Auch in der Apotheke hilfreich

Was bietet die „Patientenleitlinie Adipositas“?

Stuttgart - 11.02.2019, 15:50 Uhr

Abnehmen, aber wissenschaftlich fundiert: Die neue „Patientenleitlinie zur
Diagnose und Behandlung der Adipositas“ soll helfen. (c / Foto: Thomas / stock.adobe.com)

Abnehmen, aber wissenschaftlich fundiert: Die neue „Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas“ soll helfen. (c / Foto: Thomas / stock.adobe.com)


Seit dem heutigen Montag steht eine „Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas“ zur Verfügung. Auch in der Apotheke kann man das Papier Patienten, die nach Möglichkeiten zur Gewichtsreduktion fragen, ans Herz legen. Sie finden dort unter anderem Allgemeines zur Adipositas, Informationen zu Formulaldiäten und medikamentösen Maßnahmen sowie eine Checkliste, um die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit von Gesundheitsapps einzuschätzen.

Patienten, die an Adipositas leiden und ihr Gewicht reduzieren möchten, sehen sich mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert, zum Beispiel im Internet, in der Presse und in der Werbung. Für Laien ist kaum abzuschätzen, welche Informationen seriös und wissenschaftlich fundiert sind und welche nicht. Hier soll die „Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas“ nun Abhilfe schaffen. Denn sie ist eine laienverständliche „Übersetzung“ der Empfehlungen der wissenschaftlichen Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“. Außerdem soll sie Ärzte mithilfe wissenschaftlich begründeter Empfehlungen durch die Behandlung von Menschen mit Adipositas leiten. Und auch in der Apotheke kann sie hilfreich sein und ratsuchenden Patienten ans Herz gelegt werden. Die Leitlinie wurde gemeinsam von der SRH Hochschule für Gesundheit, Campus Gera und der Deutschen Adipositas-Gesellschaft veröffentlicht.

Mehr zum Thema

Wie erkennt man seriöse Informationen?

Die Leitlinie informiert über Ursachen und mögliche Folgeerkrankungen der Adipositas und legt dann Möglichkeiten dar, sich helfen zu lassen. Der wichtigste Ansprechpartner sei die Hausärztin/ der Hausarzt, heißt es. Weiter finden Betroffene Qualitätskriterien für ambulante Therapieprogramme und woran sie bei Broschüren und Informationen im Internet erkennen können, ob diese seriös sind und bei welchen Aussagen sie vorsichtig sein sollen. So sollen sie zum Beispiel darauf achten, wer der Herausgeber der Information oder Betreiber der Internetseite ist und wer sie finanziert.

Weiter geht es dann mit der Diagnostik und schließlich der Behandlung. Hier werden Fragen geklärt, wie, in welchen Fällen eine Adipositas beziehungsweise Übergewicht behandlungsbedürftig sind sowie die Vor- und Nachteile einer Gewichtsreduktion. Empfohlen wird schließlich eine Kombination aus Ernährungsumstellung, vermehrter Bewegung und Verhaltenstherapie.

Formuladiäten – ja oder nein?

Hinsichtlich der Ernährungstherapie sollen Ernährungsformen empfohlen werden, die über einen ausreichenden Zeitraum zu einer verminderten Energieaufnahme führen und keine gesundheitlichen Schäden verursachen. Empfohlen wird eine Reduktion der Energieaufnahme um 500 kcal pro Tag – in Einzelfällen sogar noch weniger. Eine Möglichkeit, das umzusetzen, ist demnach, neben Verminderung der Fett- oder Kohlenhydratzufuhr beziehungsweise der Verminderung des Verzehrs von Fett und Zucker, der Ersatz einzelner Mahlzeiten durch sogenannte Formulaprodukte. Zu letzterem heißt es: „Abhängig von der individuellen Situation des Patienten/ der Patientin kann es für eine bestimmte Zeit der alleinige Einsatz von Formulaprodukten mit einer Energiezufuhr von 800 bis 1.200 kcal pro Tag als Ersatz für die Mahlzeiten infrage kommen. Dabei soll die „Einbindung eines Arztes gewährleistet sein.“ Auch Programme zur Gewichtsreduktion wie Weight Watchers werden vorgestellt. Außerdem findet sich eine vom Aktionsbündnis Patientensicherheit erstellte Checkliste zur Überprüfung von Gesundheitsapps.

Mehr zum Thema

Eine Übersicht über aktuelle Diättrends

Das Programm muss zum Mensch passen

Medikamentöse Therapie nie Mittel der ersten Wahl

Zum Thema „Medikamentöse Therapie“ schreibt die Leitlinie: „Medikamente zum Abnehmen sind nie das Mittel der ersten Wahl. Sie kommen erst zum Einsatz, wenn mit der Änderung des Lebensstils keine Gewichtsreduktion erreicht werden kann.“ Empfohlen wird lediglich Orlistat. Bei manchen Patienten mit Diabetes Typ 2 und einem BMI ab 30 kg/m2 werden GLP-1-Analoga als Option erachtet. Abgeraten wird von Amphetaminen, Diuretika, HCG, Testosteron, Thyroxin und Wachstumshormonen sowie von Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln mit fehlendem Wirksamkeitsnachweis.

Weitere Kapitel widmen sich den chirurgischen Optionen sowie der langfristigen Gewichtsstabilisierung und der Kostenübernahme. Zum Schluss gibt es dann noch Tipps für den Alltag und Adressen mit weiterführenden Informationen.

Die Leitlinie kann auf der Seite der Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) heruntergeladen werden. „Sie trägt dazu bei, dass sich Patienten mit Ärzten auf Augenhöhe begegnen können“, bestätigt auch Steffy Wirtz, Patientenbeauftragte der DAG. Dies sei so wichtig, weil Adipositas eine Erkrankung mit vielen Facetten sei und Betroffene vor einer Maßnahme einschätzen können müssten, was auf sie zukomme und ob sie dazu bereit seien, so die Patientenvertreterin der Adipositas-Hilfe Deutschland.



Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Wissen am HV: Abnehmen

Dem Speck an den Kragen

Mit welchen Strategien sich das Körpergewicht dauerhaft reduzieren lässt

Abnehmen, aber wie?

Neue Adipositas-Leitlinie nimmt Gesundheitsberufe in die Pflicht

Gemeinsam gegen Übergewicht

Die Adipositastherapie kann kaum richten, was die Prävention in Deutschland versäumt hat

Wenn Kinder zu dick werden

Adipositas neu betrachtet: Fettleibigkeit ist eine Krankheit, kein Lebensstil-Problem

Mit Arzneimitteln abnehmen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.