Wissenschaft

Forschung an universellem Anti-Zecken-Impfstoff

Remagen - 01.10.2019, 10:15 Uhr

Niedersächsische Wissenschaftler forschen an einer „Impfung gegen Zeckenbisse". (s / Foto: imago images / McPhoto)

Niedersächsische Wissenschaftler forschen an einer „Impfung gegen Zeckenbisse". (s / Foto: imago images / McPhoto)


Wissenschaftler aus Braunschweig haben einen universellen Impfstoff gegen Krankheiten entwickelt, die von Zecken übertragen werden. Das geniale daran ist, dass der Impfstoff sich nicht gegen die Krankheiten, sondern gegen die Zecke selbst richtet. Für die Weiterentwicklung der Vakzine haben sie nun die Norden Vaccines GmbH gegründet.

Zecken können während ihres komplexen Lebenszyklus Blut unterschiedlicher Tierarten aufnehmen und dabei zahlreiche Infektionskrankheiten übertragen. Zu den in unseren Breiten bekanntesten gehören die durch Bakterien verursachte Borreliose und die durch Viren verursachte Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Die Herstellung von Impfstoffen gegen das ganze Spektrum der durch Zecken übertragenen Krankheiten wäre zwar ideal, aber wohl kaum praktikabel. Forscher von der Universität Braunschweig haben deswegen bei ihrer Impfstoffentwicklung einen anderen Angriffspunkt ins Visier genommen, nämlich die Zecke selbst. Wie das funktioniert, erklärt die TU Braunschweig in einer Pressemitteilung

Zeckenspeichel neutralisieren und die Zecke abstoßen

Nach einem Biss braucht ein Zecke 24 bis 36 Stunden, bis sie das Blut aufnehmen kann. Deswegen sollen die Plagegeister auch immer so rasch wie möglich entfernt werden. In dieser Zeit kämpft das Spinnentier gegen das Immunsystem und die Blutgerinnung des Wirts an. Mit dem Speichel scheidet die Zecke bestimmte Proteine aus, die zum Beispiel die Blutgerinnung oder den Juckreiz an der Bissstelle verhindern sollen. Der neue universelle Impfstoff soll eine Immunantwort auslösen, der die Proteine im Zeckenspeichel erkennt und neutralisiert. Ziel ist, dass die Zecke bereits zu Beginn des Bisses abgestoßen wird, bevor überhaupt Krankheitserreger in das menschliche Blut übertragen werden können.

Zwei Millionen Euro Fördergelder

Das Forschungsprojekt an der Abteilung Biotechnologie der Technischen Universität Braunschweig wird derzeit mit mehr als zwei Millionen Euro aus der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Das hochkompetitive Go-BIO Programm fördert explizit die Ausgründung von Firmen für die Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen zu konkreten Medikamenten. Die aktuellen wissenschaftlichen Fortschritte haben das Forscherteam nun zu diesem nächsten Schritt veranlasst.

Norden Vaccines GmbH – Der Name ist Programm

Der Name der privat finanzierten Ausgründung der Technischen Universität Braunschweig mit weiteren Partnern beschreibt sowohl deren Standort als auch das Programm. Die „Norden Vaccines GmbH“ soll sich mit der Entwicklung innovativer Impfstoffe befassen. Der Zeckenimpfstoff soll das erste Projekt sein. „Die anstehenden Arbeiten bis zur Klinischen Prüfung sind an einer Universität allein nicht mehr zu leisten“, erklärt Geschäftsführer Karsten Fischer. „Deshalb sind wir für den Gewinn des Go-BIO-Wettbewerbs sehr dankbar, der uns die weitere praktische Umsetzung unserer Ideen in einem Start-up ermöglicht".

Mitgründer Michael Hust von der TU Braunschweig fügt an: „Wir im Norden ‚können‘ weltweit ausstrahlende Biotech-Hochtechnologie. Das möchten wir auch mit dem Namen ausdrücken.“ Der Wissenschaftliche Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung am Science Campus Braunschweig-Süd, an dem sich das Start-up angesiedelt hat, Dirk Heinz freut sich, dass sich die Norden Vaccines GmbH für Braunschweig entschieden hat: „Diese Neugründung stärkt unseren Standort als Hotspot der Infektionsforschung in Deutschland und eröffnet uns vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit und zum Austausch von Know-how in der Impfstoffforschung“, so Heinz´ Überzeugung. 

„Proof of Concept“ als nächster Schritt

Die Idee der Gründer ist patentiert und mehrfach preisgekrönt. Die „Impfung gegen Zeckenbisse" des Norden Vaccines Teams gehörte unter anderem zu den Gewinnern des Innovationspreises der Bioregionen Deutschlands 2019, der im April dieses Jahres verliehen wurde. Das junge Unternehmen will nun nachweisen, dass das Konzept funktioniert. Im Zuge des „Proof of Concept“ arbeiten die Braunschweiger Forscher an einem Tiermodell, das einen Impfstoff beziehungsweise eine Impfreaktion gegen die Ixodes-Zecke erzeugen soll. Wie lange es dauern wird, bis ein Zeckenimpfstoff zur Verfügung steht, kann der Biotechnologe Hust noch nicht sagen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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