Badezusätze bei Erkältungen

Ökotest: Gibt es gute Erkältungsbäder?

Stuttgart - 28.10.2019, 08:59 Uhr

Wärmen Erkältungsbäder nur oder helfen tatsächlich die enthaltenen ätherischen Öle bei Erkältungen? Ökotest hat dem nachgespürt. Gute Bewertungen gibt es nicht, befriedigend ist die beste Note. Patienten sollten in jedem Fall zu Arzneibädern greifen, so das Fazit. (s / Foto: Maridav / stock.adobe.com)

Wärmen Erkältungsbäder nur oder helfen tatsächlich die enthaltenen ätherischen Öle bei Erkältungen? Ökotest hat dem nachgespürt. Gute Bewertungen gibt es nicht, befriedigend ist die beste Note. Patienten sollten in jedem Fall zu Arzneibädern greifen, so das Fazit. (s / Foto: Maridav / stock.adobe.com)


Erkältungsbäder – „wohltuend“ und „befreiend“. Stimmt das? Ökotest hat 20 Badezusätze bei Erkältungen gecheckt, mit dabei auch Pinimenthol. Das Fazit der Verbraucherschützer: Wenn es denn ein Erkältungsbad sein soll, dann wenigstens ein Arzneimittel und kein Kosmetikum. Doch auch bei Arzneibädern müssen Patienten – oder Apotheker – genau hinschauen.

„Pünktlich zur Schnief-Saison haben wir 20 Erkältungsbäder in die Labore geschickt – 13 Arzneimittel und 7 Kosmetikprodukte“, erklärt Ökotest in der aktuellen Novemberausgabe von 2019. Auch wenn Wannenbäder mit ätherischen Ölen bei Patienten teilweise als Hausmittel beliebt sind, kann sich Ökotest maximal zu „befriedigend“ durchringen, sechs der Badezusätze bewertet Ökotest sogar mit der schlechtesten Note „ungenügend“. Warum?

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Ökotest unterscheidet bei Erkältungsbädern klar zwischen Arzneibädern und Badezusätzen, die als reines Kosmetikum im Handel sind. Für eine wissenschaftliche Bewertung der Inhaltsstoffe zog Ökotest Professor Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität Frankfurt am Main zu Rate.

Arzneibäder: Zulassung durch Erfahrung

Zunächst zu den Arzneibädern: Sie werden als nicht-apothekenpflichtige Arzneimittel nicht nur von Apotheken, sondern auch von zahlreichen Discountern, Drogerien und Supermärkten vertrieben. Ihre Zulassung als Arzneimittel basiert auf dem Erfahrungsschatz aus der Volksmedizin, nicht jedoch auf einer evidenzbasierten Phytotherapie, weswegen die Badezusätze auch in keiner Leitlinie empfohlen würden, so Ökotest. Das genügt den Verbraucherschützern nicht. In der Tat finden sich Erkältungsbäder weder in der DEGAM-Leitlinien zu Rhinosinusitis noch zu Akutem und chronischem Husten (abgelaufen 02/2019). Mehr als die Note „befriedigend“ will Ökotest sodann auch nicht vergeben, „wenn das Anwendungsgebiet eines Arzneimittels vor allem auf Erfahrungen aus der Volksmedizin“ beruht. Diese „dünnen“ Wirksamkeitsnachweise für die unterstützende Behandlung von Erkältungskrankheiten erbringen ausnahmslos alle Hersteller von Arzneibädern nur „teilweise“.

Erkältungsbad: Es wärmt den Körper

Auch die DAZ 40/2017 widmete sich im Beratungsbeitrag „Gesundbaden – Mit medizinischen Badezusätzen und Moorbädern Erkrankungen vorbeugen“ unter anderem Erkältungsbädern. „Die Anwendung eines Erkältungsbades ist sinnvoll, wenn erste Symptome wie Frösteln, Halskratzen und Nasekribbeln auftreten, weil es den Körper aufwärmt, zur Muskelentspannung beiträgt und man, wie es ja empfohlen wird, im Anschluss mindestens zwei Stunden ruhen soll“, so die Autorin und Apothekerin Dr. Constanze Schäfer. Auch sie scheint den Nutzen eines Erkältungsbades somit vornehmlich der Wärme und weniger den ätherischen Ölen zuzuschreiben. „Wer Glück hat, schläft sich so gesund und bietet dem Anflug der Erkältung erfolgreich die Stirn.“

Risiken von ätherische Ölen 

Die Verbraucherschützer warnen zudem, dass ätherische Öle auch Risiken bergen können. Explizit hat Ökotest hier Campher im Blick. Campher besitze nur eine geringe therapeutische Breite, bei „möglicherweise gravierenden Nebenwirkungen“. Selbst in der Medizin sei er umstritten, weswegen Campher in Erkältungsbädern wohl erst recht nichts zu suchen hat. Gefährlich kann er vor allem für Säuglinge und Kleinkinder sein. Vergiftungsgefahr bestehe durch Aufnahme und das Risiko eines Atemstillstandes oder von Krampfanfällen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nahm bereits 2008 Stellung zu ätherischen Ölen, speziell auch bei kleinen Kindern: „Bei Kindern unter drei Jahren ist besondere Vorsicht geboten bei der Anwendung von Campher, Eukalyptus-, Thymian- und Pfefferminzöl (Menthol). Diese ätherischen Öle gelten als besonders problematisch. Schon kleinste Mengen (z.B. wenige Tropfen), die in Mund oder Nase geraten, können bei Säuglingen und Kleinkindern zu lebensbedrohlichen Verkrampfungen des Kehlkopfs und zu Atemstillstand führen. Weitere unerwünschte Wirkungen sind Haut- und Schleimhautreizungen, Erbrechen, Bewegungsstörungen oder sogar Krampfanfälle.“

