DAZ.online-Miniserie „Jüdische Apotheker“ (2)

Von der Reichspogromnacht bis zum Berufsverbot

Berlin - 13.08.2018, 09:10 Uhr

Im Bayerischen Viertel in Berlin erinnert ein Straßenschild an das Anfang 1939 ausgesprochene Berufsverbot gegen jüdische Pharmazeuten. (r / Foto: Imago)

Im Bayerischen Viertel in Berlin erinnert ein Straßenschild an das Anfang 1939 ausgesprochene Berufsverbot gegen jüdische Pharmazeuten. (r / Foto: Imago)


Standespresse berichtete antisemtisch

Noch im April 1933 kam es zu Bildung der Standesgemeinschaft Deutscher Apotheker (St.d.A.) als Nachfolgeorganisation des Deutschen Apotheker-Vereins und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Apotheker. Die antisemitische Haltung verschärfte sich in den folgenden Monaten und führte zu einer Satzungsänderung der Standesgemeinschaft Deutscher Apotheker, infolgedessen jüdische Apotheker ohne Ausnahme von der Mitgliedschaft ausgeschlossen wurden: „Sämtliche nichtarischen Standesgenossen sind unverzüglich der Standesleitung zu melden. Dieselben werden mit sofortiger Wirkung aus der Standesgemeinschaft ausgeschlossen.“ Gleichzeitig könnten nur diejenigen Mitglied sein, die sich „im Besitz der Ehrenrechte“ befänden und im „Sinne des Beamtengesetzes deutsche Volksgenossen“ seien.

„Gleichschaltung der Presse“

Die Änderungen der politischen Situation machten auch vor der Fach- und Standespresse nicht halt. Im Rahmen der reichsweit durchgeführten sogenannten „Gleichschaltung der Presse“ wurden zum Beispiel auch Redakteure der Pharmazeutischen Zeitung mit jüdischem Glauben aus der Redaktion gedrängt und eine „Arisierung“ durchgeführt. Ausnahme war zunächst lediglich der Redakteur Georg Urdang. Da er noch für eine angefangene pharmaziehistorische Veröffentlichung gebraucht wurde, konnte er mittels einer Sondergenehmigung und unter Pseudonym noch bis 1935 weiterarbeiten. Dann musste auch er gehen. 

Doch weder die Pharmazeutische Zeitung noch die Süddeutsche Apotheker-Zeitung zeigten – zumindest zunächst – im gleichen Maße antisemitische Haltungen, wie es die Apotheker-Zeitung tat. In der Apotheker-Zeitung waren positive Berichte über jüdische Apotheker schon sehr bald undenkbar. Im Juli 1933 zitierte das Standesorgan der deutschen Apothekerschaft als Auftakt einer Berichterstattung über die sogenannte Entjudung der deutschen Apotheke zum Beispiel den Völkischen Beobachter, das Sprachrohr der NSDAP. Doch dabei sollte es nicht bleiben. So wurde die Notwendigkeit eines Ariernachweises für Konzessionsbewerber gerechtfertigt, da „unbedingt ein weiteres Vordringen des jüdischen und jüdisch-versippten Elementes verhindert werden mußte“.

Antisemitische Sprachcodes bewusst eingesetzt

Die Apotheker-Zeitung versuchte zudem in zahlreichen Reportagen, jüdische Apotheker als „Kriminelle“ zu diskreditieren. Es wurde von „der Jude“ gesprochen und ihnen unterstellt, dass sie sich als „übler Schmarotzer am deutschen Volkskörper erwiesen“ haben. Die in der Zeitung benutzte Sprache war eine antisemitische Hetzsprache, die mit Begriffen wie „jüdischer Schädling“ oder „unersättliche Raffgier“ bewusst jonglierte, um Ressentiments zu schüren und das Vorgehen des Staates gegen die jüdische Bevölkerung zu rechtfertigen. 



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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