USA

Valsartan: Sammelklagen gegen Apothekenketten und Hersteller starten

Berlin - 25.04.2019, 17:50 Uhr

In den USA haben kürzlich die ersten Schadensersatz-Prozesse in der Valsartan-Krise begonnen. (b/Foto: Imago)

In den USA haben kürzlich die ersten Schadensersatz-Prozesse in der Valsartan-Krise begonnen. (b/Foto: Imago)


Im US-Bundesstaat New Jersey hat vor einem Bundesgericht ein Schadensersatzprozess begonnen, der sich um Verunreinigungen des Blutdrucksenkers Valsartan dreht. Etwa 40 Klagen wurden zusammengefasst, in denen Vorwürfe gegen den chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical und seine US-Tochterfirmen erhoben werden. Auch gegen zwei Apothekenketten wird geklagt. Experten erwarten, dass sich in den kommenden Jahren tausende Patienten der Massenklage anschließen werden.

Die Valsartan-Krise hat im vergangenen Jahr weltweit für Verunsicherung gesorgt. Allein in Deutschland geht man davon aus, dass rund 900.000 Menschen die mit potenziell krebserregenden Nitrosaminen verunreinigten Arzneimittel eingenommen haben. Die betroffenen Pharmaunternehmen hatten ihren Wirkstoff unter anderem von der chinesischen Firma Zhejiang Huahai Pharmaceutical bezogen. Hierzulande kam es deswegen am 5. Juli 2018 zu den ersten Rückrufen. 

Am 13. Juli 2018 folgten auch in den USA die ersten Rückrufe durch die US-Arzneimittelbehörde FDA. Mehrere Hersteller, die in den USA valsartanhaltige Arzneimittel anbieten, waren betroffen. Auch jenseits des Atlantiks ging es zunächst „nur“ um das Nitrosamin NDMA, das von der US-Umweltschutzbehörde als potenziell kanzerogen eingestuft wird. Der Name Zhejiang Huahai Pharmaceutical dürfte der FDA bekannt gewesen sein: Denn die US-Behörde hatte, wie DAZ.online bereits berichtete, seit 2007 mehrfach Kontakt mit dem chinesischen Hersteller, weil es bei Untersuchungen immer wieder Auffälligkeiten gegeben hatte. Nach den ersten Rückrufen startete die FDA zudem eine weitreichende Untersuchung, bei der Experten bis heute versuchen, die Ursachen für die Verunreinigungen zu identifizieren.

USA: Schadensersatzklagen oft als Sammelklagen

Wie in Deutschland gibt es natürlich auch in den USA viele verunsicherte Patienten, die sich fragen: Zu welchen gesundheitlichen Auswirkungen hat die Einnahme der kontaminierten Tabletten in meinem Körper geführt? Immer wieder kommt es in solchen Fällen, bei denen es um die öffentliche Gesundheit geht, zu Schadensersatzklagen. Bestes Beispiel sind die derzeit laufenden Klagen gegen den Auto-Konzern VW in der Diesel-Krise oder die tausenden von Klagen gegen den Pharmakonzern Bayer wegen des Monsanto-Produkts Glyphosat.

Wegen des Blutdrucksenkers Valsartan gibt es nun auch eine solche Sammelklage. In den vergangenen Monaten haben mehrere Patienten und ihre Anwälte aus mehreren US-Bundesstaaten Klagen eingereicht. Diese wurden kürzlich zusammengefasst und einem US-Bundesgericht in Camden, New Jersey, weitergeleitet. Am 27. März fand dort die Eröffnung des Prozesses statt. Dem juristischen Fachmagazin „National Law Review“ zufolge geht es derzeit um rund 40 Fälle, in denen Patienten gegen Zhejiang Huahai Pharmaceutical, die US-Tochterfirmen des chinesischen Konzerns und gegen die beiden US-Apothekenketten Walgreens und Throggs Neck Pharmacy klagen.

Mehrere Vorwürfe gegen Hersteller

Dem Fachbericht zufolge wird derzeit auch noch darüber verhandelt, ob die später bekannt gewordenen Verunreinigungen in Irbesartan und Losartan dem Prozess angeschlossen werden könnten, dies sei noch unsicher. In der ersten Sitzung hat der zuständige Richter bislang allerdings nur das Verfahren präzisiert: Künftig soll es alle zwei Wochen eine Telefonkonferenz aller Beteiligten geben sowie einmal im Monat eine Verhandlung im Gerichtsgebäude in Camden.

Der Hauptvorwurf gegen die Hersteller lautet, dass die Unternehmen spätestens nach 2012 wussten, dass eine Verunreinigung vorliegt, aber nichts dagegen unternahmen. (Einen solchen Antrag eines Klägers können Sie hier lesen.) Teilweise beziehen sich die Kläger auch auf Befunde der europäischen Arzneimittelagentur EMA. Beispielsweise wird darauf hingewiesen, dass Zhejiang Huahai nicht den für die EU gültigen Herstellungsvorschriften gefolgt ist. In Fachmagazinen sprechen beteiligte Anwälte bereits von tausenden oder „sehr, sehr großen“ Klagewellen, da das Ausmaß der Verunreinigungen noch gar nicht bekannt sei. Dem „New Jersey Law Journal“ zufolge geht es in den Klagen zumeist um die Vorwürfe Garantieverletzung, Betrug, Vergehen gegen die Verbraucherschutzgesetze sowie mögliche Verstöße gegen das Produkthaftungsgesetz.

Auch in Deutschland wird geklagt

Auch in Deutschland gibt es bereits Zivilklagen in der Valsartan-Krise. Im Februar 2018 hatte der Freiburger Rechtsanwalt Heiko Melcher die erste Patientenklage gegen Pharmaunternehmen wegen mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigtem Valsartan eingereicht. Seine Mandantin ist eine 80-jährige Frau, die an Nierenkrebs erkrankt ist. Mit der Klage macht Melcher für seine Mandantin gegenüber drei Pharmaunternehmen – 1 A Pharma, Mylan und Hexal – Auskunfts-­, Schmerzensgeld­- und Feststellungsansprüche geltend. Die rühren dem Anwalt zufolge zum einen aus der Gefährdungshaftung nach § 84 AMG, aber auch daraus, dass die Unternehmen notwendige Kontrollen im Herstellungsland unterlassen hätten.

DAZ.online hatte zuvor ein Interview mit dem Anwalt über mögliche Schadensersatzansprüche geführt, das Sie hier nachlesen können.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Valsartan

von Reinhold Mentz am 05.12.2019 um 10:39 Uhr

Seit ich hohen Blutdruck habe, (5 Jahre) , musste ich das Medikament Valsartan einnehmen, weil die Krankenkasse Barmer für sich lukrative Verträge mit dem Hersteller abgeschlossen hat. Nun hat sich herausgestellt, das Medikament ist verunreinigt und ist krebseregend. Ich habe Dickdarmkrebs bekommen und musste operiert werden. Ich habe mich gesund ernährt, nicht geraucht und kein Alkohol zu mir genommen. Wenn die Möglichkeit besteht bei einer Sammelklage
mitzuwirken, möchte ich das tun.

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Verunreinigung in valsartanhaltige, Präparate

von Hende am 28.05.2019 um 21:23 Uhr

Gibt es in Deutschland die möglichkeit an einer Sammelklag
sich anzuschließen

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