Wegen drohender Grenzkontrollen

No-Deal-Brexit: Merck stockt lokale Arzneimittellager auf

Berlin - 16.09.2019, 09:00 Uhr

Merck-Chef Stefan Oschmann erklärt gegenüber der dpa, dass sich sein Pharmakonzern bereits mit größerer Lagerbildung auf einen No-Deal-Brexit vorbereite. (b / Foto: imago images / argum)

Merck-Chef Stefan Oschmann erklärt gegenüber der dpa, dass sich sein Pharmakonzern bereits mit größerer Lagerbildung auf einen No-Deal-Brexit vorbereite. (b / Foto: imago images / argum)


Der Chemie- und Pharmakonzern Merck rüstet sich für einen ungeordneten EU-Austritt Großbritanniens. „Wir haben unsere lokalen Arzneilager für den Fall eines ungeordneten Brexits aufgestockt“, sagte Merck-Chef Stefan Oschmann der Deutschen Presse-Agentur in Darmstadt. Im Tagesgeschäft zeigte er sich derweil trotz Handelskonflikten zuversichtlich. Er setzt auf neuen Schwung bei Merck auch durch Übernahmen in den USA.

Pro Monat würden 45 Millionen Packungen Medikamente aus Großbritannien in die EU gebracht, 35 Millionen gingen umgekehrt auf die Insel, erklärte Oschmann, der in den vergangenen beiden Jahren dem europäischen Pharmaverband EFPIA vorstand. „Es wäre nicht auszudenken, wenn es zu langwierigen Grenzkontrollen käme und Patienten wichtige Medikamente fehlten.“

In der vergangenen Woche hat die britische Regierung ein Dokument veröffentlicht mit möglichen Folgen eines No-Deal-Brexits. Demnach könnte es einschneidende Veränderungen in der Arzneimittelversorgung geben: Die Briten rechnen aufgrund der neuen Zollkontrollen mit LKW-Staus auf französischer und englischer Seite des Ärmelkanals, die bis zu 2,5 Tage lang dauern könnten. Insbesondere für kühlbedürftige Arzneimittel würde der Transport somit fast unmöglich werden. Hinzu kommt eine Seuchengefahr, falls Tierarzneimittel nicht rechtzeitig eingeliefert werden, um Krankheitsausbrüchen bei Tieren vorzubeugen. Das Vereinigte Königreich ist einer der größten Abnehmer deutscher Arzneimittel. Der Pharmahandel mit der EU ist 2018 laut dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) bereits eingebrochen.

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Das Schreckensszenario eines ungeordneten Brexits ist aus Oschmanns Sicht wahrscheinlicher geworden. „Die Stimmen in Großbritannien, die nach einem Brexit um jeden Preis rufen, nehmen zu. Selbst wenn das dem Land schaden würde“, sagte Oschmann wenige Wochen vor dem geplanten Austrittsdatum am 31. Oktober. Merck bereite sich aber schon seit drei Jahren auf den Brexit vor.

In Großbritannien kam es zuletzt zu einem Machtkampf zwischen Regierung und dem Parlament. Dort hat Premierminister Boris Johnson die Parlamentarier in die Zwangspause geschickt. Die Opposition aber hat Johnson mit einem neuen Gesetz gezwungen, eine Brexit-Verschiebung zu beantragen, falls es zum Austrittsdatum kein Abkommen mit der EU gibt. Das wiederum lehnt Johnson strikt ab.

Auch bei der europäischen Arzneikontrolle und -zulassung, die bisher in Großbritannien verankert war, sorgt der Brexit für Turbulenzen. „Die Briten werden bestehende Arzneimittelzulassungen für die EU nicht in Frage stellen“, glaubt Oschmann. Wie es bei künftigen Bewilligungen aussehe, hänge aber von der Art des Brexit ab.



bro / dpa
brohrer@daz.online


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