Mayd selbst, sondern auch gegen einen Apotheker, der mit dem Unternehmen kooperiert.

Arzneimittel-Schnelllieferdienste scheiden die Geister: Die einen Apotheken machen mit, weil sie einfach möglichst jeden Weg nutzen wollen, für Patient:innen präsent zu sein. Die anderen beäugen sie kritisch. Auch Jurist:innen und Behörden begleiten die Start-ups teilweise argwöhnisch – Rechtsfragen werfen ihre Konstrukte schließlich nicht zu knapp auf. Das zeigte am vergangenen Freitag beim Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale die stellvertretende Geschäftsführerin und Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking, erneut auf. Die Kammer führt bereits diverse Verfahren gegen die Betreiber von Lieferplattformen.

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Eines hat nun auch die Wettbewerbszentrale übernommen: Sie hat beim Landgericht Berlin Klage gegen das dort ansässige Unternehmen Mayd eingereicht – zudem beim Landgericht Köln eine Klage gegen einen Apotheker, der mit Mayd kooperiert. Dem waren erfolglose Abmahnungen vorausgegangen.

Worum geht es?

Worauf stützt die Wettbewerbszentrale ihre Klagen? Der Lieferdienst wirbt auf seiner Webseite für seine App: „Lade jetzt die App herunter – Medikamente in Minuten, 365 Tage im Jahr kostenlos geliefert“ war dort zu lesen (mittlerweile nur noch: „Medikamente in Minuten, kostenlos geliefert“). Etwas weiter unten auf der Startseite findet sich eine Rubrik „Häufige Fragen“. Dort heißt es unter „Was sind eure Öffnungszeiten?“: „Wir liefern dir deine Bestellung an 365 Tagen im Jahr von 8 bis 24 Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen! (…)“. 

Die Klagen zielen darauf ab, dass Kunden nicht an Sonn- und Feiertagen von Mayd beziehungsweise einer in NRW ansässigen Kooperations-Apotheke mit Apothekenwaren beliefert werden dürfen, soweit die Apotheke zu dieser Zeit keinen Notdienst hat. 

Verstoß gegen das Gebot der Sonn- und Feiertagsruhe

Denn zum einen verstoße dieses Angebot der Sonn- und Feiertagsbelieferung gegen das Feiertagsgesetz NRW. Gemäß diesem sind an Sonn- und Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind (§ 3 Feiertagsgesetz).

Die Entgegennahme von Bestellungen sowie die Auslieferung von apothekenpflichtigen Waren an Kunden besitze aber einen typisch werktäglichen Charakter und stehe daher dem Gebot der Sonn- und Feiertagsruhe entgegen, argumentieren die für die Wettbewerbszentrale klagenden Anwälte der Frankfurter Kanzlei Danckelmann und Kerst. Bei der Regelung im Feiertagsgesetz handele sich auch um eine Marktverhaltensregel, die Mitbewerber schützen solle, sodass ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorliege. Damit ergebe sich ein Unterlassungsanspruch.

Die Anwälte der Wettbewerbszentrale sehen zudem Verstöße gegen das nordrhein-westfälische Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten. Von diesem Gesetz umfasst sei nicht nur die Öffnung von Verkaufsstellen, sondern auch das „gewerbliche Anbieten von Waren außerhalb von Verkaufsstellen“. Die Auslieferung von Waren durch Boten stelle ein solches Anbieten dar.

Zudem gestattet das NRW-Ladenöffnungsgesetz Apotheken zwar an Sonn- und Feiertagen die Öffnung ihrer Verkaufsstellen zur Abgabe von Arznei-, Krankenpflege-, Säuglingspflege- und Säuglingsnährmitteln, hygienischen Artikeln sowie Desinfektionsmitteln. Jedoch regelt die zuständige Apothekerkammer, dass an Sonn- und Feiertagen abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. Soweit die Apotheke außerhalb ihrer Notdienstbereitschaft Verbraucher:innen zu diesen Zeiten beliefern lasse, setze sie sich über diese Vorgaben hinweg. Mayd selbst sei bei diesem Verstoß „Mittäterin“.

Ebenso wie die Sonn- und Feiertagsgesetze stellten die Ladenschlussgesetze Marktverhaltensregeln dar, sodass Verstöße gegen diese Norm zugleich auch Wettbewerbsverstöße seien.

Und was ist mit § 23 Apothekenbetriebsordnung?

Vorgerichtlich hatten sich sowohl Mayd als auch die Apotheke auf § 23 Apothekenbetriebsordnung berufen. Die Norm besagt, dass Apotheken zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet sind. Die zuständigen Behörden – in NRW die Kammer – regeln jedoch, wann welche Apotheken von der Dienstbereitschaft befreit sind. „Eine Apotheke, die nicht für einen Notdienst eingeteilt worden ist, hat daher gemäß § 23 ApBetrO keine Dienstbereitschaft und hat geschlossen zu bleiben“, heißt es in den Klageschriften. Aus dieser Vorschrift lasse sich für Apothekeninhaber kein Recht auf Öffnung ihrer Apotheke ableiten, soweit sie an Sonn- und Feiertagen Bestellungen abwickeln und ausliefern lassen, aber keinen Notdienst versehen.

Nun muss sich zeigen, wie die Gerichte in Berlin und Köln den jeweiligen Fall sehen. Man darf auf ihre Entscheidungen gespannt sein – auch ob sie eine gemeinsame Linie fahren.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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