EU-Austritt

Sorge vor Brexit-bedingten Lieferengpässen nimmt zu

München - 15.03.2019, 17:00 Uhr

Der Brexit steht an, ob nun geordnet oder ungeordnet. Arzneimittel-Lieferengpässe werden immer wahrscheinlicher. ( r / Foto: Imago)

Der Brexit steht an, ob nun geordnet oder ungeordnet. Arzneimittel-Lieferengpässe werden immer wahrscheinlicher. ( r / Foto: Imago)


Engländer machen Hamsterkäufe in Apotheken

Auch die deutsche Pharmaindustrie ist alarmiert. So berichtet die Deutschlandchefin von Boehringer Ingelheim, Sabine Nikolaus, dass das Unternehmen bereits 2017 mit den Vorbereitungen auf den Brexit begonnen habe. Nachdem zusätzliche Lagerkapazitäten angemietet worden seien, werde momentan der Warenbestand aufgestockt. Auch Bayer erweitert demnach die Lagerkapazitäten, stellt aber klar, dass „eine Aufstockung der Bestände bei Medikamenten mit sehr kurzer Haltbarkeit, speziell in der Kategorie Radiopharmazeutika, nicht möglich“ sei. Der Plusminus-Bericht nennt zudem eine deutsche Apothekerin, die Versorgungsprobleme fürchtet.

Währenddessen zieht das Thema in den Medien immer weitere Kreise. So berichtete die Berliner Zeitung kürzlich davon, dass in Großbritannien chronisch Kranke um ihre Versorgung fürchten. Plusminus verweist wiederum auf den Londoner Apotheker Naresh Maini, der täglich Hamsterkäufe erlebe. Aus Panik horteten die Kunden inzwischen fast wahllos Medikamente. Der Apotheker habe nun ein Merkblatt für seine Kunden zusammengestellt, mit dem er weitere Panikkäufe vermeiden wolle. „Es wird wahrscheinlich zu weiteren Lieferengpässe kommen“, teilt Maini darin mit, „aber wenn die Leute panisch sind und anfangen Arzneimittel zu horten, wird es noch mehr Lieferengpässe geben.“

Brexit-Gegner, die vor dem britischen Parlament demonstrieren, berichten ihrerseits von Schwierigkeiten, bestimmte Medikamente zu bekommen. Mittlerweile müssten die Kunden verschiedene Apotheken anrufen, um eine zu finden, die die Arzneimittel im Sortiment haben.

Pharmaunternehmen stocken auf

Die britische Zeitung The Guardian schrieb kürzlich, dass die Pharmaindustrie im Vereinigten Königreich angesichts des Brexits dabei sei, sich auf die neue Situation einzustellen. So hätten AstraZeneca und andere Unternehmen ihre Investitionen in die Produktion eingefroren. Ein ranghoher Manager des japanischen Pharmakonzerns Eisai teilte demnach mit, keine neuen Investitionen auf der Insel zu tätigen, solange nicht politische Klarheit herrsche. Pharmahersteller wie Novartis und Pfizer hätten zudem angekündigt, im Jahr 2020 Produktionsstätten in Großbritannien zu schließen.

Laut The Guardian beschäftigt Großbritanniens Life-Science-Sektor, zu dem auch Forschungseinrichtungen und regulatorische Behörden zählen, etwa 140.000 Menschen und habe nach Zahlen von 2015 einen Wert von mehr als 30 Milliarden Pfund erwirtschaftet. Zwei Drittel aller Medikamente würden aus der EU importiert, wobei 90 Prozent über die Häfen von Dover und Folkestone ins Land kämen.

Der BAH beschreibt in einer Broschüre zum Thema Brexit die Folgen des EU-Austritt für die deutsche Arzneimittelindustrie.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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