Tierpharmazie

Achtung Zecken!

Haustiere können ungebetene Gäste mitbringen

Von Sabine Wanderburg | Pünktlich zum Frühjahr sind sie wieder ein Thema: Zecken. Diese blutsaugenden Parasiten sind für unsere Tiere nicht nur Lästlinge, sondern auch Krankheitsüberträger. Der erste Gedanke gilt der Borreliose, aber Zecken übertragen auch viele andere Krankheiten. Daher ist eine umfassende Zeckenprophylaxe, das heißt Meiden von Risikogebieten, Absuchen des Tieres nach Zecken und Anwenden von Präparaten zur Zeckenabwehr, zum Schutz vor Infektionen unumgänglich. Zusätzlich kann in bestimmten Fällen eine Impfung gegen Borreliose sinnvoll sein, auch wenn sie alleine keinen sicheren Schutz bietet.

In Deutschland wichtige Zeckenarten sind der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), die Bunt- oder Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) und eingeschleppt auch die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus). Während im Winter bei unter +7°C Ruhe vor den Parasiten herrscht, dauert ihre Aktivitätsphase von März bis November, mit Höhepunkten im Frühjahr und Herbst.

Wie kommt die Zecke aufs Tier?

Der Holzbock bevorzugt schattige und feuchte Biotope, lebt aber auch in Parks, Gärten und hoch bewachsenen Wegrändern. Je dichter die am Boden liegende Pflanzenschicht ist, desto besser ist sie für die Entwicklung des Holzbocks geeignet. Bei hoher Luftfeuchtigkeit wandern Zecken an den Pflanzen bis zu 80 cm hoch und warten auf einen geeigneten Wirt. Sie können einen potenziellen Wirt nicht sehen, sondern nehmen Körperausdünstungen, z.B. CO2, mit dem Hallerschen Organ am ersten Beinpaar wahr. Wirkstoffe wie DEET (Diethyltoluamid) oder Icaridin können Zecken davon abhalten, sich auf dem Wirt anzuheften. Allerdings wirken sie nur wenige Stunden und werden überwiegend beim Menschen angewandt. Berührt ein Tier die Pflanze, auf dem die Zecke sitzt, lässt sie sich abstreifen und sucht auf dem Wirt eine möglichst dünnhäutige und wenig behaarte Stelle, die sich für den Saugakt eignet, beispielsweise am Kopf, Hals, unter den Achseln oder in der Anogenitalregion.

Borreliose und andere Erkrankungen

Beim Saugakt, der mehrere Tage dauert, können auch aufs Tier viele Krankheiten übertragen werden. Beim Hund ist vor allem die Borreliose von Bedeutung, verursacht durch die schraubenförmigen Bakterienspezies Borrelia burgdorferi sensu stricto, B. garinii und B. afzelii. Etwa 95% der Infektionen verlaufen asymptomatisch. Ein Erythema migrans wird im Gegensatz zum Menschen so gut wie nie beobachtet. Wenn Symptome auftreten, kommt es meist zu fieberhafter Polyarthritis mit intermittierender Lahmheit sowie gehäuft bei Retrievern und Berner Sennenhunden zu Glomerulonephritis durch Immunkomplexablagerung. Sehr selten sind Herz oder Nervensystem betroffen. Therapeutisch ist Doxycyclin in der Dosierung von 10 mg/kg Körpergewicht zweimal täglich über 30 Tage Mittel der Wahl. Katzen erkranken nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht an Borreliose.

Darüber hinaus können Zecken beispielsweise Ehrlichien, Rickettsien, Coxiellen, Anaplasmen, Bartonellen und Babesien aufs Tier übertragen. Die Babesiose, auch Hundemalaria genannt und verursacht durch Babesia canis, wird von der Auwaldzecke übertragen und spielt in Deutschland vor allem in Süddeutschland und Brandenburg eine Rolle.

FSME bei Tieren

Seroepidemiologische Studien zeigen, dass Hunde und Pferde relativ häufig mit dem FSME-Virus Kontakt haben, ohne zu erkranken. Wahrscheinlich ist das Virus bei diesen Tierarten wenig neuroinvasiv. Die äußerst seltenen klinischen Erkrankungen treten nur bei geschwächtem Immunsystem auf, z.B. durch andere Erkrankungen. Wenn Hunde oder Pferde jedoch an FSME erkranken, dann mit schwerwiegenden neurologischen Symptomen, die häufig zum Tod führen. Es gibt im Gegensatz zum Menschen keinen zugelassenen Impfstoff für Tiere. Katzen erkranken nach derzeitigem Wissensstand nicht an FSME.

Wie kann man Zecken sicher abtöten?


Zecken sind zähe Überlebenskünstler. Bis zu zehn Tage überleben erwachsene Zecken in trockenen warmen Wohnungen. Ein Waschgang bei 40°C macht ihnen nicht viel aus und unter Wasser überleben sie problemlos einen Monat. Sie ertrinken weder im Abfluss noch in der Toilette.

Wie bringt man nun Zecken „todsicher“ um?

  • in der Waschmaschine oder im Wäschetrockner bei mindestens 60°C
  • in 40%igem Alkohol, Chlorreiniger oder Sagrotan®
  • im Gefrierfach bei -20°C für mindestens 24 Stunden
  • durch Zerquetschen mit einem harten Gegenstand, z.B. einem Glas

Letzteres ist die sicherste Methode. Zum Schutz vor dem direkten Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten der Zecke sollte diese vor dem Zerquetschen in ein zusammengefaltetes Papier eingeklappt werden.

