NHS England

Apotheker sollen Statine direkt an Risikopatienten abgeben

Remagen - 13.09.2019, 09:00 Uhr

Englands Apotheker sollen künftig bei der Erkennung und der Behandlung kardiovaskulärer Risiken eine größere Rolle spielen. (s / Foto: imago images / Jürgen Schwarz)

Englands Apotheker sollen künftig bei der Erkennung und der Behandlung kardiovaskulärer Risiken eine größere Rolle spielen. (s / Foto: imago images / Jürgen Schwarz)


Der National Health Service (NHS) England will dafür sorgen, dass Statine in Apotheken in Zukunft direkt an gefährdete Herz-Kreislauf-Patienten abgegeben werden, um Herzkrankheiten zu verringern. Dies sieht der Fünfjahres-Langzeitplan vor.

Der oberste Apotheker beim NHS England Keith Ridge und der neu ernannte Leiter Grundversorgung Nikki Kanani wollen untersuchen, wie cholesterinsenkende Medikamente in öffentlichen Apotheken am besten bereitgestellt werden könnten – ohne eine vorherige Arztkonsultation. Die Überprüfung steht im Zusammenhang damit, dass der NHS im Rahmen des neuen 13 Milliarden schweren Fünfjahresvertrags für die Offizinapotheker Herz-Checks außerhalb der Gesundheitseinrichtungen einführen will. Ab dem nächsten Monat soll mit der Entwicklung und Erprobung eines Früherkennungsdienstes begonnen werden, um Personen zu identifizieren, bei denen möglicherweise nicht diagnostizierte Risiken wie Bluthochdruck vorliegen, um diese weiteren Testungen und einer Behandlung zuzuführen. In den Jahren 2021 und 2022 soll der Service dann in allen Offizinapotheken ausgerollt werden. Insgesamt sollen hiermit bis zu 380.000 Menschen mit Herz-Kreislauf-Risiken erfasst werden.

Nutzen von Statinen lange nicht ausgeschöpft

Obwohl niedrig dosierte Statine in Großbritannien rezeptfrei verabreicht werden können, werden sie laut NHS von Pharmafirmen im Allgemeinen nicht zur Verfügung gestellt. Dabei könnten damit ohne ärztliche Verschreibung tausende Todesfälle und unzählige weitere Herzinfarkte und Schlaganfälle verhindert werden, so die Erwartung des nationalen Gesundheitsdienstes. Schätzungen zufolge nehmen bis zu zwei Drittel der am stärksten von Herzinfarkt und Schlaganfall bedrohten Menschen keine Statine ein, obwohl sie davon profitieren würden. Der NHS verweist hierzu auf neue Forschungsergebnisse der Universität Cambridge, über die auf der Konferenz der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in Paris berichtet worden sei. Sie sollen gezeigt haben, dass der Nutzen von Statinen möglicherweise noch höher ist als bisher angenommen.

NHS bezahlt die Apotheker für Gesundheitschecks

„Apotheker sind hochqualifizierte Gesundheitsexperten, die von Patienten sehr geschätzt werden“, wird NHS-Chef Simon Stevens zitiert. „Da der NHS die Apotheker dafür bezahlen wird, dass sie vor Ort Gesundheitschecks durchführen, ist es sinnvoll zu prüfen, ob es nicht auch ein breiteres Spektrum von Arzneimitteln gibt, auf das Patienten dort ebenfalls bequem zugreifen könnten.“ Der NHS werde nun mit der Arzneimittelaufsichtsbehörde MHRA (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) und der Industrie zusammenarbeiten, um herauszufinden, wie dies am besten umsetzt werden könnte. Die Ergebnisse der Überprüfung von NHS England und Improvement sollen den Herstellern und der MHRA vorgelegt werden, die dann das letzte Wort dazu haben wird.

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6.000 Schlaganfälle und Herzinfarkte weniger

Wenn nur 45 Prozent der Menschen mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (laut NICE höher als 10 Prozent) identifiziert und behandelt würden, könnten in den nächsten zehn Jahren 6.000 Schlaganfälle und Herzinfarkte vermieden werden, rechnet der NHS England vor. Die Behandlung solcher Erkrankungen koste den Gesundheitsdienst jedes Jahr mehr als 7 Milliarden Britische Pfund. Hinzu kämen Dominoeffekte aufgrund der lebenslangen Auswirkungen und Behinderungen im Wert von 16 Milliarden Pfund



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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