Dokumentation bei der Ausstellung von Impfzertifikaten

„Klare Informationen wären schön gewesen“

Berlin - 21.06.2021, 17:50 Uhr

Neue Aufgaben werfen neue Fragen auf, auch beim digitalen Impfzertifikat aus der Apotheke. (Foto: IMAGO / Christian Ohde)

Neue Aufgaben werfen neue Fragen auf, auch beim digitalen Impfzertifikat aus der Apotheke. (Foto: IMAGO / Christian Ohde)


BMG: Personenbezogene Dokumentation kann zulässig sein

Das BMG erklärt in seiner Antwort an DAZ.online zunächst, was unter den geeigneten Maßnahmen gegen eine missbräuchliche Ausstellung zu verstehen ist: „Hierzu gehört neben einer Schulung des Personals, der gewissenhaften Prüfung der Echtheit der Impfdokumentation und der Identität der geimpften Person auch die Belehrung über die Strafbarkeit eines rechtswidrigen Gebrauchs einer fehlerhaft erstellten Impfdokumentation durch die geimpfte Person im Rechtsverkehrt (§ 75a IfSG)“. Weiter heißt es, dass die Regelungen des § 22 Abs. 5 IfSG sowie § 9 Abs. 3 der Coronavirus-Impfverordnung gesetzliche Datenverarbeitungstatbestände für die Ausstellung und Abrechnung schaffen. „Eine Speicherung des Zertifikats oder die Durchführung einer personenbezogenen Dokumentation ist insoweit nicht vorgesehen“. Aber: Neben den genannten gesetzlichen Datenverarbeitungstatbeständen könne auch allgemeines Datenschutzrecht zur Anwendung kommen und als Rechtsgrundlage für eine entsprechende Dokumentation der Durchführung einer Belehrung dienen. Das heißt: Verboten ist diese Dokumentation aus BMG-Sicht nicht. Auch die Nutzung eines entsprechenden Einwilligungsformulars für eine personenbezogene Dokumentation zum Nachweis des Nachkommens der Prüfpflicht aus § 22 Abs. 5 Satz 2 IfSG hält man dort für eine datenschutzrechtlich zulässige Möglichkeit.

Inwieweit als Alternative noch weitere datenschutzrechtliche Erlaubnistatbestände nach der Datenschutz-Grundverordnung greifen können (wie von Douglas beschrieben), sei eine Auslegungsfrage, die von den jeweiligen Datenschutzaufsichtsbehörden unterschiedlich beurteilt werden könne, so der BMG-Sprecher weiter. Es sei daher immer sinnvoll, sich frühzeitig mit der jeweils zuständigen Landesaufsichtsbehörde in Verbindung zu setzen.

Baden-Württemberg macht sich tiefgehende Gedanken

Und was sagen nun die Landesdatenschutzbehörden? DAZ.online hat exemplarisch bei dreien von ihnen nachgefragt. Die ausführlichste Antwort kam aus Baden-Württemberg. Auch hier wird konstatiert, dass das Gesetz nicht ausdrücklich regelt, wie Apotheken den Prüfpflichten nach § 22 Abs. 5 Satz 2 IfSG nachzukommen und inwieweit sie etwas (für wie lange) zu dokumentieren haben. Eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit könne man (aus Wortlaut und Begründung) nur für das Robert Koch-Institut (RKI) erkennen. Dorthin übermittle der Apotheker zur Erstellung des Impfzertifikats einen bestimmten Datensatz – dann sei das RKI befugt, die zur Erstellung und Bescheinigung des COVID-19-Impfzertifikats erforderlichen personenbezogenen Daten zu verarbeiten.

Die Pressestelle des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg verweist in ihrer Antwort im Weiteren auch auf die von Douglas herangezogene Begründung, zitiert diese aber noch umfassender:


Wird das digitale Impfzertifikat nachträglich ausgestellt, sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine missbräuchliche Ausstellung etwa aufgrund der Vorlage gefälschter Impfnachweise zu unterbinden.Insbesondere ist die geimpfte Person vor Ausstellung anhand des Personalausweises oder eines vergleichbaren Ausweisdokumentes, wie etwa eines ausländischen Ausweises, zu identifizieren und über die Konsequenzen der Vorlage einer unrichtigen Impfdokumentation zu belehren. Die Ausstellung ist hingegen zu verweigern, wenn der Verdacht besteht, dass die geimpfte Person eine unechte oder gefälschte Impfdokumentation vorgelegt hat. Die Durchführung der Überprüfung, die ordnungsgemäße Belehrung und die Ausstellung des Impfzertifikates sind zu dokumentieren.Im Rahmen der Verpflichtung, geeignete Maßnahmen zu treffen, ist auch zu gewährleisten, dass die ausstellenden Personen ausreichende Kenntnisse von den formellen Anforderungen an die Impfdokumentation nach den Bestimmungen des Infektionsschutzrechts erhalten.“

