Arzneimittel und Therapie

Adipositas: Behandlungsstrategien

Die Adipositas gilt heute in den wirtschaftlich entwickelten Ländern als eines der wichtigsten Gesundheitsprobleme. Dies liegt vor allem daran, daß adipöse Menschen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Schlaganfälle, Diabetes mellitus und bestimmte Krebsarten entwickeln.

Zur Gewichtsreduktion gibt es eine Vielzahl von Diätprogrammen. Viele Programme enthalten auch Bewegungsübungen, da die Kombination von Gewichtsreduktion und körperlicher Aktivität den Erfolg verbessert. Um abzunehmen, sollten Übergewichtige den Anteil vor allem von Fett in der Nahrung verringern und mehr Obst und Gemüse zu sich nehmen. Alkoholkonsum gilt ebenso wie kleine ≥Snacks" als gefährlich. Mahlzeiten sollten zu festen Zeiten eingenommen werden. Mit einer Restriktion der Kalorienzufuhr auf 1000 bis 1500 Kalorien pro Tag sollte eine langsame, aber stetige Reduktion des Körpergewichts um 0,5 bis 1 kg in der Woche angestrebt werden. Das größere Probleme ist jedoch, das reduzierte Gewicht zu halten, nicht es abzusenken. Etwa 75 Prozent der Personen, die ausschließlich eine Diät befolgten, hatten ein Jahr nach deren Ende ihr ursprüngliches Gewicht wieder erreicht.

Medikamentöse Therapieansätze

Viele Ärzte stehen einer medikamentösen Behandlung der Adipositas skeptisch gegenüber. Ein Grund dafür ist, daß sie die Adipositas als selbstverschuldetes Problem ansehen. Zum anderen liegt dies an der ≥schlechten Presse", die die als Appetitzügler eingesetzten Amphetamine in den sechziger Jahren bekamen. Erst seit kurzem verändert sich das Spektrum, da nunmehr neue Klassen von Medikamenten zur Gewichtsabnahme zur Verfügung stehen. Die Wirkung von Medikamenten zur Reduktion des Körpergewichts basiert auf verschiedenen Mechanismen:
• Reduktion der Nahrungsaufnahme: Substanzen, die den Appetit des Patienten vermindern, beeinflussen die Aktivität von Neutrotransmittersystemen im Gehirn. Man unterscheidet zwei Klassen. Die Amphetamine und Phenylpropanolamin greifen am noradrenergen System an. Fenfluramin, Dexfenfluramin und die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) vermindern das Hungerempfinden durch serotonerge Effekte.
• Verringerung der Fettresorption: Die Fettresorption kann verringert werden durch Substanzen, die die Wirkung von Verdauungsenzymen blockieren oder die Fettresorption aus dem Gastrointestinaltrakt. Damit verringert sich die dem Körper zugeführte Energiemenge. Orlistat (Xenical®) ist der erste Vertreter der Gruppe der Fettblocker. Die Substanz hemmt gastrische und pankreatische Lipasen lokal im Gastrointestinaltrakt. Etwa 30 Prozent der zugeführten Fette werden auf diese Weise nicht verwertet, sondern unverdaut ausgeschieden (s. DAZ 10/97, S. 38ff.).
• Gesteigerte Fettverbrennung: Energie kann man durch körperliche Betätigung verbrennen oder indem man den Grundumsatz durch Einfluß auf das sympathische Nervensystem anhebt. Eine Substanz, die den Grundumsatz und die Thermogenese steigert, ist z.B. der Betaagonist BRL 26830A, der sich zur Zeit in klinischer Entwicklung befindet.

Adipositas erfordert Langzeit-Management

Auf nationaler Ebene werden zur Zeit in den USA und in Europa Behandlungsrichtlinien für die Adipositas erstellt. Die WHO hat dazu eine internationale ≥Task Force" (IOTF) eingerichtet. Sie zielt darauf ab, die Adipositas als Krankheit im Bewußtsein zu etablieren und auf die Regierungen Druck auszuüben, damit das Management der Adipositas Bestandteil der Primärversorgung der Bevölkerung wird. Die Therapie der Adipositas muß immer eine Langzeittherapie sein. Durch Kombination von dauerhafter Ernährungsumstellung, körperlicher Aktivität und Medikamenten kann nicht nur das Gewicht wirksam reduziert werden, sondern das Erreichte auch langfristig erhalten werden. Der kurzfristige Einsatz von Appetitzüglern erscheint nicht gerechtfertigt. Andererseits sind Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten zur Gewichtsabnahme bisher kaum in Studien mit längeren Laufzeiten als einem Jahr geprüft worden. Aus diesem Grund werden Medikamente noch nicht als Standardtherapie der Adipositas empfohlen, obwohl sie bei selektierten Patienten auch als Dauertherapie hilfreich sein könnten. Bei ganz schweren Formen der Adipositas, bei denen alle konservativen Therapiemaßnahmen versagt haben, können als letzte Option chirurgische Verfahren eingesetzt werden. Sie haben sich zwar als sehr erfolgreich in der Gewichtsreduktion erwiesen, sind jedoch mit einem hohen Komplikationsrisiko behaft

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