Mythos Apotheke (Teil 5)

Sind Medikamente wegen der starken Apotheken-Lobby in Berlin so teuer?

Berlin - 21.12.2020, 09:15 Uhr

Profitieren die Apotheken von ihrer starken Lobby in Berlin? (Foto: imago images / Schöning)

Profitieren die Apotheken von ihrer starken Lobby in Berlin? (Foto: imago images / Schöning)


Auch Großhandelskürzungen treffen Apotheken

Indirekt wirten sich auch Honorarkürzungen für die pharmazeutischen Großhändler, etwa infolge des GKV-Modernisierungsgesetzes und des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG), auf die Ertragssituation der Apotheken aus. „Diese führten dazu, dass die bis dahin gewährten Rabatte an die Apotheken durch die Großhändler gekürzt werden mussten, um selbst rentabel wirtschaften zu können.“ Die Apotheken, so Kaapke/Kleber-Herbel/Hüsgen, hätten zuvor mit den Preisnachlässen der Großhändler in „durchaus stattlichen Höhen“ kalkuliert, sodass deren Kürzungen auch die Apothekenbetriebe stark getroffen haben. Hinzu kommt demnach, dass die Vergütung der Apotheken seit vielen Jahren der Inflation hinterherhinke.

Überraschenderweise habe das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit dem VOAASG trotz des im Jahr 2016 veröffentlichten 2hm-Gutachtens eine teilweise Neustrukturierung der Vergütung der Vor-Ort-Apotheken und eine Honorierung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen angestoßen. „Insbesondere die avisierte Honorierung der Dienstleistungen ist grundsätzlich positiv zu bewerten, da dies eine neue Säule in der Vergütung darstellt“, heißt es in dem Buch. Offen sei derzeit noch, welche Leistungen genau vergütet werden sollen. „Das Problem dabei: Wie kann bei der Aufstellung eines entsprechenden Dienstleistungskatalogs sichergestellt werden, dass alle Apotheken (gleichermaßen) in der Lage sind, diese Dienstleistungen mit Blick auf den zeitlichen (Mehr-) Aufwand und das erforderliche Fachpersonal zu erbringen?“ Inwiefern diese Säule des Apothekenhonorars allen Betrieben zugutekommen könne, bleibe unklar.

EuGH-Urteil sorg für Schieflage

Darüber hinaus führt das Trio das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 an. Darin hatten die Luxemburger Richter die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel zugunsten europäischer Versandhändler gekippt, während Apotheken mit Sitz in Deutschland sich weiter daran halten müssen. „Ein fairer Wettbewerb zwischen deutschen Apotheken und ausländischen Versandapotheken ist auf dieser Grundlage wohl kaum möglich“, schreiben Kaapke/Kleber-Herbel/Hüsgen.
 

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Von Andreas Kaapke / Nina Kleber-Herbel / Uwe Hüsgen

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Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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