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Wahlprüfsteine (IV): Gewerkschaften und Mitbestimmung

Parteipositionen zur Bundestagswahl

ADEXA hat die Programme aller Parteien mit realistischer Chance auf einen Platz im Bundestag ausgewertet und Fragen aus der Sicht von Arbeitnehmern gestellt. Lesen Sie im vierten Teil, welche Bedeutung die Parteien künftig Gewerkschaften und Betriebsräten einräumen.
Grafik: VRD – Fotolia.com

Seit Mitte 2015 sorgt das Tarifeinheitsgesetz für Kontroversen in Deutschland. Es sieht vor, dass bei unterschiedlichen Tarifverträgen im gleichen Betrieb nur Regelungen der mitgliederstärksten Gewerkschaft zum Zuge kommen. Gewerkschaften und Opposition kritisieren entsprechende Regelungen. Außerdem sind mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig. Wir wollten wissen, welche Schwerpunkte die Parteien im Bereich der ­Tarifhoheit von Gewerkschaften und der Mitbestimmung von Arbeitnehmern setzen. Ihre Antworten:

CDU/CSU: Mitbestimmung neuen Gegebenheiten anpassen

„Seitdem unter Konrad Adenauer das Betriebsverfassungsgesetz eingeführt wurde, haben Arbeitnehmer das Recht, in persönlichen, wirtschaft­lichen und sozialen Angelegenheiten in ihrem Betrieb mitzubestimmen“, schreibt die Union. „Wir wollen, dass sich Arbeitnehmer in Deutschland auch in der digitalen Arbeitswelt auf die Mit­bestimmung verlassen können und dass möglichst viele Beschäftigte durch Betriebsräte vertreten werden.“ Auf dieser Grundlage planen Christ­demokraten und Christsoziale, die Mitbestimmung – wo nötig – an neue Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt anzupassen.

SPD: Plädoyer für starke Gewerkschaften und Tarifverträge

Sozialdemokraten planen einen „Pakt für anständige Löhne und für eine stärkere Tarifbindung“. Sie sehen starke Gewerkschaften und eine hohe Tarifbindung als Voraussetzung für gute Löhne und faire Arbeitsbedingungen.

„Tarifgebundenen Betrieben geben wir mehr Gestaltungsmöglichkeiten als Betrieben ohne Tarifbindung“, schreiben sie im Programm. „Die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeits­erklärung von Tarifverträgen werden wir weiter verbessern und die Voraussetzungen präzisieren.“ Um die Rechte von Angestellten zu stärken, kann sich die SPD auch ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften vorstellen. Sie sieht durch Digitalisierungs­strategien vieler Unternehmen weitere Herausforderungen auf Arbeitnehmer zukommen, die vor allem durch ein Beschäftigtendatenschutzgesetz zu ­regeln ­wären. Dabei wünscht sich die Partei auch, Mitspracherechte von Betriebsräten bei der Einführung von IT-Systemen und Software zu stärken.

Als größeres Problem bewerten SPD-Experten, dass es viele Firmen ohne betriebliche Mitbestimmung gibt. Sie empfehlen ein umfangreiches Maßnahmenpaket – inklusive vereinfachtem Wahlverfahren, erweitertem Kündigungsschutz und Schwerpunktstaatsanwaltschaften, falls Arbeit­geber Betriebsräte einschränken.

Bündnis 90/Die Grünen: „Update“ für die Mitbestimmung

Zum Thema Tarifbindung äußern sich die Grünen ebenfalls. Tarifverträge sollen leichter allgemeinverbindlich werden und für alle Betriebe einer Branche gelten. Gleichzeitig wünscht sich die Partei starke Betriebsräte. „Wir wollen sie besser schützen, ihre Mitbestimmungsrechte ausbauen und den Schwellenwert für die paritätische Unternehmensmitbestimmung auf 1000 Beschäftigte absenken. Denn Partizipation und Demokratie sind auch im Wirtschaftsleben wichtig.“

FDP: System der Betriebsräte reformieren

Auch die FDP hat neue Konzepte vorzuweisen. „Wir Freien Demokraten wollen das System der Betriebsräte reformieren“, heißt es auf Anfrage. „Wir wollen das Quorum zur Einrichtung eines Betriebsrats auf 25 Prozent der Mitarbeitenden festlegen.“

Bei der Wahl von Betriebsräten müsse es mehr Demokratie geben, etwa Online-Wahlen, Listenwahl mit Personenanteil, Kumulieren und Panaschieren. Die Aktualität der Mitbestimmungsthemen sei ebenfalls zu überprüfen – etwa mit Blick auf die technologische Weiterentwicklung in der Arbeitswelt.

Die Linke: Betriebsräten mehr Mitbestimmungsrecht geben

In ihrem Wahlprogramm setzt sich die Linke nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen ein. „Auch die Mitbestimmung von Beschäftigten in Betrieben und Unternehmen wollen wir ausbauen, sodass Betriebsräte beispielsweise auch über die Personalausstattung und über wirtschaftliche Fragen mitbestimmen können.“

AfD: Betriebsrat und Gewerkschaften keine zentralen Themen

Die Alternative für Deutschland (AfD) äußert sich in ihrem Programm nicht detailliert zur künftigen Bedeutung von Gewerkschaften oder Betriebs­räten. |

Michael van den Heuvel

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