Kammerversammlung Nordrhein

Engelen: Dann lieber gar kein Gesetz!

Neuss - 12.06.2019, 16:30 Uhr

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen leitete zum letzten Mal die Delegiertenversammlung. (c / Foto: Müller/AK Nordrhein)

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen leitete zum letzten Mal die Delegiertenversammlung. (c / Foto: Müller/AK Nordrhein)


Lutz Engelen hat am heutigen Mittwoch zum letzten Mal die Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein geleitet. In seiner berufspolitischen Rede machte er deutlich, dass er große Bedenken bei dem derzeitigen (gesundheits-)politischen Kurs der Bundesregierung habe. Im Gegensatz zur ABDA würde er auch gänzlich auf das Apotheken-Stärkungsgesetz verzichten können, weil es die Apotheken in den Ruin treiben könnte.

Um seinen Unmut über die aktuelle Politik der Bundesregierung auszudrücken, zitierte Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen aus einem Buch von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). In seiner Zeit als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium veröffentlichte Spahn gemeinsam mit Jörg Debatin und Markus Münschenich das Buch „App vom Arzt“, in der es um neuartige, digitale Konzepte in der Gesundheitsversorgung geht. Engelen zitierte einige Passagen, in denen es am Rande um Apotheker geht. „Datenschutz ist etwas für Gesunde“, heißt es beispielsweise in dem Buch. An einer anderen Stelle geht es um den Vorschlag, auf Arzneimittel-Verordnungen einen Internet-Verweis aufzudrucken, unter dem die Patienten dann Hinweise zur Einnahme des Präparates erhalten. Engelens Fazit: „Ich bin überrascht und entsetzt.“

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Engelen kritisiert Politik ohne Weitblick

Grundsätzlich beschwerte sich der scheidende Kammerpräsident darüber, dass die Bundesregierung immer häufiger Politik „ohne Weitblick“ betreibe und nannte als weitere Beispiele den Atomausstieg und den Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Flüchtlingskrise „Wir schaffen das“. In beiden Fällen seien „quasi über Nacht“ weitreichende Entscheidungen getroffen worden, die aber wenig „ordnungspolitische Struktur“ hätten. Was die Gesundheitsversorgung betrifft, sieht der Kammerpräsident einen Trend zur „Industrialisierung und Ökonomisierung“. Er warf der Bundesregierung indirekt vor, nicht am Erhalt der Apothekenstruktur interessiert zu sein. Denn sonst hätte das Bundesgesundheitsministerium beispielsweise schon längst Argumente zum Erhalt der Rx-Preisbindung beibringen müssen, so wie es das OLG München eingefordert hatte, so Engelen.

Streichung der Preisbindung im AMG: Verfahren könnten „dahin“ sein

Was das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz betrifft, warnte Engelen davor, die Sichtweise des EuGH und der EU-Kommission zur Rx-Preisbindung zu übernehmen. Zur Erklärung: Zur geplanten Streichung des AMG-Satzes zur Rx-Preisbindung für EU-Versender steht im Entwurf begründend, dass die Bundesrepublik die Sichtweise des EuGH akzeptiere. Engelen verwies auf das laufende Verfahren seiner Kammer gegen DocMorris, bei dem es um mehrere Millionen Euro Schadenersatz geht. Auch ein weiteres Verfahren vor dem EuGH zur Verteidigung der Rx-Preisbindung könne dann „dahin“ sein.

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Resolution verabschiedet

Und so zeigte sich auch ein deutlicher Meinungsunterschied zwischen Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, und Engelen: Kiefer hatte zuvor mehrfach erklärt, dass die ABDA das Apotheken-Stärkungsgesetz weiterhin „positiv begleiten“ werde, gleichzeitig aber noch großen Nachbesserungsbedarf sehe. Engelen hingegen ist skeptischer. Er kritisierte es, dass mit dem Gesetz die Strukturfrage, also die Frage nach der Rx-Preisbindung, mit der Honorarfrage verknüpft wird. Und so kommt er zu dem Schluss: „Wenn es bei diesem Stand bleibt, würde ich sagen: Dann lieber kein Gesetz als ein falsches Gesetz. Denn am Ende werden wir einen Scherbenhaufen haben, und die Politik wird erklären, dass wir das auch so wollten. Diese Verantwortung will ich aber nicht mittragen.“

Engelens Skepsis zeigte sich auch in einer Resolution, die die Delegierten einstimmig durchwinkten. In der Resolution fordert die Kammer die Bundesregierung auf, sich „unverzüglich“ für den Erhalt der Gleichpreisigkeit einzusetzen. Der derzeitige Entwurf der geplanten Apothekenreform führe aber zum Gegenteil. Und weiter: „Zusätzlich steht eine ausdrückliche Anerkennung der Rechtsauffassung der Kommission der Aufforderung des BGH an die Bundesregierung entgegen, das Urteil durch Wiedervorlage vor dem EuGH korrigieren zu lassen.“ In letzter Konsequenz sei nur das Rx-Versandverbot dazu geeignet, die Gleichpreisigkeit zu erhalten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Kiefers potemkinsche Apotheken ...

von Christian Timme am 13.06.2019 um 1:44 Uhr

... Spahns digitalisierte Euro-Pillen ... Beckers Musterländle ... Schmidts Kochkünste ... traumatisierte Gesundheitspolitiker ... Spielverderber Engelen ... fehlt noch was um das HB-Männchen zu reaktivieren?

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kurz vor der Rente...

von landapotheker am 12.06.2019 um 16:46 Uhr

...wie Kollege Engelen bin ich noch nicht.
Mich erstaunt es schon das kein Gesetz besser sein soll .
Wird ohne das Gesetz der betreffene Paragraph Bestand haben ....nein.
Dann haben wir kein neues Gesetz und der Paragraph wird gestrichen ....kein Problem denn wir können uns ja entspannt zurücklehnen. Wir brauchen ja kein Gesetz.....kopfschüttel.
Dann kommt E-Rezept als Doc Morris Variante und wir haben in ca. 8-10 Jahren ein Urteil kurz bevor die klagende Kammer ihren letzten Inhaber als Mitglied verabschiedet.

Manche Kollegen tun so als wäre der IST - Zustand top .....verstehe ich im Leben nicht mehr.

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