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Alle fürchten Amazon

München - 06.06.2018, 17:35 Uhr

Wie könnte Amazon seine Marktmacht im deutschen Apothekenmarkt ausbreiten? (Foto: Imago)

Wie könnte Amazon seine Marktmacht im deutschen Apothekenmarkt ausbreiten? (Foto: Imago)


Amazon als Großhändler?

Auch die Analysten des New Yorker Finanz-Dienstleisters Cowen haben im vergangenen Jahr Überlegungen angestellt, wie sich Amazon auf dem Gebiet der Gesundheit breit machen könnte. Danach könnte sich der Konzern insbesondere seines Prime- und Prime-Now-Dienstes wie auch der Bio-Lebensmittelkette Whole Foods und der existierenden Kundenbeziehungen bedienen. Nach Zahlen von Cowen würden von den rund 55 Millionen US-Prime-Kunden immerhin 67 Prozent bei Amazon auch verschreibungspflichtige Arzneimittel bestellen.

Angesichts dieser Annahmen und Zahlen versuchten die Analysten, das künftige potenzielle Gewicht von Amazon im Pharmamarkt zu ermitteln. Demnach könnte der Konzern im Jahr 2019 einen Marktanteil von einem Prozent bei einem Umsatz von drei Milliarden Dollar erreichen. Bis zum Jahr 2023 könnte der Marktanteil auf vier Prozent steigen, der Umsatz dürfte nach dieser Kalkulation bei immerhin zehn Milliarden Dollar liegen – Akquisitionen nicht berücksichtigt.

Erwerb von Großhandels-Lizenzen

Dass der Gesundheitsbereich in den Köpfen der Amazon-Manager eine wichtige Rolle spielt, zeigt auch die Tatsache, dass der Konzern im vergangenen Jahr in mehreren US-Bundesstaaten das Recht erworben hat, als Großhändler in der Arzneimittelbelieferung aktiv werden zu dürfen. Branchenexperten halten es für möglich, dass dies die Grundlage für Amazons Einstieg in eine großflächige Belieferung mit Arzneimitteln sein könnte.

Auch bei den Lieferarten müssen sich die Marktteilnehmer mit Blick auf Amazon auf Neues und Unerwartetes einstellen. Ende 2013 hatte der Konzern medienwirksam angekündigt, online bestellte Waren künftig auch per Lastendrohne ausliefern zu wollen. Mittlerweile ist das Unternehmen auf der technischen Ebene weit vorangekommen, eine breite Einführung in dicht besiedelten Ländern Europas oder den USA steht aber offenbar noch nicht an. Nach Angaben eines Amazon-Sprechers gebe es vor allem auf regulatorischer Ebene noch viele offene Fragen.

Der Wettbewerb kann damit kurz aufatmen, sich aber keinesfalls entspannen. Der Marktforscher Leerink jedenfalls glaubt, dass es nicht die Frage sei, ob Amazon in das Geschäft mit der Gesundheit einsteigen werde, sondern wann.

Sempora-Studie: Amazon genießt bei Apothekenkunden eine hohe Akzeptanz

Eine aktuelle Konsumenten-Umfrage der Consulting-Firma Sempora zeigt, dass Amazon auch hierzulande offenbar großes Wachstumspotenzial im Apothekenmarkt hätte. Demnach haben fast ein Drittel der Befragten bereits nach Medikamnten bei Amazon gesucht. 18 Prozent haben sogar schon OTC-Arzneimittel dort bestellt. 45 Prozent der Befragten gaben an, die OTC-Eigenmarkte von Amazon zu kaufen, die es derzeit allerdings nur in den USA gibt. Und auch diese Zahlen sind eindrucksvoll: Sempora hat auch bei Herstellern und Apothekern danach gefragt, ob der Handelsgigant hierzulande in den Markt einsteigen wird. 83 Prozent der befragten Hersteller und knapp die Hälfte der Apotheker glauben, dass dies geschehen wird.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Amazon

von Alexander Zeitler am 07.06.2018 um 4:17 Uhr

Kann das denn sein?
Alle vermuten in den deutschen Apotheken DIE GEWINNE.
Lang , lang ists her.
Die kleinen Apotheken halten sich gerade so über Wasser. und finden dann für ihre "ertragsstarken" Apotheken KEINEN Nachfolger.
Und Amazon muss seine Lieferungen ggf. zurücknehmen. Was machen die dann mit den Arzneimitteln?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Amazon

von Heiko Barz am 07.06.2018 um 11:59 Uhr

Glauben Sie, dass dieser Konzern sich nationalen Gesetzesvorgaben unterwirft? Man merkt doch wie weichgekloppt unsere Politische Ebene jetzt schon ist, wenn es um strickte Einhaltung der juristischen Grundlagen geht.
Wenn da nur einer mit dem Zauberwort "Digitalisierung " aufläuft, dann werden alle Türen geöffnet.
Natürlich wäre die Rückführung der Arzneimittel zum Versandhändler ein für diese Unternehmens-Sparte unrealistisches Szenario, da mit unkontrollierbaren und hohen Verlusten zu rechnen ist. Außerdem müßten in solchem Fall überstaatliche "Pharmazieräte" dort als Kontrolleure aufschlagen. ?.......?

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