Ausbeutung im Versandhandel beenden

Bundestag beschließt Paketboten-Schutz-Gesetz

Stuttgart - 25.10.2019, 14:29 Uhr

Durch Nachunternehmerhaftung sollen Paketboten künftig vor Ausbeutung geschützt werden. Das bedeutet: Der Versandhändler, der Aufträge an ein Subunternehmen vergibt, haftet für die abzuführenden Sozialabgaben. Das beschloss der Bundestag mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz am Donnerstag. ( r / Foto: imago images / Sven Simon)

Durch Nachunternehmerhaftung sollen Paketboten künftig vor Ausbeutung geschützt werden. Das bedeutet: Der Versandhändler, der Aufträge an ein Subunternehmen vergibt, haftet für die abzuführenden Sozialabgaben. Das beschloss der Bundestag mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz am Donnerstag. ( r / Foto: imago images / Sven Simon)


Nachdem das Paketboten-Schutzgesetz im September das Kabinett passiert hatte, beschloss der Bundestag mit den Stimmen von Union, SPD, Linken und Grünen das von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf den Weg gebrachte Gesetz am gestrigen Donnerstag. Mit ihm soll der Ausbeutung von Paketboten – in Zeiten des wachsenden Versandhandels, auch bei Arzneimitteln – ein Riegel vorgeschoben werden. 

Der Versandhandel boomt, Menschen nutzen ihn, um sich Bücher, Superfood oder Café-Vollautoamten schicken zu lassen. Auch Arzneimittel bestellen manche via Paketboten. Eines der Probleme beim Versandhandel ist jedoch, dass Paketboten teilweise schlecht bezahlt werden und ohne Absicherung arbeiten, da die Arbeitgeber keine Sozialbeiträge leisten. Das ändert sich nun: Am Donnerstag beschloss der Bundestag mit den Stimmen von Union, SPD, Linken und Grünen das von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) initiierte Paketboten-Schutz-Gesetz. Dieses hatte im September dieses Jahres das Kabinett passiert.

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Paketboten sollen vor Ausbeutung geschützt werden

Die AfD stimmte gegen das Gesetz, die FDP enthielt sich. Nach Ansicht des AfD-Abgeordnete René Springer enden unzumutbare Arbeitsbedingungen mit 12- bis 16-Stunden-Tagen durch das Gesetz nicht, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Auch der FDP greift der Paketbotenschutz nicht weit genug, denn Schwarze Schafe würden künftig wohl einfach Lohnabrechnungen fälschen, so der FDP-Abgeordnete Carlo Cronenberg.

Kritik kam auch seitens der Linken. Pascal Meiser forderte laut dpa, dass die Weitergabe von Aufträgen an Subunternehmer künftig nur noch bei Auftragsspitzen erlaubt seien sollte.

Was kommt mit dem Paketboten-Schutzgesetz?

Das Paketboten-Schutz-Gesetz soll künftig sichern, dass Sozialbeiträge korrekt bezahlt werden. Dafür wird die sogenannte Nachunternehmerhaftung eingeführt. Das bedeutet: Der Versandhändler, der Aufträge an ein Subunternehmen vergibt, haftet für die abzuführenden Sozialabgaben. Ist der Subunternehmer folglich säumig, muss sodann der Versandhändler selbst in die Bresche springen. Die Auftragsvergabe an Subunternehmen ist in der Paketbranche nicht unüblich, gerade große Versandunternehmen sind zum Teil dazu übergegangen, einen Teil ihrer Pakete oder sogar alle von Zustellern ausliefern zu lassen, die bei Subunternehmen angestellt sind.

Vor allem die Subunternehmer stehen jedoch in der Kritik, gegen Arbeitsrecht zu verstoßen. Von Schwarzgeldzahlung, Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug zulasten der Paketboten war beim Kabinettsbeschluss des Paketboten-Schutz-Gesetzes die Rede. Die dpa berichtete im September, dass eine bundesweite Razzia des Zolls im Februar 2019 ergeben hat, dass jedes sechste Beschäftigungsverhältnis fragwürdig gewesen ist. Die Deutsche Presse-Agentur verwies damals auf auf Daten des Arbeitsministeriums.

Ausnahmen von der Nachunternehmerhaftung

Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Unternehmen die Nachunternehmerhaftung umgehen – indem sie mit seriösen Subunternehmen zusammenarbeiten. Hat ein Subunternehmen bislang ordnungsgemäß Sozialabgaben abgeführt, können Krankenkassen und Berufsgenossenschaften diesem eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen. Und was wenn dieses Subunternehmen die Abgaben dann doch nicht abführt? Wurde das Subunternehmen geprüft und dessen „Unbedenklichkeit“ bescheinigt, dann ist der auftraggebende Versandhändler aus dem Schneider, er ist von der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge befreit, selbst wenn das Subunternehmen die Beiträge wider Erwarten doch nicht abführt.

Das kritisierte die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke. Sie spricht sich dagegen aus, dass für Subunternehmer die Möglichkeit gegeben werden soll, sich korrektes Verhalten bescheinigen zu lassen. Ob die Arbeit wirklich korrekt bezahlt werde, sage diese Bescheinigung nicht, zitiert die dpa die Abgeordnete.

Das Prinzip der Nachunternehmerhaftung ist kein neues. In der Fleischwirtschaft und im Bau gilt es bereits.

SPD: Arbeitnehmer haben ordentlichen Lohn verdient

SPD-Fraktionsvize Katja Mast betonte, mit dem Gesetz würden Schutz und Chancen im digitalen Wandel gegeben. Die vielfältigen Missstände seien die Schattenseiten im Boom des Onlinehandels. Doch die Arbeitnehmer hätten ordentlichen Lohn verdient.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Paket-Schutz

von atopom am 25.10.2019 um 15:48 Uhr

Jetzt muss nur noch ein Paketschutzgesetz verabschiedet werden, damit die Bevölkerung vor der Überflutung mit Paketen und Paketbotenfahrzeugen geschützt wird.

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