Wirkstoffe nicht als deklarationspflichtige Duftstoffe aufgeführt

Gestört hat sich Ökotest bei den Arzneibädern auch daran, wie die Inhaltsstoffe deklariert werden. Denn: „Keiner der Anbieter von Arzneibädern hat deklarationspflichtige Duftstoffe, die Allergien auslösen können, aufgeführt“, moniert Ökotest. Allergieauslösende Duftstoffe müssen auch in Arzneimitteln ausgewiesen werden – aber nur für Hilfsstoffe. In den Badezusätzen seien ätherische Öle jedoch als Wirkstoff enthalten, argumentieren die Anbieter. Ein solches Vorgehen verurteilen die Vebraucherschützer, da es dem Allergiker nicht helfe. Abzug gab es zudem für Campher als Inhaltsstoff oder PEG-Derivate (Polyethylenglykole), „die PEG-basierten Emulgatoren können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen“, das sei nicht erwünscht. Wie sind nun die Ergebnisse?

Wie schneiden Pinimenthol und Kneipp ab?

Kneipp Erkältungsbad Spezial und Pinimenthol Erkältungsbad werden mit „mangelhaft“ benotet. Beide enthalten Campher, Pinimenthol® zusätzlich Cumarin, ist dafür jedoch als einziges Arzneibad frei von PEG-Derivaten. Besser – das bedeutet „befriedigend“ – schneiden nur beispielsweise die campherfreien Arzneibäder der Eigenmarken von dm, Edeka oder Rossmann ab, während Stadas Erkältungsbad und Tetesept Erkältungsbad „ungenügend“ erhalten.

Kein Warnhinweis für Asthmatiker

Stada lässt den Hinweis „Das Produkt bei Asthma nicht anwenden“ vermissen – allerdings will Stada den Vertrieb des hauseigenen Erkältungsbades Ökotest zufolge ohnehin einstellen. Bei Tetesept bemängelt Ökotest zusätzlich zum Campher auch Delta-3-Caren – was ein starkes Allergen sei. Das bestraft Ökotest mit zwei Noten Abzug. Delta-3-Caren ist unter anderem Bestandteil von von Kiefern und Terpentinöl. Die Gefahreneinstufung von Delta-3-Caren umfasst auch die H-Sätze 315 und 317 – „Verursacht Hautreizungen“ und „Kann allergische Hautreaktionen verursachen“.

Erkältungsbäder als Kosmetikum dürfen gar nicht wirken

Ökotest beschreibt sehr schön das Dilemma, in dem sich Erkältungsbäder befinden, die nicht als Arzneibäder zugelassen, sondern als reines Kosmetikum angezeigt sind: „Sie sollen wirken, ohne wirken zu dürfen“, erklären die Verbraucherschützer. Denn wirken sie vergleichbar einem Arzneimittel, dann müssen sie auch als solches zugelassen werden. Dieser Krux begegnen die Hersteller solcher Produkte meist, indem sie Werbebotschaften in Richtung Gesundheit senden, wie „wohltuend“ oder „befreiend“. Übertreiben dürfen sie es allerdings nicht, denn medizinische Wirkversprechen wie bei Arzneimitteln gelte es zu vermeiden, erkennt Ökotest die Strategie.

Allerdings lassen sich die Verbraucherschützer hier wenig beeindrucken, auch wenn es nur Kosmetika sind. „Wir sehen in den Formulierungen auf den Kosmetika einen Anspruch, wie Arzneimittel zu helfen“. Da der Anspruch wie auch bei den Arzneimitteln nach Auffassung ihres Gutachters bestenfalls teilweise belegt ist, zieht Ökotest auch hier zwei Noten ab.

Warnhinweise für Säuglinge und Schwangere fehlen

Worin die Arzneibäder vorbildlich sind, ist die Deklaration von Warnhinweisen zur Anwendungsbeschränkung von ätherischen Ölen bei Säuglingen, Kleinkindern unter zwei Jahren sowie bei Schwangeren, bei geschädigter Haut, Asthma und Fieber. Diese Sorgfalt lassen kosmetische Erkältungsbäder teilweise oder ganz vermissen. Es wundert somit nicht, dass kosmetische Erkältungsbäder über ein „ausreichend“ - und das schafft nur Frühmesmer Badeöl - nicht hinauskommen. Spitzner Balneo Thymianöl-Bad bewertet Ökotest mit „mangelhaft“, für Dermasel Totes Meer Badesalz Erkältung & Atemfrei reicht es nur für „ungenügend“. Es zählt auch zu den campherhaltigen Produkten, genau wie das Präparat vom Drogeriemarkt Müller. Wepa schneidet nicht besser ab, hier waren neben Delta-3-Caren auch Deklarationsmängel, unter anderem nicht aufgeführte, aber enthaltene Duftstoffe, das Problem.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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