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze 




Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

by the way

von Karl Friedrich Müller am 22.06.2021 um 9:11 Uhr

finde ich es erschreckend, wie viele nicht mit ihrem Smartphone umgehen können. Viele haben eines, nutzen es jedoch nur für spezielle Zwecke. Schon das Herunterladen einer App wird zum Problem. So stellen wir den Kunden nicht nur Zeritifikate aus, sondern helfen auch noch weiter.
ABER: wie soll so das eRezept funktionieren? Der Besitz eines Smartphones sagt noch gar nichts aus über die digitale Kompetenz des Besitzers.
Bleibt die Arbeit der Aufklärung einmal mehr an den Apotheken hängen? Wie wird das vergütet? Frage ich mal ganz ketzerisch? Gar nicht? Wir haben nur eine Menge zusätzlicher Kosten? Immerhin könnte das zur Kundenbindung beitragen, wovon ich aber nicht unbedingt überzeugt bin. Wenn der Kunde die Apps der Versender entdeckt, ist wieder Schluss, möglicherweise.
2. Danke für den obigen Kommentar von Herrn Schenkel, der den anvisierten Bürokratiegau in die Schranken verweist.

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Aufzeichnen für die Katz!

von Andreas P. Schenkel am 21.06.2021 um 20:49 Uhr

Indem der Kunde seinen Wunsch äußert, ein digitales Impfzertifikat zu erhalten, wird die Apotheke in seinem Auftrag gegenüber dem RKI tätig.

Bereits damit erklärt sich der Kunde mit der vorübergehenden Verarbeitung einiger seiner personenbezogenen Daten einverstanden. Denn ihm ist im Voraus bekannt, dass hierzu die Apotheke diese personenbezogenen Daten vorübergehend benötigt, um das Zertifikat ausgeben zu können. Jeder, der ein solches Zertifikat benötigt und anfordert, hat die hierfür nötige grundlegende Einsicht in technische Gegebenheiten, um zu wissen, dass eine Datenverarbeitung stattfinden wird.

Weiterhin verbleiben keinerlei Daten in der Apotheke, nachdem der Kunde sein Zertifikat erhalten hat. Der Zweck der Verarbeitung für den Kunden ist die Erlangung des Zertifikats, der Zweck für die Apotheke ist es, das Zertifikat abgeben zu können. Eine Aufzeichnung des Vorfalls über den Zeitpunkt der Zertifikatsausreichung hinaus wäre zwecklos. Da keine Daten in der Apotheke verbleiben, werden sie auch nicht mehr verarbeitet. Dementsprechend ist es nicht erforderlich, dass der Kunde einer Datenverarbeitung nach der Zertifikatsausgabe zuzustimmt.

Hinsichtlich des Belehrung ist dem Kunden im Voraus bekannt, dass Urkundenfälschung nach § 267 StGB strafbar ist. Bereits deshalb ist es fraglich, ob eine Belehrung nötig und im Übrigen auch sinnvoll ist. Damit scheint es recht zweifelhaft, ob die Aufzeichnung von personenbezogenen Daten deswegen gerechtfertigt ist.

Das einzige parlamentarische Dokument mit dem Inhalt der Aufzeichungspflichten, das ich auffinden konnte, war ein Entwurf einer Bundestagsfraktion. Im weiteren parlamentarischen Ablauf wurde dieser Passus jedoch nicht weitergeschrieben, quasi eine Extinktion im parlamentarischen Gesetzesfertigungsablauf. Evolutionär gesehen hat sich die Idee also nicht bewährt, wurde nicht konserviert und wurde folglich nicht in das Gesetz aufgenommen.

Somit scheint mir die Position der ABDA richtig zu sein: Nicht Erforderliches sollte nicht gemacht werden, aus rechtlichen und arbeitsökonomischen Gründen zugleich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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