Wie kann man Tiere effektiv schützen?

Wenn ein Tier vor Zeckenbefall geschützt wird, dient dies auch dem Schutz vor den übertragenen Krankheiten. Risikogebiete sollten gemieden werden und die Tiere sollten täglich sorgfältig nach Zecken abgesucht werden. Wie beim Menschen auch können Zecken beim Tier mechanisch mittels Zeckenzange, Zeckenhaken, Zeckenkarte oder Pinzette entfernt werden. Wichtig ist dabei ein gleichmäßiger, nicht zu ruckhafter Zug, damit der mit Widerhaken versehene Halteapparat am Kopf der Zecke nicht abgerissen wird.

Akarizide (Beispiele siehe Tabelle) töten Zecken ab, bevor Krankheitserreger übertragen werden. Pyrethroide haben sich auch wegen ihres repellierenden Effekts bewährt. Sie werden entweder als imprägnierte Halsbänder oder Spot-ons eingesetzt. Permethrin-haltige Produkte (außer Flumethrin) sind für Katzen toxisch und dürfen nicht bei ihnen angewendet werden. Die Zecken lassen sich nach kurzem Kontakt mit dem Tier wieder fallen, da Pyrethroide die freiliegenden Nervenzellen an den Extremitäten stark reizen (hot foot effect) und somit schon das Anheften der Zecken am Tier verhindern. Einen 100%igen Schutz kann jedoch kein Produkt garantieren. Insbesondere bei hoher Zeckenexposition kann zusätzlich eine Immunprophylaxe in Erwägung gezogen werden.

Impfung gegen Borreliose …

Im Unterschied zum Menschen gibt es für Hunde in Deutschland eine Impfung gegen Borreliose. Mittlerweile gibt es inaktivierte Vakzinen gegen Borrelia burgdorferi sensu stricto, B. garinii und B. afzelii. Merilym 3® (Fa. Merial) induziert anti-OspA-Antikörper gegen alle drei Spezies, während die anderen Vakzinen entweder nur gegen Borrelia burgdorferi sensu stricto (Eurican Merilym®, Fa. Merial) oder gegen B. garinii und B. afzelii (Rivac Borrelia®, Fa. Riemser Pharma bzw. Virbagen canis B®, Fa. Virbac) wirken. Eine Kreuzprotektivität zwischen den verschiedenen Borrelienspezies scheint es entgegen früherer Annahmen nicht zu geben.

Die Impfung entfaltet ihre Wirkung in der Zecke. Die mit der Blutmahlzeit aufgenommenen Antikörper gegen OspA, ein von Borrelien in der Zecke exprimiertes Oberflächenprotein, inaktivieren die Borrelien schon im Zeckendarm und verhindern bzw. vermindern dadurch eine zukünftige Infektion. Grundvoraussetzung für den protektiven Effekt in der Zecke ist ein hoher Impfantikörperspiegel im Hund.

Ältere Hunde sollten vor der Impfung serologisch auf eine bestehende Borrelien-Infektion getestet werden (C6-Antikörper), da es sonst durch die Impfung zu Immunkomplexbildung mit Glomerulonephritis und anderen Symptomen kommen kann. Auf natürliche Weise infizierte Hunde bilden im Gegensatz zu geimpften keine protektiven Antikörper und können sich erneut mit Borrelien infizieren.

Die Impfung kann bei hohem Expositionsrisiko zusätzlich zur Zeckenprophylaxe in Erwägung gezogen werden, wenn die eingesetzten Akarizide nicht ausreichen, z.B. bei Jagdhunden. Doch eine Impfung kann die Zeckenprophylaxe nicht ersetzen.

… und gegen Babesiose

Der Impfstoff Nobivac Piro® (Fa. Intervet) enthält lösliche Antigene von Babesia canis und B. rossi und besitzt eine EU-Zulassung. Er kann bei Bedarf aus Frankreich importiert und eingesetzt werden. Der Impfstoff wirkt allerdings nicht sehr effektiv, da die Impfung weder vor einer Infektion noch vor der Entstehung der Krankheit schützt. Sie mildert allerdings die klinischen Symptome nach einer Infektion, so dass der Einsatz in Gegenden, in denen Babesiose endemisch ist, überlegt werden kann.

Eine Chemoprophylaxe, zum Beispiel vor einer Reise nach Frankreich oder in andere Endemiegebiete, ist mit Imidocarbdiproprionat (Carbesia®, Fa. MSD Animal Health, keine Zulassung für Deutschland) möglich. In einer Dosierung von 6 mg/kg Körpergewicht s.c. kann es zwischen zwei und sechs Wochen vor einer Infektion schützen. 

Quelle

Leitlinie Verhinderung der Erregerübertragung durch Blut saugende Vektoren bei Hunden. September 2007.

Nauke, T. Babesiose/Piroplasmose – ein Update. In: veterinär spiegel 1/2008

Pantchev N. Halsband, Spot-on, Tablette und Co. - Wie schützt man den Hund gegen CVBD? In: Kompendium Kleintier 2013. Enke Verlag.

Vetidata-Liste zugelassener Ektoparasitika bei Hunden und Katzen (Stand: Januar 2013)

www.laboklin.com

www.zecken.de

 

Autorin

Sabine Wanderburg

Tierärztin

Seeweg 5a, 23701 Süsel

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